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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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seinem Aufbruch hatte sie ihm gesagt, dass sie guter Hoffnung sei.
    »Willkommen daheim, Alan«, flüsterte sie, die Lippen an seinem Hals. »Du hast mir gefehlt.«
    »Gut«, murmelte er befriedigt und strich noch für einen Augenblick mit den Lippen über ihre Schläfe, aber nur zu bald machte sie sich von ihm los. Sie missbilligte Gefühlsbekundungen in der Öffentlichkeit, und eigentlich tat er das auch.
    »Oswald, bist du etwa schon wieder ohne Mantel durch die Kälte gelaufen?«, fragte sie kritisch.
    Oswald nickte zerknirscht. »’tschuldigung.«
    Mit gestrenger Miene wies sie auf die Stirnseite der Halle. »Setz dich vors Feuer, damit du uns nicht wieder krank wirst.« Und zu den übrigen Gefährten sagte sie: »Ihr seid leichtsinnig, einer wie der andere. Wann werdet ihr lernen, darauf zu achten, dass der Junge warm genug gekleidet ist?«
    King Edmund schenkte ihr sein gewinnendstes Lächeln. »Du hast ja recht, mein Kind. Gott segne dich für deine Fürsorge. Ich werde besser achtgeben, du hast mein Wort.«
    Sie setzten sich nah ans Feuer, denn sie alle waren durchgefroren, und Miriam trug Emma auf, heißen Wein und Brot und etwas von der frischen Wurst aus der Küche zu holen.
    »Ja, Mylady.« Emma eilte willig davon. Wie so viele der Mägde und Knechte begegnete sie Miriam mit einer ehrfürchtigen Hingabe, die Alan amüsierte. Es war die stille Würde gepaart mit dieser unbestimmten Traurigkeit, die das Gesinde bewog, Miriam zu Füßen zu liegen. Alan hätte gern darauf verzichtet, wenn es ihm dafür gelungen wäre, die Traurigkeit zu vertreiben. Aber in Wahrheit wusste er, dass sie zu Miriam gehörte wie die schwarzen Augen. Seine Frau war nicht unglücklich; im Gegenteil. Helmsby hatte sie mit offenen Armen aufgenommen, und als sie Alan gestanden hatte, dass sie sich noch niemals irgendwo so wohl, so sicher, so zu Hause gefühlt hatte wie hier, hatte er gewusst, dass es die Wahrheit war. Das änderte indessen nichts an ihrem Kummer über alles, was sie hatte aufgeben müssen.
    Die Gefährten langten hungrig zu und berichteten sich gegenseitig von ihren Erlebnissen. Wulfric und Godric hatte das kleine Abenteuer auf dem Kontinent ebenso gutgetan wie Simon. Henry hatte auch sie mit Waffen bedacht, und sie berichteten mit weit mehr Enthusiasmus von ihren neu erworbenen Fechtkünsten als Simon. Sie waren bekümmert über den Tod ihres Hundes, der das letzte Bindeglied zu ihrer Kindheit in Gilham und ihrem Vater gewesen war, aber dennoch strahlten beide einen Übermut aus, der selbst für ihre sonnigen Gemüter ungewöhnlich war und den Alan erst begriff, als er wieder und wieder die Namen zweier Zwillingsschwestern aus Chinon hörte. Kein Zweifel, erkannte er, Godric und Wulfric hatte es schwer erwischt.
    »Erzähl uns von Luke«, bat Ersterer Alan schließlich. »King Edmund wusste nichts Genaues, und Oswald wollte nicht darüber reden.«
    Alan tauschte einen Blick mit seiner Frau. Dann antwortete er: »Miriam, Oswald, Luke und ich sind Anfang September nach Norwich geritten. Luke … wollte nicht. Aber ich wusste mir keinen anderen Rat, denn sein Zustand wurde immer bedenklicher, und die Leute in Helmsby tuschelten, er hätte den Teufel im Leib. Ich hatte die Hoffnung, wenn Josua ihn sieht, könnte er vielleicht irgendetwas für ihn tun. Also habe ich Luke überredet. Aber unterwegs, mitten in der Einöde in den Fens, erlitt er wieder einen Anfall wie kurz vor eurer Abreise. Er war …« Alan zögerte und blickte zu Oswald, der die Unterlippe zwischen die Zähne genommen hatte, die Hände um den Schemel gekrallt und aussah, als warte er darauf, dass eine Keule auf ihn niedersauste.
    Alan folgte einer plötzlichen Eingebung. »Erzähl du’s ihnen, Oswald. Hab keine Angst.«
    Oswald warf ihm einen gequälten Blick zu, aber Alan nickte ihm nur aufmunternd zu. Er hoffte, der Junge werde das Erlebnis endlich hinter sich lassen können, wenn er es in Worte fasste und somit bannte.
    »Seine Schlange ist aufgewacht und hat ihn schrecklich gebissen«, erzählte Oswald leise, den Blick gesenkt. »Er hat geschrien, weil es so weh getan hat, und es hat ihn … ganz verrückt gemacht. Ganz verrückt …« Er brach ab, und alle warteten geduldig. Schließlich fuhr er fort: »Sie hat ihm gesagt, er soll seine Hände um meinen Hals legen und fest zudrücken. Und sie hat ihn schnell gemacht. Oder, Losian? Schnell wie ein geölter Blitz.«
    Alan schüttelte langsam den Kopf. »Ich habe dergleichen nie zuvor gesehen,

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