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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Monatstaschengeld nicht leisten konnten, katapultierte sich Hiob siebzig Jahre in die Vergangenheit, um der rituellen Abschlachtung einer Landeierfamilie von der ersten Reihe aus beiwohnen zu dürfen. Oder er setzte sich selbst auf einen elektrischen Stuhl und jagte volle Pulle Strom durch, nur um der elektromagnetischen Essenz eines Perverslings nachhecheln zu können. »Ich muss doch wohl bescheuert sein«, brummte Hiob in den Spiegel, und der akne-gesichtige Kerl auf der anderen Seite nickte.
    Immerhin hatte er jetzt mit dem Eco was zu lesen, und nicht zu knapp. Bislang an Verschwörungstheorien nur vage interessiert, weil das Ganze doch meistens eh nur die Hilflosigkeit derjenigen ausdrückte, die keinerlei Ahnung von der wirklichen Magie der Weltordnung hatten, war Hiob jetzt durch die Sache mit den Merowingern ein bisschen angespitzt worden. Vielleicht hatte der italienische Semiotikprofessor mit seiner Fleißarbeit ja ein paar interessante Fakten und Zusammenhänge aufgetan.
    Aber es war mühsam, das Buch. Zu statisch, intellektualistisch distanziert für Hiobs Geschmack, der mehr anfangen konnte mit der Keine-Gefangenen-Literatur von Andrew Vachss, Mickey Spillane, Rimbaud, Baudelaire, Joe R. Lansdale oder Rex Miller. Am liebsten waren ihm eigentlich Comics. Wenn man einen harten Manga kaufte oder was von Garth Ennis, Grant Morrison, Todd McFarlane, Keith Giffen oder den drei Mills (Pete Milligan, Frank Miller und Mark Millar), bekam man die dreifache Dosis Vollkontakt für sein Geld. Und er hatte sogar Spaß an den etwas differenzierteren Sachen von John Ney Rieber und James Robinson. Rieber deshalb, weil The Books of Magic irgendwie doch eine ganze Menge mit Hiob selbst zu tun hatten, trotz aller Niedlichkeit und dem Fairy-Ultra-Touch, und Robinson, weil Starman – der coolste Superheld aller Zeiten – nun wirklich Ähnlichkeit hatte mit Hiob selbst im echten Leben. Hiob hatte sogar schon mal darüber nachgedacht, sich eins der Starman-Tattoos auf die Schulter machen zu lassen, aber irgendwie war das wohl doch zu weit weg vom Spiel. Heutzutage ließen sich doch alle tätowieren, das war schon wieder richtig spießig. Es wäre vielleicht sinnvoller gewesen, sich den ganzen Körper Kwaidan-mäßig mit mächtigen Bannsprüchen tätowieren zu lassen als mit reinem Kiddie-Zierrat.
    Im Augenblick jedenfalls trug er feiste Pusteln auf der Haut. Das war wenigstens was Eignes. Die Salbe stank nach Chemie, sie war bestimmt Hunderttausenden von Kaninchen in die aufgeklemmten Augen geschmiert worden, bevor sie lächelnd über einen Apothekentresen gereicht werden durfte. Das brachte alles überhaupt nichts, Hiob beschloss, sich selbst was zusammenzubrauen. Er war zwar kein Alchimist, aber vielleicht konnte er ein paar Fetzchen Aurenenergie mit irgendeinem guten Bindemittel – zerstoßenen Hühnereierschalen zum Beispiel – erden und was damit anfangen. Morgen, verdammt. Wenn die Salbe nichts brachte.
    Die Salbe brachte nichts, außer dass sie am Körper trocknete und Hiobs Nacht-T-Shirt sowie sein Laken mit ätzenden Bröselchen vollkrümelte. Er war extra früh zu Bett gegangen, weil er sich nach der durchwachten Nacht davor zerschlagen und irgendwie aus dem Tag-Nacht-Gefüge getrümmert fühlte, aber dann hatte er wieder stundenlang nicht schlafen können, weil das Jucken immer stärker wurde und er etwa alle halbe Stunde in einen hektisch zappelnden Kratzrausch verfiel. Jetzt hatte er extra viele Salbenkrümel im Bett.
    Das Erwachen war besonders übel. Es war schon später Vormittag, vielleicht zwei oder drei Stunden echter Schlaf waren Hiob vergönnt gewesen. Er kratzte sich noch schlafend unbewusst an der Brust und erwachte dann davon, dass seine Fingerspitzen plötzlich nass waren. Ächzend schlug er die Augen auf. Kein Blut. Wundwasser. Die Pusteln auf seiner Haut hatten sich zu nässenden Quaddeln zusammengeschoben, die man aufkratzen konnte, bis man in zerfetzter Haut und eitrigem Nass herumrührte. Es war widerlich. So ähnlich fing Lepra an. Und es gab kein Entkommen. Die Quaddeln juckten wie tausend kleine Teufel, aber wenn man sie aufkratzte, schmerzte das wunde Fleisch darunter, als hätte man sich dort verbrannt.
    Der Blick in den Rasierspiegel brachte Hiob fast dazu, ins Waschbecken zu kotzen. Die schleimgefüllten Beulen saßen im ganzen Gesicht verteilt wie fette Käfer mit schillernder Haut, mindestens fünfzehn Stück. Unwillkürlich entfuhr ihm das seltene Wort: »Hilfe!«, sagte er leise und

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