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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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niemals möglich wäre?«
    »Weil ich Himmel und Hölle bewegen würde, um es möglich zu machen, wenn du ›Ja‹ sagst.«
    Er wartete lange, mit geschlossenen Augen, die Stirn an die Tür gelehnt. »Miriam?«, wisperte er schließlich.
    Nichts.
    »Miriam?«
    Die Stille auf der anderen Seite hatte sich verändert. Es war eine leere Stille. Miriam war fort.
    Josua kam spät am nächsten Vormittag. »Ich bedaure, dass ich Euch habe warten lassen. Aber die Sorge um meine Patienten muss weitergehen. Und sie duldet selten Aufschub.« Er war aufgeräumter, beinah übermütiger Stimmung.
    Miriam hatte ihm also nichts von Alans unverschämtem Antrag gesagt. Immerhin. Wahrscheinlich hatte sie nur deswegen geschwiegen, weil sie selbst nicht gut vor ihrem Vater dagestanden hätte, wenn sie ihm gestehen musste, dass sie nachts vor der versperrten Tür gehockt und mit dem Ungläubigen gesprochen hatte. Aber so oder so, Alan war dankbar. Es erforderte mehr Mut, als er gedacht hätte, sich in die Hände eines Arztes zu begeben. Er war nicht sicher, ob er es fertiggebracht hätte, wenn der fragliche Arzt im Zorn zu ihm gekommen wäre.
    »Also?«, fragte er. »Was geschieht nun?«
    »Macht den Oberkörper frei und zieht die Schuhe aus.«
    Alan streifte Stiefel und Kleider ab. Letztere faltete er sorgsam und legte sie ans Fußende seines Strohbetts.
    Josua reichte ihm einen Becher. »Das müsst Ihr trinken.«
    »Will ich wissen, was es ist?«, erkundigte Alan sich.
    Josua lachte in sich hinein. »Eher nicht. Ich habe ausführlich über die Zusammenstellung nachgelesen, aber die Gelehrten sind sich leider nicht ganz einig. Darum müssen wir ausprobieren, welche Dosierung die richtige für Euch ist.«
    Alan trank einen Schluck und verzog das Gesicht. »Es ist Euer heidnisches Zeug. Haschīsch .«
    Josua nickte. »Und Mohn, ein paar Pilze und einiges mehr … Die Mischung hat es in sich. Der Sinn ist, Euch so, wie Ihr jetzt seid, ins Vergessen zu führen, und dort suchen wir nach dem Mann, der Ihr wart. Versteht Ihr?«
    »Nein. Aber ich bin zufrieden, solange Ihr versteht, wovon Ihr redet.«
    »Leert den Becher. Und dann muss ich Euch fesseln, fürchte ich. Denn es kann sein, dass Ihr gefährlicher werdet als Euer Reginald de Warenne.«
    Alan wurde mulmig. »Werde ich … in eine Art Rausch fallen?«
    »Oh ja. Aber macht Euch keine Sorgen. Ich weiß, der Gedanke, die Kontrolle zu verlieren, erschreckt Euch. Doch ich bin Euer Arzt. Was immer hier passiert, wird diese Wände niemals verlassen, und was immer Ihr sagt oder tut, wird mich nicht schockieren.«
    Es sei denn, ich erzähle dir von letzter Nacht, dachte Alan unbehaglich. Jetzt war es indes zu spät, um noch umkehren zu wollen. Der Becher war fast leer. Alan trank den letzten Schluck, setzte sich im Schneidersitz mit dem Rücken zum Stützpfeiler und verschränkte die Hände hinter dem massiven Balken.
    Josua umrundete ihn und band seine Handgelenke mit einem stabilen Lederriemen.
    »Ich rate zur Sorgfalt«, murmelte Alan.
    Josua legte ihm kurz die Hand auf die Schulter, kam wieder zum Vorschein und ging nach nebenan in seinen Behandlungsraum. Er kam mit Pergament, Feder und Tinte zurück.
    »Möglich, dass ich mir ein paar Notizen machen muss«, erklärte er.
    »Solange Ihr sie später verbrennt …«
    »Ihr habt mein Wort. Spürt Ihr irgendetwas?«
    »Nein.« Alan runzelte konzentriert die Stirn. »Meine Zähne fühlen sich merkwürdig an.«
    Josua nickte. Er schien nicht überrascht. Er ging noch einmal nach nebenan, holte eine Decke, obwohl Alans Bettstatt schon reichlich damit ausgestattet war, eine Schüssel mit Wasser, Tücher, Wein, zwei seiner geheimnisvollen irdenen Krüge mit Arzneien. Dann schloss er die Tür, faltete die Decke zu einem Kissen und setzte sich darauf Alan gegenüber.
    Dessen gebundene Hände hatten sichtlich zu zittern begonnen, und Schweiß bildete sich auf seiner nackten Brust.
    »Lasst mich wissen, wenn Euch unwohl wird«, bat Josua.
    »Es ist alles in Ordnung. Nur Schwindel.« Und er lallte, was ihm selbst dann nicht passierte, wenn er betrunken war. Aber das eigentümliche Gefühl im Mund hatte sich von den Zähnen auf die Zunge ausgeweitet, die ihm dick und schwer vorkam.
    Josua beugte sich vor, legte zwei Finger an seinen Hals und fühlte seinen Puls. Dann zog er ein Lid nach oben und betrachtete Iris und Pupille. Alan stellte fest, dass seine Augen Mühe hatten, den Bewegungen des Arztes zu folgen. Sein Blick war langsam und wurde an den

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