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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Dirk-Daniel, der sämtlichen Halt verlor und mit rudernden Armen auf der kalt schlingernden Platte der Tür gegen die jenseitigen Fliesen kantete und von dort unabgefedert weil ohne Hilfe des Armes seitlich auf den Kachelboden dröhnte, die Tür sich einmal um sich selbst über ihn hinwegwuchtend und mit lautem Scheppern – »... mit ...« – irgendwo da hinten zum Landen kam und die Beine neben ihm ihn an den kreischenden Haaren hochheben bis er vor Tränen gar nichts mehr sehen kann und jemand ihn umwendet und niederrammt in den weißen Kragen eines Urinals, durch das gelbliche Plastikgitter hindurch und die gesättigten grünen Chlorsteinchen um die Ohren sein Gesicht so fest auf den stinkenden Abfluss drückt, dass das wieder und noch mal betätigte Spülwasser sich nicht mehr – »... fließend Wasser?« – nur noch ganz schwer abfließen kann und sich langsam nach oben hin aufschaukelt, immer mehr wie ein Wasserfall herunterkommt, Dirk-Daniel mit den weit gespreizten Beinen, die Oberschenkelknochen langsam splitternd, kickend und nach hinten tretend, jetzt lauter Blasen vor den Augen, das Wasser ist nur ungefähr eine Handbreit hoch in der engen Schüssel, aber das reicht vollkommen aus für ein Gesicht, ist hellgrün gefärbt von den bösen Steinchen. Der Tod treibt erst ganz hinten an der Peripherie der fetten Fluten herum, zaudert und vibriert, und schießt dann plötzlich so schnell heran wie ein Piranha und hat alles erledigt, dass für so etwas Komplexes wie Angst gar keine Zeit mehr bleibt.
    Das Kinn im Pissbecken verhakt, bleibt Dirk-Daniel Gester hängen.
    So sieht er doch ganz natürlich aus, als würde er noch leben.
    Am vierten Tag trafen Hiob und Bernadette sich auf dem Friedhof.
    Am ersten Tag – in der ersten Nacht also, um genau zu sein – hatte er sie mit zu sich nach Hause genommen, ihr weitere, noch unausgestellte oder unvollendete Bilder gezeigt, und sie hatten bei Kerzenlicht zusammengesessen. Sie hatte geredet, ihm so ziemlich alles von ihr und dem Rudel erzählt, an das sie sich noch erinnern konnte. Das war eine ganze Menge, und Hiob hatte aufmerksam zugehört, auch wenn Bernadette gegen Ende hin zugeben musste, dass sie gar nicht mehr über alle Streifzüge der übrigen Rudelmitglieder unterrichtet war, Gruppendynamik hatte sie auseinandergezwungen, und Bernadette war sicher, dass es eines Tages jeder von ihnen zu einem eigenen Rudel bringen konnte. Jeder von ihnen war so einzigartig, so stark, so beseelt. Einmal lachte Hiob dermaßen auf, dass sein Atem die Kerze ausblies, aber er verschloss ihre Frage mit einem Kuss. Danach öffnete er sich mit einem Obstmesser den Arm und gab ihr von seinem Blut zu trinken. Der seit Längerem aufgegebene Blutgeschmack war wieder neu für sie und gleichzeitig wehmütig vertraut, und dann stellte sie fest, dass Hiobs Blut besser schmeckte als alles Blut vorher, denn es schmeckte nach Magie.
    In einem Zustand sanft trunkener Berauschtheit gab sie ihm ihre Visionen von teerfarbenen Schwingen und überirdischer Ekstase preis, Träume voller katholizistischer Surrogate, in biologischen Flüssig- und Wahrhaftigkeiten gewendet, die Muttergottes nackt mit dem Jesuskindlein auf dem Arm, beim Lächeln Vampirfänge entblößend; das Jüngste Gericht als sexuelle Offenbarung – wer zuerst kommt, kommt zuerst in den Himmel; Bernadette selbst, die heilige Bernadette, das Wunder von Lourdes, in einer Quelle badend von elterlichem lehrerischem autoritärem Blut, vier der fünf klaffenden Stigmata von Lindenblättern bedeckt, das fünfte von einem Feigenblatt, zwischenmenschlicher Verkehr mit Fremden, haltloses Rollen in die Nacht, die ewig währende Entlohnung der Rebellen. Ihre Worte trieben durchs Dunkel wie die Federn eines sturmgezausten Engels, und Hiobs leuchtende Augen nickten.
    Am zweiten Tag sahen sie sich gar nicht, Hiob hatte Wichtiges zu erledigen, wie er sagte, Wichtiges, das keinen Aufschub duldete. Mit rotgeränderten Augen streifte Bernadette durch Marzahn.
    Am dritten Tag waren sie eigentlich auf dem Friedhof verabredet gewesen, aber in der Nacht war Dirk-Daniel tot aufgefunden worden, und Arne hatte am Vormittag durch seine Connections zur Fixerwelt davon erfahren. Das Rudel verbrachte den ganzen Tag zusammen im Hangelsberger Haus. Sonja nahm es sehr schwer, sprach sogar von Selbstmord. Sie hatte gerade in den letzten Tagen wieder angefangen, heftigst mit Dirk-Daniel zu bumsen, und da keiner der anderen an so etwas Bodenständigem noch

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