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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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echte Hiob Montag ins Gras gebissen hätte. Dann würde hier ’ne Party steigen, ein Walpurgisrave erster Ordnung, darauf kannst du wetten. Aber der eigentliche, der zweite Beweis ist der hier.« Stöhnend wie ein Greis stemmte Hiob sich hoch und taperte gebückt zum Licht zurück. Als er den roten Leuchtknopf drückte, konnte Kamber erst gar nichts sehen, dann schälten sich die Umrisse, dann der Inhalt eines zerrupft und gekrümmt am Lichtschalter lehnenden, blutverschmierten und im Gesicht übel verquollenen Hiob aus der aggressiven Lichtflut heraus. Von dem anderen Hiob war nichts geblieben außer einer flachen Schicht flockigen Staubes auf dem Boden, mit ungefähr menschlicher Kontur.
    »Das sind die Überreste seiner Kleidung«, erklärte Hiob, wegen seiner aufgeplatzten und angeschwollenen Lippen immer noch lispelnd und rötliche Speichelfäden sabbernd. »Der Körper selbst bestand nur aus verstofflichter Aura und hat sich beim Exitus exekutiert, aber die Kleidung war aus irgendwas gebildet, wahrscheinlich Staubpartikel aus der Luft, und da liegen sie nun. Sieht aus wie in so ’nem Hammer-Vampirfilm, hm?« Mit dem Fuß schlieferte Hiob durch den Staub, bis nichts Menschliches mehr im Umriss zu erkennen war. »Der echte Hiob – ich! – hätte mich wohl kaum so ordentlich aufgelöst. Ich würde vielmehr eine fiese, stinkende, erst starr werdende, dann langsam mumifizierende Leiche abgeben.«
    »Dann du bist aus Fleisch und Blut.«
    »Yo.« Hiob humpelte wieder neben Kamber zurück. »Im Augenblick allerdings mehr aus Blut als aus Fleisch. Die ganze Sache hätte sehr viel angenehmer und leichter für mich werden können, wenn du mir im Kampf beigestanden hättest.«
    »Ich hätte vielleicht den Falschen erwischt.«
    »Schon möglich. Jedenfalls – ich bin der, der die ganze Zeit hinter dir war, der mit dir im Auto gefahren ist. Der zweite Hiob, aus deiner Perspektive. Verprügelt hast du den Richtigen, also den Falschen. Und wahrscheinlich hätte ich ihn ohne deine gründliche Vorarbeit nicht so ohne Weiteres besiegen können. Ein Kampf zwischen zwei genau gleich starken und genau dieselben taktischen Gedanken denkenden Gegnern kann sich ziemlich hinziehen. Insofern ...«
    Kamber war aufgestanden und klopfte sich den Hosenboden ab. »Ich verschwinde jetzt hier. Was hast du vor?«
    »Was denkst du denn? Ich will hier auch weg. Wäre nett, wenn du mich zu mir nach Hause fahren könntest. So wie ich aussehe, werde ich in öffentlichen Verkehrsmitteln wohl keine große Zukunft haben.«
    »Hm-m. Jetzt weiß ich auch mit Sicherheit, dass du der echte Hiob bist.«
    »Wieso?«
    »Na ja. Der Falsche hätte mir was erzählt von wegen dass er eine Überraschung hat für Myriem und sich bei ihr bedanken will und so’n Zeug. Hätte mir eigentlich sofort spanisch aufstoßen müssen. Der echte Hiob ist der, der selbst vor Myriems Wohnungstür keinen Gedanken an sie verschwendet, der ihr nicht mal die Freude machen würde, sie sein demoliertes Gesicht abtupfen zu lassen. Der echte Hiob, das ist der, der sich über seine eigenen verschrobenen Heldentaten in Begeisterung plappern kann, aber im Nu vergessen hat, wem er so manches zu verdanken hat.«
    »Hey, bist du sauer auf mich? Entschuldige mal – ich hab gerade deiner werten Frau Schwester das Leben gerettet!«
    Kamber sah auf Hiob herab und schüttelte den Kopf. »Manchmal bist du wirklich ein Arsch. Aber deine Prügel hast du dir ja schon selbst verabreicht. Also komm, stütz dich auf mich. Ich bring dich nach Hause.«

c) Epizentrum
    Diesmal saßen sie sich gegenüber, in kniender Sitzhaltung, in einem durch Reispapierwände abtrennbaren Separée eines vornehmen japanischen Restaurants. Sie aßen beide mit Stäbchen, tauchten erst Sashimi in diverse selbstgerührte Saucen und wurden dann am niedrigen Tisch von einem diskreten Koch mit Sukiyaki versorgt.
    Hiob hatte sein Haar in einem Pferdeschwanz gebändigt und sah mit seinen weißen Heftflastern an Unterlippe und über einer Augsbraue und mit seinem immer noch blaugrün unterlaufenen rechten Auge ein bisschen wie eine Frank-Miller-Figur aus. Er trug einen schlabbrigen schwarzen Pullover und ebenfalls schwarze Jeans. Kamber dagegen war wieder in einem gutgeschnittenen Anzug erschienen, in sehr dunklem, Licht förmlich schluckenden Blau. Zum Essen hatte er das Anzugoberteil ausgezogen und auf seine Schuhe gelegt, sodass Hiob den Seidenstoff des rauchgrauen Hemdes schimmern sehen konnte. Dieser Zug zur kostspieligen

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