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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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aus seiner Miene verschwunden. »Geh nach oben. Warte dort auf mich.«
    Susanna sah ihm einen Moment in die Augen; forschend, herausfordernd, flehend – er wusste den Blick nicht zu deuten. Dann erhob sie sich ohne unwürdige Hast und trat auf die Tür zu, die zur Treppe führte.
    »Du tust ihr nur einen Gefallen, wenn du sie fortschickst«, raunte seine Großmutter ihm zu. »Hier vor den Augen der Welt leidet sie mehr.«
    Von ihrer unverhohlenen Rachsucht konnte einem mulmig werden. Alan deutete ein Achselzucken an. »Ich bin hungrig, aber ich gedenke nicht, je wieder an einem Tisch mit ihr zu essen. Also muss sie gehen oder ich. Im Übrigen wäre ich dankbar, Großmutter, wenn du dich fortan aus meinen persönlichen Angelegenheiten heraushalten würdest.«
    Nichts rührte sich in ihrem Gesicht, aber das Blau ihrer Augen schien für einen Moment heller zu strahlen. »Ich bin beglückt, dass du zu deinem liebenswürdigen Selbst zurückgefunden hast. Ganz der alte Alan.«
    Der bin ich nicht, und der werde ich wohl auch nie wieder sein, dachte er. Aber er ging über ihre Spitze hinweg. Er erinnerte sich – genau wie sie offenbar auch –, dass es früher ein häufiges Streitthema zwischen ihnen gewesen war, wie viel Einfluss ihr auf sein Leben zustand. Sie war nicht seine Mutter. Sie war, seit er erwachsen geworden war, auch nicht mehr der Vorstand dieses Haushalts. Aber sie hatte ihn großgezogen, sie hatte jahrzehntelang über Helmsby geherrscht und war darüber hinaus als König Henrys Vertraute eine sehr mächtige und einflussreiche Dame gewesen. Es lag nicht in ihrer Natur, solch eine Position kampflos aufzugeben, und so kam es, dass ihr Enkel ihr jeden Zoll seiner kostbaren Unabhängigkeit hatte abtrotzen müssen. Matilda hatte es immer genossen, mit ihm zu streiten. Alan fragte sich, ob die vergangenen drei Jahre ihn klüger und langmütiger gemacht hatten, sodass er ihr heute nicht mehr so leicht in die Falle gehen würde wie früher. Er nahm an, er würde bald Gelegenheit haben, es herauszufinden.
    »Ich bedaure den Vorfall mit der Laute deines Vaters«, offerierte er als Friedensangebot.
    »Immerhin«, brummte sie krötig. Dann lenkte sie unerwartet ein. »Bruder Elias sagt, in Ely gibt es einen Mönch, der sie vermutlich reparieren kann.«
    »Ich bringe sie hin, wenn ich das nächste Mal nach Norwich reite.«
    »Du warst bei Ruben ben Isaac?«
    »Eigentlich bei seinem Bruder. Woher in aller Welt weißt du das?«
    »Ruben hat mir geschrieben. Er ist ein alter Freund.«
    Alan fiel aus allen Wolken. »Wie kann das sein?«
    Staunend lauschte er, während seine Großmutter ihm eröffnete, wie alt die Verbindung zwischen seiner eigenen und Miriams Familie schon war. Er war nicht sicher, ob das seine Aussichten, sein ersehntes Ziel zu erreichen, in irgendeiner Weise besserte, aber es machte ihm Hoffnung.
    »Und dieser Josua hat dich geheilt?«, fragte Matilda neugierig.
    »In gewisser Weise. Zumindest hat er mich auf den richtigen Weg gebracht. Und nun muss ich ein Hospital in Norwich stiften, wo er Menschen wie meine Gefährten und mich behandeln will. Aber ich habe keine Ahnung, wie ich das anstellen soll, ohne Schwierigkeiten mit dem Bischof von Norwich zu bekommen. Er liebt die Juden nicht besonders, habe ich gehört.«
    Matilda trank einen Schluck Wein und nickte versonnen. »Mach dir keine Sorgen, Alan. Du wirst einen Weg finden. Du findest doch immer einen Weg, um zu bekommen, was du willst, nicht wahr. Das hast du zweifellos von deinem Vater.«
    Er fragte sich unbehaglich, was sie damit sagen wollte. Ob Josuas redseliger Bruder in seinem Brief etwa Andeutungen über Alan und Miriam gemacht hatte. »Ich wünschte, ich hätte deine Zuversicht«, murmelte er.
    Sie tätschelte ihm den Arm, und ihre Worte standen in schockierendem Gegensatz zu der großmütterlichen Geste: »Eine Exkommunikation ist nicht das Ende der Welt, weißt du. Früher oder später wird sie rückgängig gemacht. Wenn der Preis stimmt.«
    »Es sei denn, man stirbt, ehe man ihn bezahlt hat. Ich bin jedenfalls nicht erpicht darauf, unbeerdigt in einem Sarg in der Gegend herumzustehen wie Geoffrey de Mandeville und auf bessere Zeiten zu hoffen.«
    Matilda gluckste. »Nein, das ist wirklich eine ziemliche Peinlichkeit für die Familie.«
    Er sah sie pikiert an, und dann brachen sie beide in Gelächter aus.
    Gott sei gepriesen, dachte er selig, Alan of Helmsby ist nach Hause gekommen.
    »Hier. Ich habe einen Weinschlauch mitgebracht. Ich

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