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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Glieder sich tief ins Fleisch gedrückt hatten. »Du bist schon richtig kräftig für einen Milchbart deiner Sorte, Simon de Clare«, lobte er aufgeräumt.
    Aber Simon kannte Regy inzwischen. Er las die Mordgier im Glimmen seiner Augen. »Warum musstest du das tun, du wertloses Stück Dreck!«, fauchte er. »Er hat dir das Leben gerettet. Er ist immer anständig zu dir.«
    »Ich musste es tun, weil ihr mir die Gelegenheit gegeben habt, Bübchen«, klärte Regy ihn auf. »Deine unzertrennlichen Freunde sind schuld, die mich so nachlässig angekettet haben.«
    Losian lehnte am Türpfosten. »Ich glaube nicht, dass ich heute noch Neigung verspüre, dir neues Essen zu holen, Reginald. Du wirst bis morgen weiter fasten müssen.«
    »Das macht nichts, Herzblatt«, versicherte Regy und schenkte ihm ein honigsüßes Lächeln. »Es hat mir solchen Spaß gemacht, dich aufzuschlitzen, dass ich den Preis gern zahle.«
    Losian wandte sich ab. »Simon, sei so gut, heb meinen Dolch auf und bring ihn mit. Und verriegele die Tür.«
    Das blutverschmierte Messer lag keinen Schritt von Simons linkem Fuß entfernt. Der Junge folgte der Bitte und hastete dann neben Losian her. »Wie ist das passiert?«
    »Wie er sagte. Er war nicht angekettet und wartete hinter der Tür, als ich eintrat. Es war stockdunkel. Er hat mir den Dolch gestohlen und den Bauch aufgeschlitzt, ehe ich auch nur begriffen hatte, was geschah. Er ist ja so sagenhaft schnell, Simon.«
    Fassungslos hörte Simon einen Hauch von Bewunderung in Losians Stimme. »Er ist schnell, weil er im Gegensatz zu normalen Menschen nicht die geringsten Hemmungen überwinden muss, um das Blut eines anderen zu vergießen«, sagte der Junge angewidert.
    »Gut möglich, dass du recht hast.«
    »Und was nun?«, erkundigte Simon sich verdrossen. »Es stimmt, was er sagte. Es sieht aus, als würdest du ausbluten. Außerdem tropfst du den Fußboden voll.«
    »Ich weiß.« Sie hielten vor der Tür zu der Kammer, wo Oswald vermutlich immer noch geduldig wartete. Losian wischte sich mit dem Ärmel das Blut vom Gesicht. »Sei so gut und hol Josua ben Isaac. Da Gott es so gefügt hat, dass wir uns im Haus eines Arztes befinden, ist es vielleicht nicht mein Schicksal, heute zu verbluten.«
    Oswald war wieder eingeschlummert, und Losian ließ sich möglichst lautlos auf einen Schemel am Tisch sinken, damit der Junge nicht aufwachte. Er wusste, Oswald würde in heillose Panik geraten, wenn er ihn so sah, und das wollte er ihnen beiden ersparen.
    Missmutig blickte er auf seinen erbeuteten feinen Bliaut hinab, der sich mit seinem Blut vollgesogen hatte. Er konnte wohl getrost damit rechnen, dass das Gewand gänzlich verdorben war und er wieder in Lumpen gehen musste. Vorausgesetzt, dass er überhaupt je wieder irgendwohin gehen würde. Er konnte nicht feststellen, dass der Blutstrom nachließ, und der verblüffend leuchtend rote Fleck auf dem grünen Tuch breitete sich weiter aus.
    Josua ben Isaac trat über die Schwelle, Simon dicht auf den Fersen. Der Arzt erfasste die Lage auf einen Blick, schüttelte den Kopf und bemerkte: »Es scheint kein geringes Wunder, dass Eure Gemeinschaft ohne ärztlichen Beistand bis nach Norwich gelangt ist. Vermutlich sollte ich all meine regulären Patienten bis auf Weiteres zu meinen Konkurrenten schicken, damit ich Euch meine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken kann.«
    Losian spürte seine Wangen heiß werden. Und fragte sich, wann ihm das wohl zum letzten Mal passiert war. »Ihr seht mich tief beschämt, Josua ben Isaac«, sagte er. Es war nicht einmal eine Lüge. »Simon, weck Oswald und bring ihn nach oben. Nein. Warte.« Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Beide waren mit einem Mal klamm. »Lass es mich noch einmal versuchen: Simon, wärst du so gut, Oswald nach oben zu bringen?«
    Simon grinste. »Gewiss, Losian.« Er rüttelte Oswald sacht. »Komm, Kumpel, wach auf.« Und als Oswald sich aufsetzte, nahm er seinen Arm und zog ihn auf die Füße. »Losian hat etwas mit unserem Gastgeber zu besprechen. Komm, wir warten oben auf ihn.« Und er brachte es fertig, Oswald hinauszuführen, ehe der den eigentlich unübersehbaren Blutfleck auf Losians Gewand entdeckt hatte.
    »Guter Junge«, murmelte Losian.
    Josua schnürte ihm das Gewand auf – mit erfahrenen Händen, aber nicht zimperlich –, zog es ihm über den Kopf und schob das blutdurchtränkte Hemd hoch, um den Schaden zu begutachten.
    »Es ist nicht tief«, teilte Losian ihm mit.
    »Das wisst Ihr, ja? Wer

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