Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale
wir es. Sobald Sie etwas Neues hören, Sie wissen, wie Sie mich erreichen?«
»Natürlich weiß ich das, verehrte Signorina. Und wenn ich es nicht weiß, weiß es Fabri, richtig?«
Sabrina nickte. »Ganz genau. Übrigens gehe ich heute Nachmittag mit seiner Mutter spazieren. Sie will mir eine Bank zeigen, unter einer Kastanie, eine Bank für magische Augenblicke.«
Viberti wischte sich über die Stirn. »Luciana ist eine liebe, herzensgute Frau, aber ich glaube, sie ist nicht mehr ganz richtig im Kopf.«
»Mag sein, aber ich habe es ihr versprochen.«
»Sie halten Ihre Versprechen? Das höre ich gerne«, sagte Viberti erfreut.
»Warum?«
»Unser Mittagessen in der Trattoria della Posta. Sie wissen schon, die gefüllten Wachteln in Barolo-Sauce.«
63
I n den wenigen Minuten, die Hipp benötigte, um aus dem Haus eine Flasche Wasser und zwei Gläser zu holen, hatte der junge Avvocato aus Mailand den alten Bauerntisch in der Pergola zu einem Büro umfunktioniert. Ein Büro, bei dem Weintrauben von der Decke hingen und Flecken von Rotwein und Olivenöl die Arbeitsfläche zierten. Das Notebook war schon aufgeklappt und eingeschaltet, ein großer Block und eine Ledermappe lagen bereit, ein Montblanc-Füller, das Handy in Griffnähe, ein Taschenrechner, ein PDA , zwei Aktenordner. Hipp war beeindruckt. Dr. Balducci verschwendete keine Zeit. Das war gut so, umso eher konnte sich Hipp wieder in seinen Liegestuhl begeben. Aber dieser Termin war wichtig, weniger für ihn, vor allem für Luca und Mira Pertini. Die Kanzlei von Dr. Balducci vertrat in Europa die juristischen Interessen von Valentino Winery, Napa County, Kalifornien, USA . Nach den langen Telefonaten, die Hipp gestern mit Sabrinas Vater geführt hatte, war dieser in wenigen Stunden, noch am späten Nachmittag, auf Hipps Vorschlag eingegangen und zu einer Entscheidung gelangt. Er hatte Luca in der Klinik angerufen und nach seinem freudigen Einverständnis sofort die Kanzlei in Mailand kontaktiert. Mit einem Anteil von vierzig Prozent würde sich die Valentino Winery an der Tenuta del Leone beteiligen, mit einer Option auf weitere elf Prozent. Ein Brunello hatte im breit gefächerten Sortiment von Roberto Valentino noch gefehlt. Und gleichzeitig war Luca Pertini all seiner Probleme ledig. Um den akuten Liquiditätsengpass bei der Banca Agricultura zu überbrücken, war eine erste Anzahlung bereits transferiert. Jetzt mussten die Details ausgehandelt, die erforderlichen Papiere besorgt, Verträge aufgesetzt, Unterschriften getätigt und ein Notartermin vereinbart werden. Vorher aber sollte Hipp diesen Dr. Balducci über die weniger justitiablen, gleichwohl wichtigen Hintergründe ins Bild setzen.
»Mr. Valentino erwähnte einen Mann mit zwielichtigem Charakter, einen gewissen, wie war doch gleich der Name?« Dr. Balducci blätterte nervös in seiner Mappe.
»Dr. Friedrich von Lausitz«, half ihm Hipp auf die Sprünge, »ein in der Tat unerfreulicher Zeitgenosse.«
»Dr. Lausitz, richtig, ein in Montalcino lebender Deutscher. In welchem Zusammenhang steht dieser Mensch mit unserer geschäftlichen Transaktion?«
»In keinem unmittelbaren, aber er ist sozusagen der Auslöser. Er hegt seit längerem den ausgeprägten, um nicht zu sagen krankhaften Wunsch, die Tenuta del Leone zu erwerben. Weil aber Luca Pertini nicht verkaufen wollte, vor allem nicht an ihn, setzte er ihm immer massiver zu, übte psychologischen Druck aus, schüchterte ihn ein, sorgte dafür, dass der Bankkredit aufgekündigt wurde, warb den Kellermeister ab, versuchte, zunächst den Tod von Eva-Maria auszunutzen, dann Pertinis Schlaganfall …«
»Ich werde sofort eine Strafanzeige veranlassen«, unterbrach ihn Dr. Balducci aufgeregt, »auch ohne gesicherte Beweislage.« Er griff zu seinem Handy. »Europa wächst zusammen, aber so weit sind wir noch lange nicht, dass ein Deutscher einem ehrbaren italienischen Weinbauern die Daumenschrauben ansetzt, nicht in Italien, nein. No, proprio no!«
»Bitte warten Sie einen Moment«, bremste Hipp Balduccis Tatendrang. »Es freut Sie vielleicht zu hören, dass ich einiges unternommen habe, um Lausitz nicht nur das Handwerk zu legen, sondern ihn für geraume Zeit aus dem Verkehr zu ziehen.« Hipp lächelte. »Sozusagen als Nachbarschaftshilfe und dessen ungeachtet, dass Lausitz bedauerlicherweise ein Landsmann von mir ist.«
»Scusi, so habe ich das nicht gemeint. Ich habe in meiner Erregung vergessen, dass Sie ja auch …«
»Macht nichts. Um
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