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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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›aufmerksam machen‹ ist auch wiederum nicht der richtige Begriff dafür. Du kannst dein ganzes Leben lang herumhüpfen, Opfer bringen, Rituale leben und veranstalten und ganz ungeheuer diabolisch sein, und mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit wird niemals etwas wirklich Übersinnliches passieren. Knallköpfe wie Aleister Crowley oder Gurdjieff oder Däniken und Geller haben schon so ziemlich alles ausprobiert und ausgetüftelt, aber keiner von ihnen hat jemals auch nur den Hufabdruck eines Ebenentieres zu Gesicht bekommen. Andererseits kann man sein ganzes Leben lang mit Ärmelschonern in irgendeinem Büro Stempelkissen abnutzen, und BANG!, eines Tages knallt dir ein geflügelter Hedroch durchs Fenster und entführt dich nach Chassaria. So was in der Art ist zum Beispiel James Joyce passiert, der dann während der Jahre, in denen er Finnegan’s Wake schrieb, tatsächlich die gängigen Sprachen verloren und eine neue gefunden hat. Oder der arme Inpektor Abberline, den man damit beauftragt hatte, die sogenannten Jack-the-Ripper-Morde aufzuklären – der sah sich plötzlich der donnerröhrenden magischen Inkarnation eines gesamten Zeitalters gegenüber. Viel zu groß, um erfassbar zu sein, viel zu groß, um berechenbar zu sein, und vor allem ... viel zu groß, um lenkbar zu sein – das umschreibt in etwa die Gesetzmäßigkeiten der Magischen Einheit.«
    »Und warum klappt es dann bei dir?«
    »Ich bin der Kwisatz Haderach.«
    »Der was?«
    »Noch nie was vom Kwisatz Haderach gehört? Na, macht nichts. Ist auch nur ’ne ausgedachte Sache. In Frank Herberts Wüstenplanet gibt es so eine Geheimsekte, die Bene Gesserit, deren überliefertes Programm es ist, durch genealogische Auswahlzüchtung so eine Art Übermenschen herzustellen, eben den Kwisatz Haderach. So etwas Ahnliches gibt es übrigens auch in der sogenannten Wirklichkeit. Ein Rabbi namens Josef Ekstein hat schon vor Jahrzehnten in New York und Israel ein jüdisches Familienplanungsprogramm namens Dor Yeshorim ins Leben gerufen, dessen letztendliche Zielsetzung es ist, den neuen Messias hervorzubringen.«
    »Und du bist das Endresultat dieses Programms?«
    Hiob lachte. »Willst du mich beleidigen? Seh ich wie ein Gesalbter aus? Nein, ich bin independent und verdammt stolz drauf. Aber meine Entstehungsgeschichte ist ähnlich wie beim Kwisatz Haderach. Mein Großvater väterlicherseits war – ist – ein echter Magier, ein großer Mann selbst in historischen Maßstäben. Aufgrund eines spirituellen Chromosomen-Missgeschicks entwickelte sich sein einzig gestatteter leiblicher Sohn – mein Dad – leider zu einem schwachbrüstigen Vollarsch, sodass mein Großvater wohl oder übel auf die übernächste Generation zurückgreifen musste. Er paarte meinen schwindsüchtigen Dad mit einer satt durchgeknallten Hexe aus dem Elsass, und GLITSCH!, Klein-Hiob ward geboren, ein aufgeweckter Knabe mit blaugrünen Augen und einem ausgeprägten Hang für Horrorfilme und Fantasy-Literatur. Als ich acht Jahre alt war, war Innervisions von Stevie Wonder meine absolute Lieblingsplatte. Mit zwölf war mir schließlich Mozart zu durchschaubar und langweilig geworden. Und obwohl ich die astralgenetischen Anlagen hatte, musste ich mir das Wissen um die praktischen Anwendbarkeiten von Magie in mühsamer Theorie erarbeiten. Ich verbrachte volle zwei Jahre meiner sexuellen Hochleistungsphase in einer fensterlosen Bibliothekskrypta, die der größte geheime Schatz meiner beunruhigenden Blutlinie ist. Erst danach war ich reif dafür, ins Licht zu treten.«
    »Diese Bibliothek würde ich gerne mal sehen.«
    »Das kannst du. Von außen ist sie eines der besser erhaltenen Grabmausoleen an der östlichen Flanke des Dreifaltigkeitskirchhofs in Kreuzberg. Aber es geht da ziemlich tief runter.«
    »Ich hab keine Angst vor der Tiefe, und auch nicht vor dem Dunkel.«
    »Das glaube ich dir gerne. Es wird mir eine Ehre sein, dich dorthin zu führen.«
    Bernadette fühlte sich an die von ihr so heißgeliebte Bette-Noir-Geschichte erinnert, als sie Hiob jetzt fragte (und ein kalter Kitzel lief ihre Rückenlinie hinab): »Und ... was meinst du ... gibt es eine Chance für mich ... von dir ... Magie zu lernen? Echte Magie?«
    »Du meinst, ich soll einen echten Vampir aus dir machen?«
    »Ja.«
    »Einen, der von Kruzifixen Brandblasen bekommt?«
    »O ja.«
    »Einen, dem die Sonne hochaktiven Hautkrebs kredenzt oder der sich unter fließend Wasser schmierig auflöst wie ein Stück Schaumseife, oder der

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