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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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persönlich gemeint oder so, vielleicht bist du ja sonst ganz okay. Also komm her, Mann, bringen wir’s hinter uns. ’S ist eh jedes Mal derselbe Mist.«
    Hiob streckte würgermäßig die Arme aus und kam näher, und Ingless, mit wundernd gerunzelter Stirn, hob die eine Hand, die er nicht zum Trinken brauchte, und drückte einmal ab. Die Kugel schlug Hiob mitten ins Herz und riss ihn fast fünf Meter rückwärts durch die Luft. Hiob krachte durch die Böschung eines steinigen Hangs, und als er in einer mittleren Lawine endlich zur Ruhe kam, kickten die Schmerzen voll ein. Er schrie und jaulte und hielt sich die zerfetzte Brust, und zum zweiten Mal innerhalb weniger Stunden hatte er überhaupt keine Lust mehr weiterzuleben. Die Schmerzen waren einfach zu schlimm, waren Napalm hoch zwei, waren endlose Re-Runs vom Sterben Sankt Sebastians und zwei, drei Grade auf der nach oben offenen Milgram-Skala mehr. Über Schmerz nachzudenken, Worte dafür zu finden, ist der Musik stets besser gelungen als der Sprache.
    Weinend und keuchend und sich konvulsivisch windend konnte Hiob trotzdem sehen, wie der Killer sich vorsichtig, mit ausgestreckter Waffe, den rutschigen Hang herab auf ihn zubewegte.
    »Mach ein Ende«, wollte Hiob ihn anschreien, aber es ging nicht, Blut füllte plötzlich seine Kehle ganz aus, und er konnte nicht einmal daran ersticken, irgendein blödsinniger Reflex zwang ihn dazu, es auszukotzen.
    Ingless ging staunend einmal um ihn herum. Er hatte noch nie jemanden gesehen, der einen Herzschuss überlebte, und er hatte schon viele, viele Menschen getötet und demzufolge verschiedene Grade von Todesresistenz aus nächster Nähe beobachten können. Während Hiob zuckte und röchelte und winselte, überlegte er, ob er ihm noch einen Kopfschuss ansetzen sollte, aber irgendwie gefiel ihm der Gedanke nicht. Ein Kopfschuss würde alles klar und glatt machen und die erstaunliche Überlebensleistung dieses Typen hier der Vergessenheit überantworten. Und was hatte der Junge gesagt, als er auf ihn zugegangen war? »Ich muss dich genauso umlegen, wie ich das mit Diana Dors auch gemacht habe.« Ein Bruder war das also, ein verwandter Geist, ein Mitspieler. Alle Achtung, und so am Leben hängend.
    Ingless lächelte unsichtbar im Dunkel, tippte grüßend die Mündung der Pistole an seine Schläfe und machte sich wieder auf den Weg nach oben. Lithiumland lag schlafend da, dort irgendwo vor ihm, und erwartete ihn mit hochgestecktem Haar. Offensichtlich ergab das doch irgendeinen ihm bisher verborgenen Sinn. Vielleicht, vielleicht sollte er doch eine Familie gründen und sich niederlassen, mit einem echten Rasenmäher und so einem ulkigen Wecker neben dem Bett. Und Cornflakes, die auf der Milch schwammen, auch wenn man sie mit Zucker beschwerte und immer wieder umrührte, so oft man wollte. So oft man wollte.
    Hiob kroch und schrammte sich die ganze Böschung hinauf, hustend und röhrend und ab und zu auch – ganz ohne bewusstes Zutun – lang und anhaltend schreiend, schleifte sich selbst bis in den kalten Nachtbach, um dort den Schmerz zu kühlen, doch nichts half nichts half, der Schmerz war in ihm drin, saß tief in seinem Herzen, wurde mit jedem verzweifelt flatternden Flügelschlag durch seinen ganzen Körper gepumpt. Er wand und rollte sich im klaren Wasser, bis flussabwärts alles rot war. Irgendwann war wieder jemand neben ihm, bis zu den Knöcheln im Fließ, doch diesmal war es nicht Ingless. Es war NuNdUuN, die Hosen bis zu den Knien hochgekrempelt, ganz in italienischen Schnitt gekleidet, er war gerade beschleunigt noch in Milano gewesen auf einer Messe und hatte sich von Ermenegildo Zegna und seinen hochgewachsenen Models einkleiden lassen. Er half Hiob ans Ufer, und für Momente war da eine merkwürdige Vertrautheit zwischen den beiden, sie waren ganz allein unter dem Virginiamond, sie waren Feinde, ganz gewiss, und dadurch jeder für den anderen da, jeder ohne den anderen nur die Hälfte wert, genauso, wie man das von Freunden sagt.
    »Du hast großes Glück gehabt heut Nacht, Hiob. Wenn Ingless sich dazu entschlossen hätte, noch einmal auf dich abzudrücken, wäre es vorbei gewesen. Dein Spiel beendet, du auf ewig mein Sklave.«
    Hiob hatte mittlerweile genug Blut verloren, um wieder sprechen zu können. »Nimm ... ihn ... weg ... nimm ... den ... Schmerz ... weg ... bitte.«
    »Natürlich. Und ohne etwas dafür zu fordern. Es steht in den Regeln, dass dich so eine Nichtigkeit wie eine Kugel nicht töten

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