Hiobs Brüder
zurückkehren, und dann nehme ich dich mit, und du kannst Moses wiedersehen.« Er wollte, dass Josua Oswald noch einmal untersuchte, obwohl er im Grunde wusste, dass selbst ein so guter Arzt gegen ein schwaches Herz nicht viel tun konnte.
Oswald atmete mit geschlossenen Augen tief durch, wie er es immer tat, wenn das Leben plötzlich unerwartet gut zu ihm war.
Zusammen traten sie ins dämmrige Innere des Gotteshauses. Alan und Oswald bekreuzigten sich – Oswald mit seinem Brot, von dem er gleich darauf herzhaft abbiss.
»Was bedeutet diese Geste?«, fragte Miriam, wissbegierig wie immer.
»Ich erkläre es dir später«, raunte Alan ihr zu, nahm ihren Arm und führte sie durch das Hauptschiff zum Altar. »King Edmund?«
Der heilige Mann kam mit einem Reisigbesen in der Hand aus dem linken Seitenschiff. »Alan. Willkommen daheim.« Sein gütiges Lächeln geriet ein wenig ins Wanken, als sein Blick auf Miriam fiel. »Sag, dass es nicht das bedeutet, was ich glaube.«
»Es bedeutet ganz genau das, was du glaubst. Wir haben gestern Abend geheiratet. An einer Feenquelle, stell dir das vor, Edmund. Weil weder meine Kirche noch die ihre uns ihren Segen erteilen würde.«
Edmund seufzte leise und schüttelte den Kopf. »Auch ich kann es nicht tun, mein Sohn. Es ist einfach unmöglich.«
Alan nickte. Viel Hoffnung hatte er ohnehin nicht gehegt, darum hielt seine Enttäuschung sich in Grenzen. »Aber ich bin zuversichtlich, dass du meine Frau mit Freundlichkeit und Güte willkommen heißen wirst, denn wir brauchen deine Unterstützung.«
»Das wird mir nicht schwerfallen«, versicherte Edmund. »Schließlich weiß ich, welch ein guter Mann ihr Vater ist. Mir ist zwar unbegreiflich, wie du eine Ungläubige heiraten konntest, aber ich nehme an, Gott wird es verstehen. Seine Gnade ist ja zum Glück grenzenlos.«
Ihre Unterhaltung war auf Englisch vonstattengegangen, und Miriam hatte kaum etwas verstanden, aber die Gesten und Mienen verrieten ihr, dass der Empfang in diesem fremden Gotteshaus freundlich war. Sie ergriff Edmunds Hand mit ihren beiden und hauchte einen Kuss darauf, denn sie hatte einmal gehört, dass Christen das mit ihren Priestern so machten.
King Edmund fuhr fast unmerklich zusammen. Dann sah er der schönen jungen Braut einen Moment in die Augen, errötete bis an die Haarwurzeln und grinste wie ein Trottel.
»Was macht Luke?«, fragte Alan.
Edmunds Miene wurde schlagartig bekümmert. »Es ist schlimm. Er will nichts mehr essen. Er sagt, wenn er isst, weckt er sie auf. Er wird dürr und schwach, und sein Gemüt ist verdüstert.«
Alan öffnete den Beutel an seinem Gürtel. »Josua ben Isaac hat mir eine Medizin für ihn mitgegeben. Wir sollen ihm morgens eine Prise davon in einem Becher lauwarmen Wein geben.«
»Gott segne Euren Vater für seine Güte, Mylady«, sagte Edmund voller Erleichterung zu Miriam. »Komm, Oswald. Wir bringen Luke seine Arznei, und Alan kann seiner Frau derweil die Kirche zeigen.«
Die beiden Gefährten gingen hinaus, und Alan spürte, wie seine Anspannung nachließ. Er war keineswegs sicher gewesen, wie Edmund reagieren würde, und er wusste, das Wort ihres sonderbaren Hirten hatte bei den Bauern von Helmsby beinah so viel Gewicht wie das des Stewards.
So kam es, dass niemand wirklich Anstoß an Alans Heirat nahm. Edelleute seien eben etwas wunderlich, befanden die Bauern, das gelte für ihren Lord Alan ja bekanntlich in besonderem Maße, der erst jahrelang spurlos verschwunden und dann ohne Gedächtnis und dafür mit einem Haufen seltsamer Freunde nach Hause gekommen war. Bei ihm musste man immer auf alles gefasst sein, also warum keine jüdische Braut? Die meisten der einfachen Leute hatten ohnehin nur eine nebulöse Vorstellung, was Juden eigentlich waren, und Miriam war ihnen nicht fremder als zuvor Susanna. Nur war sie kein solch hochnäsiges Miststück, merkten die Menschen schnell, und als Alan anlässlich seiner Vermählung all seinen Hörigen und Pächtern ein Viertel der Pacht und Fron erließ, waren sie seiner jungen Frau ausgesprochen wohlgesinnt.
Anstoß nahmen hingegen die drei Mönche aus Ely. Bruder Cyneheard, Bruder John und Bruder Elias verließen Helmsby in heller Entrüstung und taten kund, sie gedächten nicht, auch nur eine Nacht unter einem Dach mit Alans ungläubiger Gemahlin zu verbringen.
Alan und Guillaume waren sich einig, dass ihr Fortgang ein Verlust war, den Helmsby gut verschmerzen könne, doch die drei Mönche begaben sich wiederum
Weitere Kostenlose Bücher