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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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schämte sich gleich dafür.
    Das konnte doch nicht sein! Immerhin, wenn die Quaddeln aufplatzten, war das ja ein Zeichen von Abheilung. Sie starben ab dadurch. Okay, sagte er sich, dann musste es also sein, rituelle Selbstheilung. Wenn alle Stricke rissen, konnte er ja noch seinen Großvater zu Hilfe rufen. Wie peinlich, nachdem er ihm gegenüber wieder so brüsk den Harten gegeben hatte. »Nein, ich komm schon alleine klar, ihr werdet ja sehen, fuck you all«, murmelte Hiob, während er sich anzog, bis nichts mehr von ihm zu sehen war, mit vors Gesicht gewickeltem Schal, tief in die Stirn gezogenem Grand-Royal-Headsock, Sonnenbrille und Handschuhen. Die geschwollenen Füße passten kaum mehr ins Schuhwerk. Er sah jetzt aus wie Claude Rains in The Invisible Man . Aber besser als die Hunchback-Nummer ohne Gesichtsmaskierung.
    Er ging einkaufen. Besorgte sich Eier, Knoblauch, Hirschhornsalz, Fischwasser aus einem kleinen Aquariumsladen, einen kleinen Bergkristall und eine Dose Ananasringe für den Geschmack. Wieder zu Hause, machte er sich ans unheilige Werk. (Den Schal konnte er wegschmeißen, einige der Gesichtsbeulen waren durch die Reibung gerissen und hatten den Stoff verklebt.) Er zerstieß und zerpresste alles Feste bis auf den Bergkristall, mit dem er anschließend alles zu einem gelblichen Brei verrührte. Den in den Brei getauchten Kristall als Stift benutzend, klierte er dann ein paar arkanische Schriftzeichen an die Innenseite seiner Wohnungstür und auf den Teppich im winzigen Flur. Da kauerte er sich dann auch hin, meditierte und mantrasierte in einer Sprache, die ein bisschen wie Aztekisch klang und von der er gerade genug der kompliziert auszusprechenden Worte beherrschte, um den Zauber wirken zu lassen. Das Ganze dauerte fast drei Stunden, aber Hiob war ja froh, wenn er Zeit rumbrachte mit etwas, das ihn vom Juckreiz ablenkte. Schließlich kriegte er den Kristall endlich zum Leuchten und benutzte den Brei als Gleit- und Treibmittel, um den sperrigen Stein runterschlucken zu können. Der Effekt war augenblicklich und heftig. Hiobs Magen und Speiseröhre unternahmen gemeinsame Anstrengungen, den heißer werdenden Fremdkörper wieder hochzuwürgen, und bis das ganz gelungen war, hatte Hiob etwa einen halben Liter magisch angereicherter Eigenmagensuppe mit Ananasstückchen in eine rote Plastikschüssel erbrochen. Diese stinkende Soße wiederum nutzte er dazu, sich den gesamten entkleideten Körper damit einzureiben. Echter Schamanismus ist kein Thema fürs Vorabendprogramm. Die Eigenurin-Selbstheiler sind da, obschon noch weit im Dunkeln tappend, immerhin in der richtigen Richtung auf dem Weg.
    Die ganze Wohnung stank jetzt erbärmlich nach süßlichem Erbrochenen, aber das war Hiob völlig egal. Er fühlte sich deutlich besser. Je unangenehmer ein Heilmittel, desto überzeugender ist natürlich der Placebo-Effekt. Er schnitt mehrere Supermarkt-Plastiktüten auseinander und bereitete sich dadurch eine wasserdichte Lieg-Unterlage. Heizung volle Pulle, er würde sich ja, obwohl nackt, nicht zudecken können. Und so lag er dann da den Rest des Tages, in seiner eigenen Magensäure mariniert, aber das Brennen in den offenen Wundstellen lenkte ihn von dem Jucken der noch geschlossenen ab, und er bildete sich lächelnd ein, es ginge ihm besser. Er schlief sogar ein. Die Heizung bullerte bis fast zum Durchglühen, als ob irgendwo angekettete, kohleschweißige Titanen um ihr Leben schippten. Hiob hatte auf dem nach Bier riechenden Tütenplastik einen Traum von Widder, der so bizarr erregend war, dass sein im Schlaf aufgepumpter Schwanz zu zucken begann, als würde er gleich ejakulieren. Die Hitze war großartig bei etwa 35 Grad. Das ältere Ehepaar, das über Hiob wohnte, sonderte im Schlaf salzige Säure ab und fiel irgendwann geil übereinander her, ohne zu wissen, warum. Der Hiob im Hiob öffnete die Augen. Der Hiob im Hiob im Hiob öffnete die Augen. Der Hiob im Hiob im Hiob im Hiob öffnete die Augen. Erkenntnis.
    Was für ein Idiot ich doch bin.
    Mit einem gequälten Schrei sprang Hiob auf. Noch dunkle Nacht. Er kam auf die Beine, die Füße, die Fußsohlen. Das war zu viel. Kreuz und quer platzte das überlastete Fleisch seiner Sohlen auf, die Schmerzen rasten funkend aufwärts wie Sperrfeuer von Fliegerabwehrkanonen. Hiob knallte auf die Knie, der Schmerz wurde noch stärker, sein Oberkörper ruderte haltlos nach vorne, fast brach ihm beim Aufprall der steife Penis ab. Überall zerriss die Haut wie die

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