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Hirngespenster (German Edition)

Hirngespenster (German Edition)

Titel: Hirngespenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Keller
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Mutter.«

    Bereits am nächsten Tag entließ man Anna auf eigenen Wunsch aus dem Krankenhaus. Man attestierte ihr einen Nervenzusammenbruch, ausgelöst durch das Schreien der Tochter in der Nacht und chronische Schlafstörungen. Ich fragte Anna, was sie im Arbeitszimmer gesucht und warum sie alles so entsetzlich zerwühlt hatte.
    Sie könne sich nicht erinnern, erhielt ich zur Auskunft. Sie habe einen Nervenzusammenbruch gehabt, das hätte mir der Arzt doch sicher erklärt, das komme eben manchmal vor. »Silvie, kein Grund zur Sorge«, sagte sie, »du weißt doch, mit mir gehen manchmal die Gäule durch.«
    Ich hörte mir das nur kopfschüttelnd an. Irgendetwas schien ihr tatsächlich das Hirn zu vernebeln.

    Wenn sie mir etwas zum Experimentieren geben, ein Kästchen zum Beispiel, in das man etwas hineintun kann, oder einen Schlüssel, den ich in ein Türschloss stecken kann, dann bin ich lange beschäftigt. Ich weiß, was ich mit diesen Gegenständen früher angestellt habe, und es tut mir gut, dass sie mir die Möglichkeit geben, in Erinnerungen zu schwelgen. Es ist auch gut für meine weitere Entwicklung, sagen die Ärzte: Je schneller ich in der Motorik vorankomme, desto wahrscheinlicher ist es, dass auch mein Sprachzentrum in Gang kommt. Ich bin mittlerweile selbst verzweifelt, dass mir außer »a-a-a« und »o-o-o« kein Wort über die Lippen kommen will. Außer eins, das kann ich mittlerweile richtig gut, und zwar das Wort »ja«. Das ist schon enorm hilfreich. Zum Beispiel, wenn sie mich fragen, ob ich noch etwas essen möchte, dann sage ich: »ja!«. Und wenn ich nichts möchte, schüttle ich einfach den Kopf. Bedeutendere Fragen stellen sie mir leider nicht. Sie könnten mich zum Beispiel fragen, ob ich weiß, was aus Anna geworden ist – dann würde ich vehement den Kopf schütteln. Und würden sie mich dann fragen, ob ich mal in den Keller will, um die Fotoalben raufzuholen, damit ich ihnen Anna zeigen kann und sie endlich mal über sie reden, dann würde ich ganz laut »jaaa!« rufen, denn nichts will ich lieber! Aber sie fragen mich das alles nicht. Meistens, wenn sie abends zusammenhocken und quatschen und ich was erfahren könnte, dann bringen sie mich ins Bett, wollen mich nicht dabei haben. Nur wenn Sabina auf ihren Messen unterwegs ist, dann darf ich länger dabei bleiben, dann lässt Johannes Ole und Nils länger auf, und die beiden zeigen mir, wie lieb sie mich haben, küssen mich auf den Mund und auf den Bauch, bis ich lache. Oder sie führen mir vor, was sie Schönes gebaut haben, und auch die Bücher, die sie mögen, zeigen sie mir – wir blättern stundenlang gemeinsam darin herum. Ich bin so stolz auf Nils, er kommt bald in die Schule.
    »Sabina?«, fragte Nils neulich, als wir in sein Buch guckten. »Meinst du, die Mama weiß, dass ich bald in die Schule komme?«
    Sabina blinzelt immer, wenn er solche Fragen stellt. »Ganz sicher weiß sie das«, sagte sie liebevoll und streichelte mir die Wange. »Stimmt’s, Engel?«, fragte sie.
    Ich strahlte sie an. »Jaa«, nickte ich, das stimmt!

Sabina
    Der erste Kuss ging daneben, sie stießen mit den Zähnen zusammen, weil Sabina nicht aufhören konnte zu grinsen. Der zweite Kuss fiel schon besser aus.
    »Bin aus der Übung«, murmelte Sabina, und Alex zog sie an sich, küsste sie unbeirrt weiter. Langsam tastete sich seine Zunge zwischen ihre Lippen, sein warmer Atem strich an ihrer Wange entlang, und Sabina rückte ebenfalls näher an ihn heran. Und da war es wieder. Johannes' Gesicht poppte in ihrem Kopf auf, und sie öffnete schnell die Augen.
    »Was ist?«, fragte Alex und betrachtete sie verunsichert. »Alles in Ordnung?«
    »Doch, doch!«, beteuerte Sabina und schloss wieder die Augen. Dieser Mistkerl. Wollte sie doch mal sehen. Alex' Finger schoben sich unter ihr T-Shirt und arbeiteten sich zielstrebig an ihrer Wirbelsäule nach oben, bis sie den BH-Verschluss erreichten.
    Ach herrje, dachte Sabina, jetzt geht's zur Sache. Nur nicht zu viel denken, einfach mal locker bleiben. Entschlossen fuhr sie ihm mit der Hand ebenfalls unters T-Shirt. Wäre doch gelacht! Der Appetit kommt beim Essen, so hieß es doch. Alex schien die Sache nicht schnell genug zu gehen, oder aber er missinterpretierte ihr Näherrutschen mit purer Leidenschaft. Seine Zunge fuhr heftig in ihrem Mund herum, und seine Hände begaben sich nun auf den Weg zu ihren Brustwarzen. Sabina entfuhr ein Quieken, mit einem Satz rückte sie von ihm ab.
    »Was ist?«, fragte Alex

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