Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc«, kommentierte Zorzi ihre Bestellung. »Achtzehn Monate in Barriques aus französischer Eiche«, ergänzte Hipp. Eine Bemerkung, die ebenso überflüssig wie belanglos war, aber die Absicht verfolgte, das Gespräch mit Zorzi in Gang zu halten. Tatsächlich entspann sich eine anregende Diskussion über die Weine in der Toskana, in der Emilia-Romagna und im Piemont. Hipp widerstand der Versuchung, Zorzi auf den gefälschten Barolo anzusprechen, darum sollte sich der Maresciallo kümmern. Vielmehr steuerte er das Gespräch ganz allgemein auf die Aktivitäten von Delicatezze dall’Italia. Dazu aßen sie Tortellini in brodo di cappone und Stinco di vitello. Zorzi erzählte, dass es mit der Exportfirma nicht zum Besten stehe, dass sie sich kurz vor der Pleite befinde. Obwohl er das schon vom Avvocato Romagnosi wusste, tat Hipp überrascht. Dass er dabei an die E-Mails von Steinknecht auf Rettensteins Computer denken musste, die ein völlig anderes Bild zeichneten, behielt er für sich. Zorzi verwies darauf, dass er eine erfolgreiche Essigfabrik besitze, was ihn der finanziellen Sorgen enthebe. Auch das schien Hipp zweifelhaft, jedenfalls hatte Zorzi noch vor kurzem von Rettenstein ein Darlehen benötigt. Aber er wollte den guten Mann nicht verhören, er war damit zufrieden, sich einen Eindruck zu verschaffen – und das Mittagessen zu genießen.
Natürlich sprachen sie über die merkwürdigen Umstände des Todes von Rettenstein und auch über den bizarren Fundort von Steinknecht. Erwartungsgemäß hatte Zorzi keinen Verdacht, konnte sich nicht vorstellen, dass es da einen Zusammenhang gab. Nein, um seine Person mache er sich keine Sorgen. Hipp dachte, dass diese Sorglosigkeit nur dann glaubhaft wäre, wenn Zorzi selbst der Täter wäre. Aber danach sah es nicht aus, jedenfalls nicht im Falle Rettensteins.
Dass es bei Rettenstein eine Erbin geben sollte, war Zorzi natürlich bekannt, aber er habe sie noch nicht kennengelernt, ihre Interessen würden von einem Anwalt in Alba vertreten.
Das Essen gestaltete sich trotz der schwierigen Themen angenehm. Zorzi gab bereitwillig Auskunft, schließlich war ihm bekannt, dass Hipp für Rettenstein noch einen Auftrag zu erledigen hatte. Auch wenn er gerne gewusst hätte, worum es dabei ging, schaffte es Hipp, sich an einer Erklärung vorbeizudrücken. Was denn mit seinem Ferrari passiert sei, fragte er stattdessen.
Zorzi lächelte. »Sie wissen davon? Nun, das ist in der Nacht passiert, in der Steinknecht ermordet wurde. Wir waren in Parma beim Abendessen. Bei der Heimfahrt nach Modena habe ich etwas Gas gegeben.«
»Sie haben die Pferde galoppieren lassen.«
»Ganz genau. Dabei haben sie sich offenbar übernommen, die Pferde. Jedenfalls hatte mein Ferrari urplötzlich einen kapitalen Motorschaden. Und als ich ihn auf der Standspur ausrollen ließ, gab es zu allem Überfluss rechts vorne einen Schlag wie von einer Explosion. Ich habe noch meinen Vorderreifen davonfliegen sehen, dann bin ich in die Leitplanke gekracht. Mir ist nichts passiert, war ja nicht mehr schnell.«
»Glück gehabt«, stellte Hipp fest.
»Ja, gewaltiges Glück. Wäre mir die Vorderradaufhängung fünf Minuten vorher um die Ohren geflogen, säße ich hier nicht mehr am Tisch.«
»Und ihre Firma hätte auch ihren letzten Gesellschafter verloren«, konstatierte Hipp. »Vielleicht sind Sie doch gut beraten, besser auf sich aufzupassen.«
Sie beendeten ihr Mittagsmenü mit einer Crostata di Amarena, versprachen in Kontakt zu bleiben und verabschiedeten sich.
35
B aica bin!«, rief Carlo dem Hund zu. Profumo stromerte vor ihm durch den Wald, machte einen Abstecher zu einer Pappel und nahm dann wieder Kurs auf eine Eiche.
»Baica bin, Profumo, baica«, spornte ihn Carlo an, bewusst dieselben Kommandos verwendend, wie sie der Hund von seinem Schwager kannte. Er erwartete hier nicht wirklich, Trüffeln zu finden. Vielleicht einige kleine, aber keine Tartufi, die es sich zu verkaufen lohnte. Ihm ging es vielmehr darum, Profumo zu testen und an sich zu gewöhnen. Die Therapie an der Università dei Cani da Tartufo hatte dem Hund gutgetan. Er war nicht mehr so nervös und reagierte auf seine Befehle. Mehr oder weniger zuverlässig, denn so richtig folgsam war kein Trüffelhund. Wie konnte er auch? Wenn der Trüffelsucher mit dem Barot auf eine Stelle zeigte, gleichzeitig der Duft eines Tartufo von einer anderen Seite lockte, dann musste sich der Hund für den
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