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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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verstanden hatte, war das nicht das, was du wolltest. Oder aber wir machen es auf meine Weise, dann geht es schneller, dann geht es jetzt, aber du musst diesen Widerstand überwinden, dieses verdammte Symbol und den Glauben daran überwinden. Das ist dann dein Opfer an NuNdUuN. Ohne solch ein Opfer wird es uns nie gelingen, den Pfad zur Energie zu eröffnen. Du solltest dich jetzt endlich mal entscheiden, Bernadette, meine Geduld ist nicht grenzenlos, ich habe mich ohnehin schon sehr weit aus dem Fenster gehängt für dich, und dein andauerndes Gezaudere geht mir langsam auf die Nerven. Du bist schon dreißig, Mädchen, wie lange willst du noch herumtrödeln? Bis zu den Wechseljahren?«
    »Es ... ist nur ein Symbol?«
    »Natürlich! Was denkst du denn, was es ist? Ein Moslem lacht über das Kreuz, ein Buddhist würde es nicht mal als etwas Heiliges erkennen und munter draufrumtrampeln. Wie soll also für einen Vampir ein Kreuz irgendeine universelle Bedeutung haben? Das ist doch Unsinn. Aberglaube. Aber es ist eine gewisse Überwindung für dich, und darauf kommt es an. Deshalb die beiden Kirchen hier, und deshalb das Lichtkreuz. Damit NuNdUuN erkennen kann, dass du es ernst meinst. Und das eine kann ich dir raten, aus eigener Erfahrung: Spiel nicht mit NuNdUuN rum, fordere nicht seine Aufmerksamkeit, wenn du nicht wirklich bereit für ihn bist. Wenn er sich auch nur halb so sehr über dein Geziere aufregt wie ich, ist es aus mit dir. Und mit mir wahrscheinlich auch. Also los jetzt.«
    Er zog sie ins Licht, sie wehrte sich nicht mehr. Sie betrat das untere Ende des Kreuzstamms und ging mit Hiob in entgegengesetzter Fließrichtung des Erlöserblutes aufwärts bis zum Kreuzpunkt. Ihre Fußsohlen fühlten sich heiß an in den Schuhen, als seien die Laternen hier Sonnen, die das flache Kopfsteinpflaster fast zum Kochen brachten. Auch ihre Haut summte und kribbelte, samtene Härchen stellten sich auf. Das aggressive Knistern von Hiobs Plastiktüte verwirrte und entnervte sie.
    Mitten auf der Kreuzung blieben sie stehen. Bernadette schaute sich um, während Hiob mit einer aus der Tüte hervorgekramten Talgkreide einen leicht eirigen Kreis um sie beide zog. Das Kreuz war so gigantisch, es drehte sich funkelnd um sie, als sie sich drehte, es schien eingebrannt zwischen die breiige Schneise des Landwehrkanals dahinten, die schrundigen Häuser und die grünen Metallgitter des Reuterplatzes. Eine gleißende Landebahn der Hoffnung und der Irrlehren.
    Hiob streute Blumen aus, die getrocknet waren oder künstlich, setzte eine kleine dunkelblaue Tonflasche an und sprühte die Flüssigkeit dann zwischen den Zähnen hindurch in Richtung auf den grauen Betonklotz des vitrotherm -Gebäudes, wie ein Feuerspeier ohne Feuer. Er tanzte flackernd um Bernadette herum und sang dabei, und sie bekam das gar nicht richtig mit. Dann drückte er ihr etwas auf die Stirn, das entweder ein Hasenkötel oder ein weiches Pimentkorn war, küsste sie und spuckte ihr dabei auf die Zunge, mit dem bitteren Geschmack der Flüssigkeit, die er vorher im Mund gehabt hatte. Er bedeutete ihr, auf die Knie zu gehen, sie kniete sich vor ihm hin, er krempelte sich das T-Shirt hoch, durchschnitt mit einem afrikanisch verzierten Elfenbeinmesser seinen Bauchnabel in horizontaler Richtung und befahl ihr zu trinken. Bernadette legte ihre Lippen an seinen Bauch und saugte das Blut, das hervorquoll, mit steigendem Durst. Es hatte wieder diesen phantastischen Beigeschmack, dieses Hiob-Aroma, das magische, unerklärliche, weiterführende, sinnliche. Beinahe zärtlich bog er sie anschließend nach hinten um, bis sie ganz auf dem Rücken auf der Straße zu liegen kam. Das Letzte, was sie von ihm sah, bevor sie die Augen schloss, war, wie er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht ein großes Heftpflaster über den Nabel pappte.
    Sie lag im Fokus des Kreuzes, festgenagelt von der Anziehungskraft der Erde. Ihr Mund, ihre Kehle und jetzt auch langsam ihr Magen waren erfüllt von dem magischen Blut des Malers Irazoqui. Durch ihr die Farben wechselndes Hirn schlingerten die Erinnerungen an all jene, deren Blut sie noch als Mensch getrunken hatte.
    Da waren natürlich die zappelnden und in ihrer Persönlichkeitslosigkeit verschwommenen Opfer, kreischend, staunend, flennend oder in nutzlosen Meidbewegungen begriffen. Chantal leuchtete am hellsten, die Erste, die, an der das Rudel sich entjungfert hatte, die anderen waren hässlicher und stumpfer, gegen Ende hin gelblich verbleichend, weil

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