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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Oberfläche eines zerschmettert werdenden Puzzlespiels. Nervenenden schrien in hysterischer Agonie. Hiob sank durch die Auslegware in schlachthausfarbene Ohnmacht. Was für ein Idiot ich doch bin. Was für ein Idiot ich doch bin. Was für ein IDIOT ich doch bin.

IV
    Er kam wieder zu sich, natürlich. Tod wäre jetzt eine Gnade gewesen, und der Herr des Wiedenfließes kannte so was wie Gnade nicht.
    Er war eine zersprungene Vase, deren Einzelteile nur deshalb nicht zu solchen zerfielen, da sie sich gegenseitig noch zu einer Art Oberflächenspannung stemmten. Er konnte sich kaum noch bewegen. Die ädrigen Risse, die seine Haut und sein Fleisch zerfurchten, waren überall etwa einen Zentimeter tief, also eingreifend genug, um mit krustigem Blut geflutet zu sein. Jede Bewegung ließ an den benötigten Gelenken neue Risse entstehen und alte aufbrechen und bluten. Allein das bewegungslose Liegen auf seiner eigenen zerplatzten Bauchseite tat so weh, als wäre der Teppich ein rotglühendes, mit Salzsäuresenf bestrichenes Fakir-Nagelbrett.
    Prognosticon 11 hatte schon längst begonnen, schon an dem Tag, als die ersten Pusteln aufgetreten waren. Der Dreh dabei war diesmal nur gewesen, dass ihm niemand Bescheid gesagt hatte. Er würde (und war ja jetzt auch) schon selbst drauf (ge)kommen. Er selbst war diesmal das Prognosticon. Diesmal kämpfte er gegen sich selbst, die Hinfälligkeit des eigenen Leibes, die Vergänglichkeit allen Fleisches. Und wie geistreich amüsant das war. NuNdUuNs Vasallen prosteten ihrem großen Meister wahrscheinlich gerade anerkennend zu. War das nicht wieder einmal eine ganz exorbitant geschmackvolle Idee gewesen, einen lästigen Burschen namens Hiob dem Beispiel seines biblischen Namenspatrons nachzuschicken? Als Junge schon hatte unser Hiob die entsprechende Stelle in der Bibel wieder und wieder gelesen: Da ging der Satan hinweg vom Angesicht des Herrn und schlug Hiob mit bösem Geschwür von der Fußsohle bis zum Scheitel. Und Hiob nahm eine Scherbe, sich damit zu kratzen, während er mitten in der Asche saß. Welch angemessene Prüfung für einen Spieler, dessen Eltern die bodenlose Blödheit besessen hatten, ihrem kleinen Sohnemann einen so übel besetzten Namen zu geben. Bravo, Wiedenfürst, diesmal kommt der Hochmütige nicht mehr auf die Füße und kann sich wahrlich nicht beklagen, dass Ihr weithin gegangen seid mit Euren Plagen. Ihr nahmt nur seinen Namen und gabt ihm mit, was seins war von Geburt.
    Und wie hatte der untersinnliche Satan das fertiggebracht? Hatte er Hiob irgendwas eingeflößt, irgendeinen Bannzauber über seine Behausung oder sein Bett verhängt? Nein, das wäre zu aufwendig gewesen. NuNdUuN musste ja aufpassen, dass ihm die Schiedsrichter nicht in den Nacken stiegen, wenn er zu viel Macht gegen den Spieler selbst ins Spiel brachte. Alles musste tricky sein, durch ein Hintertürchen, eine vergessene Verbindung, einen Gummiparagraphen. Also hatte NuNdUuN nicht Hiob selbst angegriffen, sondern dessen Magie, die, wie alle Magie, aus dem Wiedenfließ stammte. Es gibt keine saubere Magie auf dieser Welt, und alles, was schmutzig ist, untersteht NuNdUuN. Der Feind ging vor wie die Gaswerke früherer Tage, als sie dem geruchsneutralen Stadtgas einen übelriechenden Aromastoff mitgaben, der es den Menschen ermöglichen sollte, gefährlich ausströmendes Gas wenigstens erschnuppern zu können, bevor man sich aus Ahnungslosigkeit mitsamt Küche und Familie in die Luft jagte. Der Geruchsbeistoff hatte keinerlei Auswirkung auf den Brennwert, nur auf die Todesopferstatistik. So war das jetzt auch mit Hiobs Magie. Sie funktionierte genau wie eh und je, nur dass NuNdUuN ihr etwas beigemengt hatte, auf das Hiobs Körper allergisch reagierte.
    Im Normalzustand war Hiob nur einem leichten astralen Simmern ausgesetzt. Er war zwar ein magisch entwickeltes Lebewesen, aber seine Aura war nur sehr schwach. Also äußerte sich die Allergie nur mit ein paar Pusteln und unangenehmem Jucken, obwohl die Symptome langsam schlimmer wurden, da sich NuNdUuNs schädlicher Zusatz akkumulativ im Körper anreicherte. Der Herrscher über alles, was nicht natürlich war, wusste, das Hiob das Naheliegende tun würde, nämlich versuchen, sich selbst mit Magie zu heilen. Und das war der Coup de Grace. Die Dosis an Gift, die Hiob sich damit selbst versetzte, war, wenn nicht tödlich, so doch hoch genug, eine vorzeitige Entscheidung herbeizuführen. Technischer K.O. in der zwölften Runde. Hiob weinte jetzt – er

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