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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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fuhr es Simon durch den Kopf. Er ließ die Hand vom Schwert gleiten und erwiderte die Verbeugung. »So leicht nicht«, versicherte er lächelnd. »Simon de Clare, Monseigneur. Wo sind Euer Pferd und Eure Begleiter? Hattet Ihr einen Unfall? Braucht Ihr vielleicht Hilfe?« Dann bist du bei mir genau richtig, fügte er in Gedanken höhnisch hinzu. Ich kann mir nicht einmal selber helfen …
    »Ich glaube, man kann sagen, ich stecke ein wenig in der Klemme«, gestand der Fremde mit einem entwaffnenden Lächeln. »Meine Börse ist leer, meine Entourage mitsamt Gaul habe ich vor zwei Tagen im Wald verloren und kann sie nicht wiederfinden, und verlaufen habe ich mich obendrein auch noch. Außerdem ist es mir nie zuvor im Leben passiert, dass ich zwei Tage nichts zu essen hatte, und kalt ist mir auch.«
    Simon konnte nicht anders, als das Lächeln zu erwidern. Er fand Gefallen an diesem Franzosen, der vermutlich kaum älter war als er selbst, aber seinen Missgeschicken mit so etwas wie Verwegenheit begegnete. »Und habt Ihr einen Namen, Monseigneur?«
    Seltsamerweise schien der Franzose einen Lidschlag lang zu zögern, ehe er mit einer neuerlichen kleinen Verbeugung antwortete: »Henry Plantagenet.«
    Nie gehört, dachte Simon. »Woher kommt Ihr?«
    Das koboldhafte Lächeln zeigte sich wieder. »Aus Anjou, Simon de Clare. Und ich nehme an, damit hat sich die Hilfe, die Ihr mir anbieten wolltet, erledigt.«
    Die Grafschaft Anjou im Süden der Normandie war in der Tat nicht der Lieblingsnachbar der Normannen, denn der Graf war machtgierig und streitsüchtig. Schamlos hatte er König Stephens missliche Lage ausgenutzt: Der König von England war eigentlich auch Herzog der Normandie, hatte sich um Letztere aber nicht kümmern können, seit er in England um seine Krone streiten musste. Der Graf von Anjou – der obendrein mit König Stephens Rivalin, der »Kaiserin« Maud, verheiratet war − war wieder und wieder in der vernachlässigten Normandie eingefallen, hatte sie Stadt um Stadt und Burg um Burg erobert, bis ihm vor drei Jahren schließlich auch noch Rouen in die Hände gefallen war und der normannische Adel ihn als neuen Herzog anerkannt hatte. Mit anderen Worten: Der Graf von Anjou hatte dem König von England die Normandie gestohlen.
    All das war Simon bewusst, doch er antwortete: »Keineswegs. Was wäre das für eine Welt, in der ein Wanderer in der Wildnis dem anderen seine Hilfe verweigerte? Es ist nur …«
    Ehe er weitersprechen konnte, kamen Wulfric und Godric zwischen den Bäumen zum Vorschein. »Oh, eine Wildsau! Du bist großartig, Simon …«, frohlockte Godric, ehe sein Bruder ihn warnend am Arm packte, weil er den Fremden entdeckt hatte.
    Simon nickte in ihre Richtung und sagte zu Henry: »Das sind zwei meiner Gefährten, Godric und Wulfric.«
    Die Augen des jungen Franzosen weiteten sich einen Moment. Es war schwer zu sagen, ob vor Verblüffung oder Abscheu. Aber was es auch war, er hatte sich sofort wieder unter Kontrolle und nickte den beiden Angelsachsen zu.
    »Godric, Wulfric, dies ist Henry. Er hat seine Begleiter verloren und sich verirrt.«
    »Ist das seine Sau?«, fragte Godric.
    »Streng genommen gehört die Sau König Stephen«, stellte Simon klar – ganz der Sohn des königlichen Forstaufsehers. »Aber dieser Mann hier hat sie geschossen, ja.«
    »Dann sag ihm, wenn er uns einen Batzen abgibt, kann er mit unter unser Dach kriechen, und King Edmund wird ihn auf den richtigen Weg bringen, ganz gleich, wohin er will.«
    Losian war eingeschlafen, kaum dass er sich auf die kalte, nasse Erde gesetzt und die Schultern gegen den Stamm der Buche gelehnt hatte. Ihre Wanderung hatte ihn völlig erschöpft, denn es war erst zwei Wochen her, dass er um ein Haar verblutet wäre.
    Er träumte ausnahmsweise einmal nicht von seinem Ritt nach Akkon, sondern von Miriam. In seinem Traum saß sie neben ihm auf der Bank im Garten, hatte sich ihm halb zugewandt und zeigte ihm ein Blatt. »Es ist das Kraut des Vergessens«, sagte sie. »Nimm es, und du wirst wählen können, wer du sein willst. Keine Vergangenheit, kein Name werden dich binden. Du kannst dich selbst erfinden. Und der sein, der du sein willst.«
    »Aber ich will der sein, der ich bin«, protestierte er.
    Sie schüttelte den Kopf und betrachtete ihn bekümmert. »Dann wirst du mich nie haben können …«
    Mit einem kleinen Ruck schreckte er auf und hörte eine fremde Stimme: »Wo gehen wir hin, de Clare?«
    »Wir sind da«, antwortete Simon, und im

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