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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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auftauchten, kam er nirgendwo mehr ran, ohne von Dutzenden von johlenden Händen in dieselbe Irrenanstalt verfrachtet zu werden, in der jetzt wohl auch Taddeo Serrano in eine Zwangsjacke sabberte.
    Nein, es blieb nur zweitens. Und zweitens war: Er musste über sein natürliches Lungenvolumen hinaus dort unten unter Wasser bleiben und den unweigerlich eintretenden Tod mit Hilfe von magischer Energie so lange ablenken und beschäftigen, bis der Job getan war und er lebend wieder die Oberfläche durchstoßen konnte.
    Bisher hatte Hiob noch nie bewusst versucht, sein astrales Sicherungsnetz voll auszutesten, bis zum Tod und darüber hinaus. Er war zwar vor relativ kurzer Zeit beinahe draufgegangen, als NuNdUuNs Viruskrankheit ihn körperlich und seelisch zerfressen hatte; da war sogar für Momente der Eindruck gewesen, dass seine Seele sich klebrig vom Körper löste, der Augenblick des Todes also schon hinter ihm gelegen hatte. Aber das war ein Unfall gewesen, ein Schock, nichts, was von ihm willentlich herbeigeführt worden war. Diesmal, jetzt sich dem Sog zu überantworten, würde bedeuten, mit geschlossenen Augen von der Brücke zu springen und einem Bungeeseil zu vertrauen, auf dem Made in Wiedenfließ stand. Hiob hatte wenig Anhaltspunkte dafür, ob es ihm überhaupt möglich war, sich selbst vom eigenen Sterben zu distanzieren, oder ob er da unten nicht genauso zappelnd verrecken würde wie die Kinder. Noch allzu gut konnte er sich an die Anfangsphasen seines Spiels erinnern, als er bei jeder Gelegenheit auf Knien rutschen musste, um seinen Gegner um den einen oder anderen astralen Zuschuss anzuflehen. Irgendwann dann hatte er damit aufgehört, weil NuNdUuNs Preise zu unverschämt gewesen waren und jede kleinste Handreichung des Fürsten Hiob tiefer in die Scheiße trieb. Er hatte sich immer mehr auf seinen Instinkt und seine Entschlossenheit verlassen und immer weniger auf seine ihm regeltechnisch zustehenden Zinsen aus dem Fließ. Aber jetzt fiel ihm nichts anderes mehr ein. Der Weg war sonnenklar. Der Weg war furchtbar. Er führte nach unten, in die höhnisch gebreiteten Lederschwingen des Feindes.
    Das Gewitter gemahnte ihn daran, dass er hier nicht in einer Hängematte hing und endlos Muße hatte, über das Dasein nachzusinnen. Kleinere verschachtelte Blitze führten eine Art Säbeltanz um die oberen Streben des Metallgerüstes auf, und Hiobs nasser Leib bildete sich schon ein, eine gewisse Ionisation der Stahlstreben prickeln spüren zu können. Also ließ er los, ließ seinen Anker nach oben durch die Armbeuge davongleiten. Rein instinktiv atmete er wieder tief ein, bevor er abtauchte, und ärgerte sich gleich darüber. Schließlich wollte er das Leben ja jetzt hinter sich bringen.
    Der Sog hatte ihn diesmal sofort, hatte nur auf ihn gewartet, dicht unter der Oberfläche auf der Lauer liegend wie eine Falltürspinne. Hiob machte sich schmal, aquadynamisch, ließ sich leiten, die Füße voran. Mit dem Kopf voran in irgendeinem unterseeischen Rotor zerhäckselt werden wollte er nun doch nicht.
    Die Furcht kam wieder, als das vertrübte Licht der Blitze zum reinen Nachbild auf den Netzhäuten verkam. Hier unten war wieder gar nichts mehr, das einem ein Gefühl der Sicherheit hätte geben können. Ertrinken. Hiob konzentrierte sich auf Mythologien des Ertrinkens. Dass es der schönste Tod von allen sei, erfüllt von einer unbeschreiblichen Ruhe und Gelassenheit und einem vielleicht in den Molekülen verankerten Bewusstsein der Heimkehr, der Rücküberführung in die einstige Heimat jeder Lebensform. Dass Meerjungfrauen kämen oder Delphine, um die Seele des Matrosen ins atlantische Paradies zu leiten. Dass etwas so Kleines sich in etwas so Großem immer vollständig auflöste. Dass dieser flüssigkeitsgefüllte Tunnel hier wirklich das war, wovon Sigmund Freud immer geträumt hatte.
    Die Mündung verschluckte ihn, rückprojiziertes Geschoss, das er war. Die kalten, nur von Moosen glitschigen, hintereinanderliegenden Betonringe des Kühlwasserrohres umfingen ihn wie die Körperglieder eines Regenwurms. Hier am Eingang hatten Hiobs schlenkernde Arme Aussparungen gefühlt für ein dort anzubringendes Gitter, aber dann hatte wohl einmal ein sehr, sehr kluger Mensch geäußert, dass es eigentlich gar keinen Unterschied machte, ob man im Inneren des Rohrs ertrank oder vorne gegen das Gitter gezerrt, und so hatte man sich die dementsprechenden Kosten einfach gespart.
    Hiob wollte jetzt einatmen, musste jetzt bald

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