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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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die Pocken.« So wenig wie Alan of Helmsby über den Krieg, fuhr es ihm durch den Kopf. »Es ist dumm, vermessen sogar, sich für Dinge verantwortlich zu fühlen, die man nicht kontrollieren kann.«
    »Aber wenn ich meinem Vater gehorcht und mit Gerschom nach Konstantinopel gegangen wäre, würde er noch leben«, wandte sie ein.
    »Wer weiß. Du hast eben selbst gesagt, wie gefährlich das Reisen ist. Vielleicht war seine Zeit einfach abgelaufen. Und hätten ihn nicht in Norwich die Pocken geholt, dann wäre es auf der Reise passiert und du wärst jetzt eine der unglücklichen Witwen, die niemals Gewissheit erlangen, oder allein und verlassen irgendwo in der Fremde. Ich weiß nicht viel über das, was Juden glauben, aber wenn wir wirklich zu demselben Gott beten, dann musst du doch wissen, dass diese Dinge in seiner Hand liegen, nicht in unserer.«
    Sie hatte ihm aufmerksam gelauscht, die Stirn leicht gefurcht. »Das hat mein Vater auch gesagt. Aber es klang, als wolle er nur Ausflüchte für mich finden. Und wie dem auch sein mag, Gott straft mich für meine Halsstarrigkeit. Seit Gerschom gestorben ist, hat keine ehrbare jüdische Familie mehr bei meinem Vater um mich angefragt. Niemand will so ein störrisches Weibsbild wie mich zur Frau oder Schwiegertochter, auch wenn ich nur das Recht geltend gemacht habe, welches das Gesetz mir zusichert. Der einzige Mann, der mich noch heiraten will, ist ein Goj , der kein Gedächtnis, dafür aber eine Ehefrau hat.« Sie sagte es mit einem gewissen Maß an Bitterkeit, aber auch, stellte er erstaunt fest, mit einem Funken Humor. »Das wird mein Vater niemals, niemals zulassen, und darum werde ich bis ans Ende meiner Tage die gönnerhafte Herablassung meiner Schwägerin ertragen müssen.«
    »Mein Angebot steht dennoch«, erwiderte er. »Selbst nachdem du weggelaufen bist, ohne mir eine Antwort zu geben.«
    »Ein Vorgeschmack auf das, was dich erwarten würde.« Sie schlug beschämt die Augen nieder. »Ich musste nachdenken, Alan.«
    »Und?«
    Sie sah ihn wieder an und nickte. »Ja. Ich würde dich heiraten, wenn es nicht unmöglich wäre.«
    Er ließ einen zu lang angehaltenen Atem entweichen und schloss für einen Moment die Lider. Etwas Warmes, wunderbar Wohliges durchrieselte ihn. Sie wollte ihn. Nicht Alan of Helmsby, wie er einmal gewesen sein mochte, sondern ihn , so wie er war. Zum ersten Mal, seit die Sturmflut gekommen war und die Palisaden eingerissen hatte, die ihn gefangen hielten, war er dankbar für seine Freiheit. Und zuversichtlich. Dafür gab es weiß Gott keinen einzigen vernünftigen Grund, und dennoch war es so.
    Vorsichtig, fast schüchtern nahm er Miriams Hände, weil er sich nicht traute. Weil er fürchtete, die gewissenlose Gier, die er mit Mühe im Zaum hielt, könne ihn doch noch ins Straucheln bringen. Ihn verleiten, der Frau, mit der er sein Leben teilen wollte, die Ehre zu stehlen, ohne zu wissen, ob er ihr je eine Zukunft würde bieten können. Ihr womöglich einen Bastard zu machen, so wie Prinz William es mit seiner Mutter getan hatte. Ihren Vater, der so viel für ihn getan und ihm solche Güte erwiesen hatte, schändlich zu verraten. So tief zu sinken wie Henry Plantagenet, dieser verfluchte Hurensohn …
    Er küsste Miriam auf die Stirn, hüllte sich für einen Augenblick in ihre Wärme und ihren Duft, und dann ließ er sie los. »Morgen muss ich fort und tun, was dein Vater mir geraten hat.«
    »Glaubst du, es wird etwas nützen?«
    »Nein«, gestand er. »Aber er wird mich für einen Feigling halten, wenn ich es nicht tue, und das will ich nicht. Ich weiß nicht, wie lange es dauert, aber ich komme wieder, Miriam. Also warte auf mich.«
    »Oh, sei unbesorgt«, gab sie trocken zurück. »Wie ich schon sagte, niemand steht Schlange, um mich zu heiraten.«
    »Niemand außer mir.«
    »Aber du bist verheiratet.«
    »Ja, das war eine böse Überraschung«, räumte er ein.
    »Manche Edelleute in England halten sich Zweitfrauen, behauptet Esther«, sagte Miriam. Es klang unsicher, als wisse sie nicht, was sie davon halten oder ob sie es auch nur glauben sollte.
    Doch es stimmte. Es war eine Sitte aus längst vergangenen heidnischen Tagen, die sich hartnäckig hielt. Alan schüttelte entschieden den Kopf. »Das kommt nicht infrage. Die Kirche verweigert einer solchen Verbindung den Segen.«
    »Deine Kirche wird einer Verbindung zwischen dir und mir so oder so den Segen verweigern«, gab sie zu bedenken.
    Er fürchtete, sie könnte recht haben. »Das

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