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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Rat mit auf den Weg gegeben: ›Sollte sich ein Krüppel oder ein Narr in seiner Begleitung befinden, töte ihn zuerst‹, hast du gesagt. ›Tu es langsam und lass ihn zusehen. Er hat eine eigentümliche Schwäche für sie. Aber du kannst es bedenkenlos tun. Sie sind nicht so wie wir. Sie haben keine Seele, sie sind nicht nach Gottes Ebenbild erschaffen. Du tust der Welt einen Gefallen, wenn du einen von ihnen vom Angesicht der Erde tilgst.‹ Und das, Haimon …« Er zwang seine Fäuste, sich zu öffnen, und war nicht verwundert, die blutigen Sicheln zu sehen, die seine Nägel in die Handflächen gebohrt hatten. Er war vollkommen außer sich, verstand kaum, wie es ihm gelang, sich zu beherrschen. »Das war unverzeihlich«, schloss er tonlos.
    Haimon musterte ihn voller Verachtung. »Du bist so verrückt wie deine Freunde«, stieß er hervor.
    »Du leugnest es?«
    »Jedes Wort.«
    Alan nickte und wies auf den Toten. »Dann schwöre bei seiner Seele, dass es nicht wahr ist.«
    Haimon lachte auf. »Ich werd den Teufel tun …«
    Die Wachen und Ritter am Tisch murmelten aufgebracht untereinander. »Du musst es tun«, verlangte Guillaume ärgerlich.
    Haimon winkte ab. »Du hast mir gar nichts zu befehlen, du Bauer .«
    Die aufgebrachten Stimmen wurden lauter.
    Die drei Mönche tauschten beunruhigte Blicke, ehe Bruder Elias einen verhaltenen Schritt vortrat. »Leistet den Eid, mein Sohn, sonst wird der Verdacht gegen Euch immer im Raume stehen und Euer Verhältnis zu Eurem Nachbarn und Cousin vergiften.«
    Haimon schüttelte den Kopf wie ein trotziger Junge. »Das hier ist kein Gericht. Niemand hier hat das Recht, mir einen Unschuldseid abzunehmen.«
    Seine Großmutter erhob sich von ihrem Platz am Stickrahmen. »Schwöre, Haimon«, befahl sie. Das Gemurmel verstummte.
    Er schnaubte. »Ich hätte jede Wette abgeschlossen, dass du ihm glaubst und nicht mir. So war es ja seit jeher, nicht wahr?«
    Sie stand zu ihrer vollen, beachtlichen Größe aufgerichtet, und seine Bitterkeit perlte von ihr ab. »Ich werde dir glauben, wenn du den Schwur leistest. Was ist so schwierig daran, wenn der Vorwurf haltlos ist?«
    »Ich …« Haimons Wut war mit einem Mal verraucht, und bis auf zwei hektische rote Flecken auf den Wangen war sein Gesicht bleich geworden. Gehetzt sah er sich in der Halle um, aber er las nur Argwohn und Schrecken in den Mienen der Versammelten.
    Er senkte den Kopf, stand einen Moment still, dann beugte er sich ein wenig vor, hob den Deckel der Kiste an und ließ ihn krachend zufallen. »Ich leiste dir keinen Schwur, Alan. Ich habe es nicht nötig, mich so vor dir zu erniedrigen.«
    Alan nickte und wartete, bis Haimon ihn wieder ansah. Dann sagte er: »Verschwinde. Sei klug und lass dich nie wieder in Helmsby blicken. Wir haben das gleiche Blut, und darum will ich dich nicht töten, aber wenn du mir oder den Meinen je wieder Schaden zufügst, werde ich es tun, Haimon.« Er stieß mit der Stiefelspitze an die Kiste. »Vergiss deinen Freund nicht. Und sei gewarnt: Jeder, den du nach Blackmore schickst, wird genauso zu dir zurückkehren.«
    Haimon sah ihm noch einen Moment in die Augen, dann wandte er sich ab und durchschritt ohne Eile die Halle. An der Tür wandte er sich noch einmal um. Für einen Moment schien es, als wolle er noch etwas sagen, aber der unverhohlene Abscheu in den Gesichtern verschlug ihm die Sprache. Er schüttelte den Kopf – fassungslos, so schien es – und ging hinaus.

Chinon, August 1147
    »Simon! Und Godric und Wulfric! Was für eine herrliche Überraschung!« Henry schloss sie nacheinander in die Arme und lachte selig, so als erlösten sie ihn aus größter Einsamkeit. Dabei wimmelte es in der Halle nur so von Menschen. »Kommt.« Mit einer Geste lud er sie ein, Platz zu nehmen, und er selbst wählte nicht den prunkvollen Sessel in der Mitte der Tafel, sondern setzte sich an das linke Ende. »Hier sind wir einigermaßen unbelauscht und werden nicht beäugt«, erklärte er gedämpft.
    »Beäugt« wurden natürlich wie üblich die Zwillinge, hier und da auch mit offenen Mündern angegafft, doch als die Menschen feststellten, dass es sich offenbar um Freunde ihres jungen Herrn handelte, klappten sie die Münder schleunigst zu und wandten den Blick ab.
    Simon, Godric und Wulfric setzten sich und griffen dankbar nach den Bechern, die ein Knappe ihnen unaufgefordert brachte. Sie waren staubig von der Reise, hungrig und vor allem durstig.
    »Wart ihr lange unterwegs?«, fragte Henry

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