Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
Sie, ich will ja gar nicht bestreiten, dass dies hier womöglich Ihre Hütte ist, es ist nur ... es ist nur keine gute Idee, heute Nacht hier bleiben zu wollen.«
    »Was ist denn eine bessere Idee?«, mischte sich Nick ein, der jetzt die Tür hinter sich wieder richtig ins Schloss schob. »Draußen ist es schon so gut wie dunkel. Sollen wir etwa mit den Kindern wieder zurückmarschieren? Stundenlang? Bei dem Schneefall? Das ist Mord.«
    »Kommt doch sowieso nicht infrage, dass wir uns vertreiben lassen«, hakte Thilo etwas irritiert ein. »Wenn hier einer die Nacht nicht verbringt, dann sind Sie das.« Er deutete auf den Einbrecher. Der ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Wenn man durch dieses Fenster da schaut«, sagte er, »kann man eine andere Blockhütte in einiger Entfernung leuchten sehen. Vielleicht könnten Sie sich bis dahin durchschlagen.«
    »Warum sollte ich mich bis dahin durchschlagen? Das hier ist meine Hütte und ...«
    »Was fürchten Sie denn so, dass Sie sich hier so verbarrikadiert haben?«, fiel Nick Thilo ins Wort.
    Der Fremde überlegte eine Weile. »Wölfe«, meinte er. »Es gibt wieder Wölfe in dieser Gegend, seit die Grenzen europamäßig geöffnet wurden.«
    »Aha.« Weiterhin Nick. »Und Sie meinen, dass wir sicher wären vor gesamteuropäischen Wölfen, während wir uns zu der anderen Hütte durchkämpfen? Bedenken Sie bitte: Der Weg nach dort sieht von hier aus harmlos aus. Aber was ist, wenn ein Felsspalt dazwischen ist oder sonst eine Unwegsamkeit?«
    Der Fremde lächelte, man konnte es an der von hinten beschienenen Wölbung seiner Wangen sehen. »Verstehe. Sie haben sich so weit durchgekämpft, Sie wollen sich Ihr Recht aufs Fest in dieser Hütte nicht mehr nehmen lassen.«
    »Genau.« Der Fotograf nickte.
    »Verdammt wahr!«, polterte auch Thilo. »Und es gibt zum Teufel noch mal auch keine Handhabe, mit der Sie uns aus unserer eigenen Hütte vertreiben können. Oder wollen Sie etwa anfangen, auf die Kinder zu schießen, Sie ... asoziales Element!«
    Der Fremde hob das Gewehr ein Stückchen. »›Sie asoziales Element.‹ Auf Umgangsformen achten Sie also. Warum achten Sie dann eigentlich so wenig auf das Leben Ihrer ...«
    »Um Gottes willen, bitte!«, unterbrach Friederike flehentlich. »Es ist Heiligabend! Können wir uns denn nicht einigen? Sind wir denn nicht alle ... Christenmenschen?«
    Der Einbrecher legte den Kopf schief. »Christenmenschen? Ilona-Christen-Menschen? Ich sehe diese Talkshow nie.« Er betrachtete Friederike lange von oben bis unten. Plötzlich warf er das Gewehr auf eine Sitzbank. »Ach, scheiße, mir doch egal. Ich bin nicht meines Bruders Hüter. Bleiben Sie halt hier. Vielleicht können Sie sich ja sogar nützlich machen. Hat die Hütte hier irgendeinen Stromanschluss?«
    »Das geht sie ja wohl einen ...« begehrte Thilo auf, wurde aber wieder unterbrochen, diesmal von seiner Frau. »Unter dem Läufer dort ist eine Luke, die in einen Kellerraum führt. Dort gibt es einen Generator.«
    Der Fremde machte sich sofort an die Arbeit. Läufer beiseite. Luke auf, hinabgespäht in ungewissen Schwarzfrost. »Kennt jemand sich damit aus?«
    »Ich«, sagte Nils schüchtern.
    »Prima. Kümmer dich drum, Junge.«
    Thilo versuchte es noch mal. »Geben Sie hier bitte keine Befehle«, betonte er überdeutlich, »Sie sind vollkommen unbefugt hier eingedrungen.«
    Nick schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Vergiss es, Thilo. Friederike hat recht. Es ist Weihnachten . Fröhliche Weihnachten .«
    In den nun folgenden Minuten lief alles ein bisschen an Thilo vorbei. Alle kümmerten sich um irgendwas und machten sich nützlich, nur er nicht. Er starrte das Jagdgewehr an, das verwaist auf der Sitzbank lag. Der Generator fing an zu brummen, Zimmerbeleuchtung flackerte auf und rang den Kaminschein nieder. Draußen vor der Hütte erwachten vierundzwanzig Elektrokerzen zur milchigen Aura eines niedrigen Tannenbaums. Auch in der Hütte stand ein schon rustikal mit Holzäpfeln und Schnitzengeln geschmückter Baum, der nur noch verkabelt werden musste. Der Vermieter hatte wie jedes Jahr rechtzeitig an alles gedacht. Friederike kümmerte sich um den Kamin, der Fremde war offensichtlich ein Stadtmensch und hatte keine Ahnung davon, wie man ein richtiges Feuer macht. Nick und Antje verstauten die Vorräte in dem Drei-Sterne-Kühlschrank. Nils verdrahtete, nachdem der Läufer wieder über der Kellerluke lag, den Zimmerbaum. Pläne wurden gemacht und Rituale besprochen für

Weitere Kostenlose Bücher