Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
Beziehungskistenkomödie a là »Abgeschminkt« geraten, und der geballte Stumpfsinn hatte ihm umgehauen.
    »Heizt du eigentlich nie?«, fragte Kamber. »Hier drin ist es fast noch kälter als draußen.«
    Hiob, dem die Kälte nichts ausmachte, setzte sich auf der Matratze auf, indem er die raue Zimmerwand als Rückenlehne benutzte. Da er nichts anhatte, achtete er darauf, die Grenzen der muslimischen Schicklichkeit nicht zu verletzen, und schlug die Decke nur bis zur Hüfte zurück.
    »Ich wusste gar nicht, dass du einen Schlüssel zu meiner Wohnung hast.«
    »Hab ich nicht. Ich hab das Schloss so aufgemacht. Keine Sorge, nichts kaputt. Es gibt noch andere Arten von Magie als deine.«
    Hiob runzelte die Stirn und betrachtete die drei gutgekleideten Fremden.
    »Freunde von dir?«
    »Mach dir keine Sorgen. Sie werden niemandem verraten, dass du ein Magier bist. Ich hab es ihnen erzählt, weil sie ein Problem haben, bei dem ihnen nur ein Magier helfen kann. Wir sind also offiziell nicht hier, die Schweigepflicht ist gegenseitig.«
    »Verstehe. Geschäftsleute.«
    »Richtig, Herr Montag«, sagte der Älteste der drei, ein eleganter Fünfziger mit graumelierten Haaren und ebensolchem Schnurrbart, »und aus diesem Grund soll es auch nicht zu Ihrem Schaden sein, wenn Sie mir einen Dienst erweisen.« Sein türkischer Akzent war ziemlich stark, wenngleich seine Wortwahl einwandfrei und auf hochgestochene Art gebildet war. Er hatte wahrscheinlich schon vor Jahrzehnten bei exquisiten Privatlehrern Deutsch gelernt, sich aber später auf eine Geschäftsebene hochgearbeitet, die es ihm erlaubte, sich im Allgemeinen dolmetschen zu lassen. »Mein Name ist Ince, Neriman Ince. Ich handle mit Autozubehör und bin deshalb ein Geschäftspartner von Kambers Vater, ein Freund der Familie, genau wie Sie, Herr Montag. Normalerweise wäre ich alleine zu Ihnen gekommen, um Ihnen mein Anliegen vorzutragen, aber nachdem Kamber mir nicht genau verraten wollte, mit welcher Art von unnatürlichen Kräften Sie umgehen, hielt ich es für eine gute Idee, zu meiner Sicherheit zwei Freunde mitzubringen.«
    »Das verstehe ich gut.« Hiob grinste.
    »Wenn ich mich hier allerdings so umsehe, kann ich nichts erkennen, was sonderlich magisch wirkt. Eventuell hat mein junger Freund Kamber sich zu Übertreibungen hinreißen lassen, und ich bin umsonst gekommen.«
    »Herr Ince«, beschwichtigte Hiob mit ausgebreiteten Armen, »hat Reinhold Messner etwa die Spitze des Mount Everest in seiner Wohnung an der Wand hängen, nur um zu beweisen, dass er dort war? Wirklich gute Leute haben keine Statussymbole nötig.«
    Neriman Ince lächelte und deutete eine Verbeugung an. Hiob gefiel die Situation zunehmend besser. Er saß nackend im Bett wie ein indischer Ganges-Guru und hörte sich die Nöte von Leuten an, die um Hilfe ersuchend zu ihm gepilgert waren, obwohl ihr Monatseinkommen sicherlich jegliche montägliche Vorstellbarkeit überstieg und sie sich die teuersten Experten der Welt hätten leisten können. Wie hätte er so viel Respekt abweisen können?
    Mit einer Armbewegung, die eines Siddharta würdig gewesen wäre, lud er die Türken ein. »Bitte, erzählen Sie mir von Ihrem Problem, Herr Ince.«
    Neriman Ince sah seine beiden Begleiter an. Beide nickten. Der Geschäftsmann räusperte sich und sagte mit klarer Stimme: »Mein Sohn hat im Schlaf seine Seele verloren.«
    Hiob machte ulkige Bewegungen mit seinen Augenbrauen. »Und wofür soll das ’ne blumige Umschreibung sein? Hat er mit einer PKK-Aktivistin gerödelt?«
    Kamber zuckte leicht zusammen und schoss einen verweisenden Blick auf seinen Kumpel ab, der aber an dessen frechem Grinsen schlaff abprallte. Die beiden Begleiter Inces versteiften sich ebenfalls merklich, Ince selbst blieb jedoch ruhig. Er sah in diesen Momenten aus, als trüge er zu viel Kummer in sich, um jemals wieder Beleidigungen zu empfinden.
    »Es ist genau so, wie ich sage, Herr Montag. Keine blumige Umschreibung. Mein einziger Sohn Aydin hat im Schlaf seine Seele verloren.«
    Hiob dimmte sein Grinsen herunter. »Was genau ist passiert?«
    »Niemand weiß es. An einem ganz normalen Abend vor einer Woche ging Aydin zu Bett und kam am Morgen nicht mehr zu sich. Er ist in eine Art Koma gefallen, das die besten Ärzte sich lediglich als ›Hirnschlag‹ erklären können, aber das ist nicht möglich. Ich weigere mich, das zu akzeptieren. Aydin ist erst achtundzwanzig Jahre alt, er nimmt niemals Drogen. Er ist ein konzentrierter, fähiger

Weitere Kostenlose Bücher