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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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und lose Pergamentbogen bedeckten den Tisch am Kamin. Der Drache schickte eine jüngere Hofdame nach Wein und Erfrischungen und zog dann ab, nicht ohne Godric und Wulfric finstere Blicke zuzuwerfen.
    »Übt Nachsicht«, bat Aliénor. »Sie ist stets um meine Sicherheit besorgt, und Ihr wirkt ein wenig … gefährlich.«
    Godric und Wulfric, für gewöhnlich nicht auf den Mund gefallen, erröteten bis in die flachsblonden Haarwurzeln und brachten kein verständliches Wort heraus.
    »Das können sie auch durchaus sein«, warf Simon ein, um seine Freunde von dem unverwandten Blick der blauen Augen zu erlösen.
    Die einstige Königin von Frankreich nickte. »Darum ist es klug von Euch, keinen Schritt ohne ihre Begleitung zu tun. Böse Zungen behaupten allerdings, dass Ihr es vor allem tut, um Euren schillernden Ruf zu pflegen. Und Eure beiden Freunde verstehen sich darauf, Euch vollständig abzuschirmen, wenn Ihr einen Anfall erleidet, richtig? Jeder weiß , dass Ihr die Fallsucht habt, aber niemand hat es je gesehen . Sie versperren den Blick auf Euch, wenn es geschieht, und tragen Euch hinaus, ohne dass je irgendwer einen Blick auf Euch erhaschen kann. Und daran ist Euch sehr gelegen.«
    Simon nahm den Becher, den sie ihm reichte. »Ihr seid gut informiert, Madame.«
    Auch die Zwillinge hatten sich wieder gefangen und ließen durch nichts erkennen, wie schockiert sie darüber waren, dass diese Frau so viel über sie wusste. Wie üblich nahmen sie Aufstellung an der Tür und gaben vor, unsichtbar zu sein.
    »Es macht sich bezahlt, gut informiert zu sein«, erwiderte sie. »Das muss ich Euch ja nun wirklich nicht erklären.«
    »Nein.«
    »Mein Vater hatte auch die Fallsucht«, bemerkte sie beiläufig.
    Simon nickte. »Ich weiß.«
    Sie vollführte eine Geste, als wolle sie sagen: Da seht Ihr’s. »Und? Was wünscht mein Cousin Henry von mir? Ich hoffe, er will mich nicht heiraten. Diese Flut von Freiern langweilt mich zu Tränen.«
    Simon deutete ein Schulterzucken an. »Sie sollte Euch indes nicht wundern. Ihr seid die beste Partie der ganzen Christenheit. Um Eure Frage zu beantworten: Henry ist sich nicht sicher, ob er sich in die Schar der Bewerber einreihen will. Sein jüngerer Bruder hingegen ist fest entschlossen, Euch zu erringen, Madame. Mit oder ohne Eure Einwilligung.«
    Sie lehnte sich in ihren Sessel zurück und hob kurz die Hände. »Dafür müsste er mich erst einmal kriegen.«
    »Das könnte durchaus passieren. Auf welchem Weg wollt Ihr nach Poitiers reisen?«
    »Über die Porte des Piles, natürlich.«
    »Dann müsst Ihr Chinon, Loudun und Mirebeau passieren. Alle drei gehören Geoffrey. Ihr könntet Euch niemals ungesehen vorbeimogeln.«
    »Nun, in dem Fall werde ich einen anderen Weg finden müssen.«
    »Dort wird jemand anderes Euch auflauern.«
    Aliénor richtete sich wieder auf. »Und das heißt? Ich soll Henry Plantagenet heiraten, diesen feuerköpfigen Bengel, weil er das geringste Übel ist?« Es klang eher amüsiert als zornig. »Seit meinem fünfzehnten Lebensjahr habe ich auf mich selbst achtgeben müssen, weil sonst niemand mehr da war. Ich habe einen Winter ohne nennenswerten Proviant in der Wildnis Kleinasiens überlebt, den Angriff der Türken in den anatolischen Bergen, und auf dem Rückweg aus dem Heiligen Land wurde mein Schiff von einem Sturm abgetrieben, und meine Damen und ich sind zwei Monate lang die afrikanische Küste entlanggeirrt. Wenn Ihr mir Angst machen wollt, dann müsst Ihr Euch schon etwas Besseres einfallen lassen, de Clare.«
    »Es war nicht meine Absicht, Euch Angst zu machen«, widersprach Simon ohne besonderen Nachdruck. »Ich habe lediglich Tatsachen angeführt. Und eine Tatsache ist im Übrigen auch dies: Henry Plantagenet mag noch jung sein, aber er ist kein Bengel. Ich bin überzeugt, er könnte etwas sein, das Ihr sehr schätzt, Madame.«
    »Und zwar?«
    »Eine echte Herausforderung.«
    Ihre Mundwinkel verzogen sich für einen Moment nach oben. Doch dann schüttelte sie den Kopf. »Ich habe nicht den Wunsch, wieder zu heiraten. Natürlich hatte es seine Vorzüge, Königin zu sein. Aber meistens hatte ich das Gefühl, mit einem Mönch verheiratet zu sein, nicht mit einem König. Ich habe Louis schon in Antiochia gesagt, dass ich eine Annullierung dieser Ehe will, und es hat viel Zeit und Mühe gekostet, sie zu erreichen. Wieso sollte ich mir gleich den nächsten Gemahl aufhalsen? Aquitanien ist ein schönes Land voller glutäugiger Dichter. Die Menschen dort

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