Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
zugrunde geht.«
    »König Stephen ist es nicht gleich«, widersprach Simon hitzig.
    Leicester sah ihn an, und sympathische Krähenfüße zeigten sich um seine Augen, als er lächelte. »Das hat er Euch gesagt, ja? Seltsam. Mir noch nie.«
    Die Dämmerung war hereingebrochen, und das Wirtshaus leerte sich allmählich. Der fette Wirt, der völlig kopflos über den hohen Besuch in seinem Haus war, übertrug seine unterwürfige Gastfreundlichkeit auf Simon und seine Freunde und hatte ihnen ein Bett für die Nacht in Aussicht gestellt. Garantiert ohne Wanzen und nur für sie drei allein, wie er nicht ohne Stolz betonte.
    Godric und Wulfric waren hinausgegangen, um den armen Klepper auszuspannen und Grendel zu füttern.
    Leicester, der seit ihrer Ankunft drei Becher geleert hatte, aber nicht betrunkener zu werden schien, schaute ihnen kopfschüttelnd nach. »Welch ein Fluch.«
    Simon hob kurz die Schultern. »Sie tragen es mit viel Humor.«
    »Dann sind sie weiser als ich. Ich habe es immer gehasst, ein Zwilling zu sein. Mein Bruder Waleran ist vor mir zur Welt gekommen, und darum hatte er bei allen Dingen das Vorrecht. Ich war immer nur sein Schatten. Aber weil er mein Zwilling war, konnte ich mich nie aus seinem Schatten lösen. Na ja.« Er grinste eine Spur boshaft. »Zu seinem Erstgeburtsrecht gehörte der Anspruch auf unseren Grafentitel in der Normandie. Die hat sich indessen Geoffrey Plantagenet einverleibt, dieser Teufel. Er hat den armen Waleran davongejagt, der seit fünf Jahren unermüdlich um seine normannischen Besitzungen kämpft und mich hier in England mit seiner Anwesenheit verschont.«
    Geoffrey Plantagenet – Henrys Vater − war das allerletzte Thema, das Simon mit diesem Mann erörtern wollte. »Vielleicht ist es für Godric und Wulfric leichter, weil sie nichts besitzen, worum sie streiten oder einander beneiden können.«
    »Wer weiß.« Leicester nahm einen ordentlichen Zug. »Womöglich ist es so. Ihr umgebt Euch mit eigenartigen Freunden, de Clare. Nicht sehr standesgemäß.«
    »Es war ein eigenartiges Schicksal, das uns zusammengeführt hat«, erwiderte Simon. »Aber ich bin froh, dass ich ihnen begegnet bin. Es sind großartige Männer. Sie haben ihr Heim und ihr Land verloren, genau wie ich, und sie haben mich gelehrt, das mit Fassung zu tragen. Ich bin nicht sicher, dass mir das ohne ihr Beispiel gelungen wäre.«
    Leicester nickte. »Wieso habt Ihr Euer Land verloren?«
    »Weil zwei Halunken namens de Laigle es sich einfach genommen haben, während ich fort war.«
    Leicester seufzte. »Ich fürchte, in dem Fall kann ich Euch nicht helfen. Die de Laigles stehen im Dienst des Earl of Chester.«
    Simon schnaubte angewidert. »Dann wundert mich gar nichts mehr …«
    Leicester fuhr mit dem Zeigefinger über den Rand seines Bechers. »Ihr mögt Ranulf of Chester einen Schurken nennen. Aber er tut nur, was er tun muss, um sein Land und seine Macht in diesem verworrenen Krieg zu verteidigen. Ich tue das Gleiche. Er ist mein Nachbar. Wir haben viele gemeinsame Interessen, auch wenn er es bislang mit Kaiserin Maud hielt und ich mit Stephen. Aber er hat den Glauben an diesen Krieg genauso verloren wie ich; wir haben beide mehr Männer und Geld verschwendet, als wir verkraften können. Darum haben wir in aller Stille begonnen, über ein Friedensabkommen zu verhandeln, und das will ich nicht aufs Spiel setzen.«
    »Wenn Ihr einen geheimen Kuhhandel mit dem Earl of Chester eingehen wollt, solltet Ihr mir nicht davon erzählen, Mylord«, gab Simon frostig zurück. »Denn ich glaube noch an die Sache meines Königs und die Rechtmäßigkeit seines Thronanspruchs.«
    »Das ist Euch unbenommen. Vielleicht wird es Zeit, dass junge Männer wie Ihr seinen Krieg weiterführen, nicht alte Knochen wie ich, die keine Illusionen mehr haben. Ihr seid auf dem Weg zu ihm?«
    Simon nickte.
    »Um ihn um Hilfe zu bitten, Euer Land zurückzubekommen?« Es war nicht zu überhören, dass die Vorstellung Leicester amüsierte.
    Der Vorwand war so gut wie jeder andere, entschied Simon. »Und wieso nicht?«, konterte er angriffslustig. »Er ist der König. Er sollte zumindest wissen , was in seinem Reich vor sich geht.«
    »Oh, er weiß es.« Leicester leerte seinen Becher. »Seid versichert, de Clare, er weiß das genau. Und es gab einmal eine Zeit, da hat es ihm den Schlaf geraubt. Aber jetzt nicht mehr.«
    »Behauptet Ihr .«
    Der Earl nickte. »Geht nach Westminster, mein Junge, und seht selbst.«

Helmsby, April

Weitere Kostenlose Bücher