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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Augen verriet das Ausmaß seines Befremdens.
    In die Stille hinein sagte Alan: »Ich wüsste es zu schätzen, wenn du meine Gemahlin willkommen hießest, Guillaume.«
    Der Steward biss sichtlich die Zähne zusammen und verneigte sich nochmals vor Miriam, dieses Mal weitaus förmlicher. »Seid willkommen in Helmsby, Mylady. Möget … möget Ihr in dieser Halle immer nur glückliche Stunden verleben.« Es klang hölzern.
    Miriam neigte ein wenig den Kopf. »Habt Dank, Monseigneur.«
    Guillaume wandte sich wieder an Alan. »Wo ist mein Bruder?«
    »In Woodknoll, auf Simon de Clares Gut«, antwortete Alan kühl. »Er ist wohlauf, sei unbesorgt.«
    »Gut.« Er räusperte sich nervös.
    »Setz dich und trink mit uns einen Becher auf Alans und Miriams Wohl«, lud Lady Matilda ihn ein. »Ich weiß, dass du schockiert bist. Viele werden das sein. Aber mach dir nichts vor, Guillaume, am Ende wird deine Loyalität sich wieder einmal als stärker erweisen denn all deine Bedenken. Sie gehört zu deinen schönsten und ebenso gefährlichsten Eigenschaften. Und sie sitzt so tief in dir, dass du sie erst an dem Tag ablegen wirst, da dein Herz aufhört zu schlagen. Also erweise sie Alan jetzt, da er sie wirklich braucht, und gib wenigstens vor, als würdest du seine Vermählung billigen. Damit würdest du uns allen viel Kummer ersparen, denn die Menschen von Helmsby werden tun, was du tust, denken, was du denkst. Die Richtung, die du heute vorgibst, wird entscheidend sein, nicht nächste Woche.«
    Guillaume kam der Bitte nach, holte für sich und Alan Becher vom Wandbord, füllte sie und setzte sich neben seinen Vetter. Dann legte er die großen Hände um das Zinngefäß und stierte einen Moment ins Leere. Alan beobachtete ihn aus dem Augenwinkel und sah, wie angespannt die Züge waren. Er wusste genau, was in seinem Steward vorging, denn es war derselbe Dorfpfarrer von Helmsby gewesen, der ihnen beiden die Welt erklärt und ihnen bei der Gelegenheit eingetrichtert hatte, dass die Juden den Erlöser Jesus Christus verleugnet und ans Kreuz geschlagen hatten. Weil sie blutrünstig und böse sind. Denkt doch nur an den Kindermord von Bethlehem. Wer hat dieses abscheuliche Verbrechen begangen ? König Herodes. Ein Jude. Sie sind verschlagen, boshaft und raffgierig, allesamt. Wir Christen sind rechtschaffen, duldsam und gottesfürchtig wie Abel, aber die Juden sind grausam und Gott fern wie Kain, und wie Kain trachten sie danach, uns zu vernichten …
    Alan wusste, es war schwer, diese Dinge nicht zu glauben, wenn man sie so oft gehört hatte. Obendrein von einem Geistlichen, dessen Autorität über jeden Zweifel erhaben schien, weil er ein Vertreter der Kirche war. Und Lady Matilda hatte nicht Guillaume, nicht Haimon, sondern allein Alan beiseitegenommen und ihn die Künste des Lesens, des Schreibens und der Skepsis gelehrt.
    »Guillaume«, begann er leise. »Ich weiß, wie groß dein Misstrauen ist. Ich verlange auch nicht, dass du es von heute auf morgen ablegst. Aber es beruht auf Unkenntnis, glaub mir. Nicht alle Juden sind verschlagen und boshaft. Was für ein Unsinn es doch ist, so etwas zu behaupten. Haben nicht genau das die Normannen einst von den Angelsachsen gesagt? Um zu rechtfertigen, dass sie sie unterdrücken?«
    »Das kann man wohl kaum vergleichen«, protestierte Guillaume.
    »Oh doch.«
    »Aber … aber die jüdischen Wucherer treiben mit ihren schamlosen Zinsen anständige, hart arbeitende Männer in den Ruin!«
    »Hm, ich erinnere mich, das hast du schon einmal gesagt. Aber die Höhe der Zinsen ist den Schuldnern bekannt, bevor sie das Geld nehmen. Wir mögen es eigenartig finden, aber die Zinsen sind letztlich nur der Lohn dafür, dass die Juden das Geld vorschießen – oft mit hohem Risiko. König Henry hat ihr Geld genommen. Der Earl of Gloucester. Der Bischof von Norwich. Es kann so verwerflich nicht sein, Guillaume.«
    Er führte dem Steward vor Augen, dass so viele Juden Geldverleiher waren, weil es einer der wenigen Berufe war, die sie in England und anderen christlichen Ländern überhaupt ausüben durften. Und er berichtete ihm, was Miriams Vater für seine Gefährten, vor allem für ihn selbst getan hatte.
    Schließlich hob Guillaume abwehrend die Linke. »Genug, Vetter. Du bringst mich ganz durcheinander.«
    Alan nickte knapp. »Das ist gut.«
    Der Steward trank lustlos einen Schluck, blickte dann in seinen Becher und kaute auf seiner Unterlippe. »Ich darf gar nicht an die Schwierigkeiten denken, in die

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