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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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auseinanderhalten. Ich leg die Karten auf den Tisch: Die meisten meiner Jungs glauben, das wahnsinnige Rudel hat sich gegenseitig umgebracht. Ich bin nicht dieser Meinung, denn das ergibt nach der ganzen Philosophie Bernadette Jurows überhaupt keinen Sinn. Ich bin der Meinung, wir hatten es hier mit der irrsinnigsten Serienkiller-Bande in der Geschichte der Bundesrepublik zu tun, und mit einer mindestens ebenso irrsinnigen Gruppe von Leuten oder vielleicht sogar einer Einzelperson, die Messias spielte und diese Bande Stück für Stück ins Jenseits beförderte.«
    »Und diesen Schwachsinn wollen Sie ausgerechnet mir anhängen? Warum ich? Weil ich Maler bin? Hat Ihnen ein Maler mal die Freundin ausgespannt?«
    »Das Tagebuch weist Sie als Verdächtigen Nummer eins auf. Aber Sie irren sich in mir: Das Tagebuch ist kein Gesetzbuch für mich. Die Sache ist ganz einfach: Falls Sie nichts verbrochen haben, haben Sie von mir nichts zu befürchten. Falls Sie sich aber tatsächlich angemaßt haben sollten, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen und Blut zu vergießen in meiner Stadt, dann versenke ich Sie eigenhändig in einer Lebenslänglich-Einzelzelle und werfe den Schlüssel in den Landwehrkanal. Haben wir uns verstanden?«
    Hiob machte eine lässige militärische Grußgeste. »Sir, jawohl, Sir. Was kommt jetzt? Bücherverbrennung?«
    »Wir sprechen uns noch, Montag. Ich werd ein Auge auf Sie haben.« Mit ziemlich kraftvoll wirkenden Bewegungen stapfte Seelot zur Tür. Hiobs Gedanken waren ein einziger Vollwaschgang. Was er nun überhaupt nicht brauchen konnte, war ein Bulle, der ihm wie eine Zecke im Genick saß. Der ihn vielleicht sogar wegen rein irdischer Gesetzesübertretung aus dem Verkehr ziehen konnte. Der ihn dazu zwang, aus Berlin zu verschwinden und das Leben eines Geächteten zu führen. Aber was konnte er jetzt tun? Es hatte überhaupt keinen Zweck, einen Suggestionsblock zu versuchen. Spätestens wenn Seelot wieder in seinem Büro anlangte und dort seine Unterlagen studierte, würde er anfangen, sich darüber zu wundern, warum er so gut gelaunt und so voller herzlicher Zuneigung zu dem völlig friedliebenden Bürger Montag dessen Wohnung verlassen hat. Das verdammte Tagebuch. Bernadette hatte nie erwähnt, dass sie eins führte. Vielleicht war es ihr peinlich gewesen, zu kleinmädchenhaft diese Angewohnheit. Jetzt war es zu spät, es verschwinden zu lassen. Die Bullen hatten es eh schon gelesen. Hiob überlegte, ob er irgendwelche Spuren an einem der fünf Tatorte zurückgelassen hatte, die zu ihm hätten führen können. Nein. Die öffentliche Toilette, der Holzstab, das Benzin, der Knoblauch, das nächtliche Zu-Kreuze-Kriechen. Keine Zeugen, keine Spuren. Nur dieses Scheiß-Tagebuch mit seinem Namen drin. Hoffentlich hatte Bernadette die Lage der Gruft nicht genau beschrieben. Offensichtlich nicht, sonst wäre Seelot ja schon dort gewesen. Die Wohnungstür schlug zu. Der Bulle war gegangen. Hiob war Jack the Ripper, über hundert Jahre später und bislang heil davongekommen, doch seit heute wurde er erpresst.

b) sondern doppelt schief
    Der Winter endete wie ein Witz, den ein Betrunkener erzählt. Plötzlich und ohne Vorwarnung gab es ein paar knallheiße Tage, dass man schon dachte, der Frühling wäre ausgefallen und stattdessen gleich der Sommer in den Winter geschrammt, aber es waren nur wenige Tage, nur Augenwischerei. Danach beliebte die Zeit in einem grauen, lichtlosen, kühlen Nichts zu verenden.
    Hiob, ohnehin schon nicht gerade als mental ausbalanciert bezeichenbar, vermutete seit dem Eindringen des Cops in seine Intimsphäre überall Spione und Überwacher. In Fußgängerzonen – und wenn er ungeschickterweise auf die Boulevards der Etablierten geriet – blieb er manchmal sogar unvermittelt stehen, um wie ein Filmheld der vierziger Jahre in einer getönten Schaufensterscheibe darauf zu achten, ob fünfzehn Schritte hinter ihm ebenfalls jemand ruckartig stehen blieb und einen durchtrainierten Unauffälligkeitsgestus einlegte. Aber nichts. Vielleicht waren die Observierer ja viel diskreter, fuhren in einem Lieferwagen neben ihm her oder saug-zoomten ihn von einem Hubschrauber aus direkt in ihre Pupillen. Vielleicht aber hatte Seelot gar nicht die Ressourcen, eine dermaßen aufwändige Beobachtungsaktion durchzuziehen. Vielleicht war er ja – wie er es, aber vielleicht geschickt die Unwahrheit sagend, angedeutet hatte – tatsächlich ganz allein und verfolgte eine mittlerweile erkaltete

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