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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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recht.
    »Prognostica«, flüsterte Lagrima mit schamhaft abgewandtem Gesicht, »über die Prognostica bin ich nie hinausgekommen.«
    »Wie viele haben Sie geschafft?« Der verschmierte Prophet hustete. Fieber kehrte in ihn ein wie ein alter Freund des Hauses.
    »Fünf«, antwortete sie. »Fünf oder sechs.«
    »Und wer hat Sie dann weggesperrt?«
    »Meine Tochter. Mein Sohn. Mein Mann. Alle, die ich liebte, für die ich kämpfte. Sie erklärten mich für verrückt.«
    Hiob nickte. »Das ist nur folgerichtig. In einer Gesellschaft von wahnsinnigen Destruenten muss derjenige irre wirken, der versucht, mit tränenfeuchten Händen das noch zu bewahren, auf dem alle mit Augenbinden und Nazistiefeln herumtrampeln. Wir sind die Konservativen, du und ich, Lagrima, und die Etablierten in ihren schwarzen Anzügen und mit ihren gelackten Krawatten sind die wahren Chaoten. Vielen Dank, NuNdUuN, das ist wirklich große Klasse. Das ist wirklich ein Masterplan. Du schaust mir zu, wie ich mich abschufte, und zum Dank zeigst du mir, was mich erwartet. Hiob Emmpunkt, klein und grau, versargt und alt, vollgebrunzt bis zum kragenlosen Hemd, schüchtern-doofer Blick nach unten, nur zu bereit, das eigene Versagen, die irregeführte eremitäre und liebeslose Loslösung vom Leben zu verurteilen.« Er breitete die Arme aus, warf den Kopf in den Nacken wie eine No-Budget-Parodie auf Charlton Hestons Moses und schrie: »Aber nicht, bevor ich etwas dafür bekommen habe, du Bastard! Das ist es nämlich, worum es in einem Vertrag geht, falls dir das noch niemand klargemacht haben sollte. Beide Seiten müssen etwas geben, beide Seiten schießen Mittel zu! Du kannst mir nicht einfach nur mit großzügigem Abwinken irgendwelche Prognostica aufzeigen lassen und seelenruhig abwarten, bis ich mich verschlissen habe. Ich will gefälligst Macht, verdammt noch mal, und zwar sofort und so lange, bis ich, ich sage, wann es genug ist! So, und nur so läuft das Spiel!«
    Es wäre mächtig imposant gewesen, wenn jetzt wenigstens ein brummelnder Donner über den Himmel geschlendert wäre oder sonst ein manisches Aufleuchten Hiobs Hybris in einen Dialog verwandelt hätte, aber das Einzige, was sich ereignete, war der jetzt endlich erfolgende Auftritt des jungen, eifrigen Polizisten namens Gervasio.
    Der junge, eifrige Polizist namens Gervasio durchschaute die Situation sofort und sagte mit einer anteilnehmenden Sanftmut, die ihn als einen guten Kerl auswies: »Meine Dame, mein Herr, der Ausflug ist leider beendet. Kommen Sie bitte zurück ins Gebäude, ich versichere Ihnen, dass man sich dort von jetzt an gut und pfleglich um Sie kümmern wird.«
    Hiob sprang, emporgeschnellt vom metallischen Zurückschnappen der Delle, die er auf dem Autodach stehend fabriziert hatte, mit seinem weißschmutzig wehenden Mantel wie ein kryptisch gebleichter, drogenbetriebener Marvel-Comic-Superschurke quer durch den indifferenten Himmel und landete genau auf dem jungen eifrigen Polizisten namens Gervasio, der zwar eifrig genug war, im Fallen noch die Pistole aus dem druckknopfversiegelten Halfter zu reißen und zweimal zu schießen, aber zu jung, um richtig zu treffen. Hiob schraubte ihm mit der Linken den gestärkten Uniformkragen bis in den Kehlkopf hinein zu, schlug ihm die durch einen Streiftreffer blutende Rechte immer wieder zur Faust geballt in die vormals ebenmäßigen Zähne und schrie dabei: »Ich bin kein Verrückter! Ich bin kein Verrückter! Ich bin kein Verrückter, du drogenfressendes schwesternfickendes kolumbianisches Stück Bullenscheiße!«
    Als das Bewusstsein Gervasios endlich losließ, tat Hiob dasselbe, und der Polizist platschte weich in den Unrat. Neugierig robbten die ersten Maden näher.
    Ein Blick in Richtung der polizistenschwirrenden Anstalt überzeugte Hiob davon, dass die beiden Schüsse niemanden in Aufregung versetzt hatten. Verdammt, es war schließlich Carneval in Barranquilla, da knallte und brannte und schrie doch andauernd irgendetwas oder irgendwer. Er stand da, breitbeinig, geduckt, Gewalt in seinem Herzen, träge pochenden Schmerz in seiner Hand, führte die blutigen Finger zum Mund und leckte das fette Rot, das nur teilweise seins war. Der Geschmack des Blutes war ganz eigentümlich, so wie Erdbeerquark mit einer Prise Majoran. Ganz anders als das Blut Dianas erst gestern, war das erst gestern? »Diana«, stieß er zitternd hervor. Trauer schlich auf Zehenspitzen barfuß durch seine Seele und am anderen Ende wieder hinaus. »Die Hure

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