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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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lieben mich und sind nicht ständig über alles schockiert, was ich tue. Also wozu heiraten?«
    Simon betrachtete sie mit hochgezogenen Brauen. »Ich habe Mühe, mir vorzustellen, wie es sein wird: Nach fünfzehn Jahren als Königin in Paris, der aufregendsten Stadt der Welt, ein Rückzug ins beschauliche Bordeaux? Oder gar nach Poitiers? Bis ans Ende Eurer Tage? Nichts gegen die Kunst und die Leidenschaft der aquitanischen Dichter, aber ich fürchte, der Rest Eures Lebens wird Euch sehr lang werden.«
    »Tja«, machte Aliénor, und zum ersten Mal wirkte sie ein wenig unsicher. »Da könntet Ihr recht haben. Aber das scheint mir immer noch reizvoller als Henry Plantagenet.«
    »Nun, wie gesagt. Sein Enthusiasmus hält sich ebenso in Grenzen wie der Eure.«
    »Da habt Ihr’s. Er ist ein Flegel.« Sie sagte es spöttisch, aber etwas in ihren Augen verriet ihm, dass sie Zurückweisung weder gewöhnt war noch schätzte.
    »Verzeiht meine uncharmante Direktheit, aber was ihn insbesondere besorgt, sind die Gerüchte, die es seinerzeit über Euch und seinen Vater gab.«
    »Das scheint seinen Bruder nicht zu kümmern.«
    »Weil Geoffrey im Gegensatz zu Henry nie über den morgigen Tag hinausdenkt. Aber wenn ein Körnchen Wahrheit an diesen Gerüchten sein sollte, wäre eine mögliche Ehe zwischen Euch und einem der Brüder in den Augen der Kirche inzestuös.«
    »Und ich hätte geschworen, dass gerade Henry Plantagenet sich nicht sonderlich darum schert, wie die Kirche seine Taten beurteilt«, gab sie zurück. »Im Übrigen: Wenn er nicht mit Gerüchten leben kann, soll er lieber eine unserer langweiligen Cousinen heiraten. Es gibt sie in großer Zahl, die Auswahl wäre geradezu unüberschaubar. Über mich gibt es immer Gerüchte.«
    Simon nickte. Sie würde sich nicht entlocken lassen, was zwischen ihr und Henrys Vater vorgefallen war, erkannte er. Nun, das war ihr gutes Recht. Gewiss gab es andere Wege, es herauszufinden. Er warf einen unauffälligen Blick auf die junge Hofdame, die den Wein gebracht hatte, nun auf dem Fenstersitz saß und vorgab, in einem Buch zu lesen. Es gab Schlimmeres, was einem Mann im Dienste seines Herzogs und rechtmäßigen Königs passieren konnte, schloss er.
    »Also, genug auf den Busch geklopft, de Clare«, befand Aliénor. »Sagt Henry, sein Antrag ehrt mich, aber nein, danke.«
    Simon unterdrückte ein Grinsen. Die Szene, die eine solche Nachricht auslösen würde, wollte er sich lieber gar nicht vorstellen. »Wer redet von einem Antrag, Madame?«
    »Warum wart Ihr doch gleich wieder hier?«, konterte sie.
    »Um Euch sicher nach Poitiers zu geleiten.«
    »Und das ist alles? Ihr erwartet, dass ich das glaube? Wollt Ihr mich beleidigen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Unterwegs werde ich jede Menge Zeit haben, Euch von Henrys Vorzügen zu überzeugen. Sie sind zahlreich, glaubt mir, genau wie seine Schattenseiten. Wenn wir am Ziel unserer Reise sind und ich das Gefühl habe, dass Ihr ihm wohlgesinnt seid, werde ich Euch vielleicht einen Antrag unterbreiten. Aber nur dann.«
    Sie ließ ihn nicht aus den Augen. »Das klingt verdächtig nobel. Ich glaube nicht an Angebote ohne Fallstricke. Woher weiß ich, dass Ihr mich nicht auch verschleppen und zu ihm bringen wollt? Ich kann Euch nur davon abraten, wisst Ihr, er würde sein blaues Wunder erleben.«
    »Daran zweifle ich nicht. Aber Ihr habt mein Wort, Madame. Keine Fallstricke.«
    »Dann also ein Köder. Was soll das sein? Raus damit.«
    »Hm, lasst mich nachdenken. Eine Krone vielleicht? Mag es Euch auch erleichtern, Louis los zu sein, bin ich doch sicher, dass Euch die Krone fehlt.«
    Aliénor brach in ihr schönes, warmes Lachen aus. »England? Ihr bietet mir die Krone über Mücken und Sümpfe und neblige Wälder, die ihm, nebenbei bemerkt, noch nicht einmal gehört? Wie unwiderstehlich …«
    Aus dem Augenwinkel sah Simon Godrics und Wulfrics finstere Mienen. Sie schätzten es überhaupt nicht, wenn jemand abfällig über England sprach. Simon erging es nicht anders, aber ein kühles Lächeln war alles, was er sich gestattete. »Ich biete Euch, wie gesagt, überhaupt nichts. Ich bin kein sehr begabter Unterhändler …«
    »Diese Lüge solltet Ihr nicht vergessen, wenn Ihr das nächste Mal zur Beichte geht.«
    »… sondern verstehe mich besser darauf, Fakten zu sammeln und zu betrachten und zu überlegen, was sie bedeuten könnten. Und die Fakten, die ich hier klar und deutlich vor mir sehe, sind diese, Madame: Wenn Ihr und er jetzt die

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