Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer
bleiben, basta. Außerdem klang das Zeichen des Sohnes des Menschen wird am Himmel erscheinen gehörig nach Batman und der ganze Klabauter mit den fallenden Sternen wie eine vergessene Textstelle aus Starfish Rules . War doch immer wieder erstaunlich, was man so alles aus der guten alten Bibel rauslesen konnte.
Okay, weiter im Text. Markus 13 (Hatte es da nicht mal ’nen Film gegeben?), Vers 24 abwärts. Dieselbe Überschrift.
Und dann würden sie alle zusammen im Restaurant am Ende des Universums essen gehen.
Meine Fresse. Klang wirklich, als wäre der gute Byhn in seinen letzten Lebenswochen größenwahnsinnig geworden. Er sah sich wohl selbst als der wiederkehrende Menschensohn, als der wiederauferstandene ... Moment mal, genau, das ist es! Noch mal zurückgeblättert auf die ursprünglich von Byhn bevorzugte Textstelle, Lukasevangelium 21. Wie ging es danach weiter? Die weiteren Kapitelüberschriften: »Jesu Leiden und Sterben«, »Die Grablegung Jesu«, »Das leere Grab des Auferstandenen«. Bingo.
Jesus war ebenfalls an einem Freitag gestorben, und Montag ganz früh morgens fand man sein Grab leer. Grablegung am Todestag wie zu römischen Zeiten gab es heute nicht mehr, aber die Familie hatte ›den letzten Wünschen des ja schon seit langem Sterbenskranken‹ so weit wie möglich entsprochen und die Versenkung immerhin noch für den Sonntag organisiert. Wenn Byhn dann also – seinem gekreuzigten Vorbild entsprechend – am Montagmorgen nicht mehr im Grab zu finden sein wollte, musste er also im Zeitraum zwischen der Grablegung und morgen früh wieder hochkommen. Die ganzen Bibeltextstellen mit der verfinsterten Sonne, dem nicht scheinenden Mond und den fallenden Sternen deuteten auf Nacht hin. Heute Nacht also, wahrscheinlich zur Geisterstunde. Hiob blieben also noch etwa elf Stunden Zeit, sich eine Methode zu überlegen.
Es war jetzt dreizehn Uhr, und er saß immer noch zu Hause rum. Im hastig auseinandergenommenen Kleiderschrank fand sich nichts, was auch nur annähernd beerdigungstauglich aussah. (Hiobs einziges schwarzes Jackett war den verrückt gewordenen Hunden zum Opfer gefallen.) Bevor er also lange darüber nachdachte, ob er nun ein schwarzes T-Shirt zu dunkler Hose, oder besser ein weißes T-Shirt zu irgendeiner anderen Hose anziehen sollte, und als ihm klar wurde, dass seine früher mal weißen, jetzt grau zerfransten Sneakers sowieso nirgendwozu passten, ging er eben so, wie er ohnehin schon den ganzen Tag über rumgelaufen war: durchweicht, zerknittert, und mit einem T-Shirt von Ministry an. Das immerhin war ja was Geistliches.
Er kam natürlich fett zu spät, aber das war eigentlich ganz in Ordnung so. Den ganzen salbungsvollen Lebenslaufsermon in der Kirchhofkapelle hatte er damit gut übersprungen. Die Gemeinde drängelte sich schon unter dunkel dahinflitzenden Wolken an der Grube, und der Sarg dröhnte soeben ruckelnd in die Tiefe.
Dem Pfaffen war anzumerken, dass er schon lange kein so volles Haus mehr gehabt hatte. Mindestens siebzig schwarz gekleidete Personen wimmelten um das Erdloch herum, darunter einige von Rang und Namen. Als Großmeister hatte Byhn der Loge einige Jahre lang vorgestanden, und wie zum Beispiel die Freimaurer auch legten die Druiden großen Wert auf Kontakte und verdeckte Mitgliedschaften in allen relevanten öffentlichen Institutionen. Wahrscheinlich war die Anzahl derer, die Byhn so einiges zu verdanken hatten, aber sich hier nicht sehen lassen wollten, noch größer als die derer, die offiziell dazu stehen konnten.
Hiob fiel schon rein äußerlich etwas raus, deshalb hielt er sich im Hintergrund, dort, wo ein paar Büsche waren. Er konnte von dort aus Zante sehen, die in ihrer jetzt doch echten Trauer fast wieder so blass und attraktiv aussah wie früher. Einmal blickte sie auf und schien auch ihn zu sehen, aber sie erkannte ihn wohl gar nicht mehr. Oder Tränen vermilchten ihren Blick. Hardy nahm ihre Hand und flüsterte ihr ein paar beruhigende Worte zu. Auf Hardy war Verlass, Hardy war ein Guter.
Hellberger stand auch da hinten herum, kaum zu sehen zwischen ein paar jüngeren Adepten. Er hatte so eine Art Ornatskette umhängen und starrte finster auf die Grube. Niemand machte Fotos, aber dafür weinten ein oder zwei ältere Frauen, die vielleicht verwandt waren oder sonst wie verbunden.
Der furchtbar nervöse Pfarrer haspelte einen Allgemeinbrei herunter von ewiger Vergebung und Belohnung guter Taten, und Hiob ließ sich in seine eigenen düsteren
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