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Hirngespenster (German Edition)

Hirngespenster (German Edition)

Titel: Hirngespenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Keller
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ändern.«
    Ich raufte mir die Haare. Zwei Millionen! Und jetzt hatte sie nichts! Kein Geld, kein Haus. Und sie war schon ohne diese Neuigkeiten komplett durch den Wind. Einzig die Autoversicherungen hielten mich noch oben, ich war froh, dass wenigstens der entstandene Schaden an Auto und Krankenhaus versichert war.
    »Wir müssen es ihr sagen«, sagte ich mehr zu mir selbst. »Und meinen Eltern.« Ich hätte heulen mögen. So vieles war zum Heulen, auch wenn ich Matthias nicht sonderlich gemocht hatte, den Tod hatte ich ihm sicher nie gewünscht. Die Kinder hatten ihren Vater verloren, Anna ihren Mann. So viele Dinge, um die man sich kümmern musste, allen voran Anna selbst. »Wir müssen seine Eltern anrufen«, sagte ich wieder.
    Jens sagte: »Da fährt man am besten hin, so eine Nachricht, die überbringt man persönlich.«
    »Ich nicht!«, rief ich. »Ich habe diese Leute vielleicht dreimal in meinem Leben gesehen!«
    »Wenn du mir den Ort sagst, wo sie wohnen, dann rufen wir den dortigen Pfarrer an; er soll die Nachricht überbringen.«
    »Was du alles weißt«, sagte ich.
    »Wir helfen Anna«, erwiderte er und küsste meine Nasenspitze.

    Am Nachmittag kam die Kripo. Ratz hatte einen älteren Kollegen dabei, einen dicken Kerl mit Schnurrbart, den er als »Spurensicherung« vorstellte. Im Bart des Dicken hatten sich Brötchenkrümel verfangen. Ich überlegte gerade, was ich mit einem Kollegen machen würde, der mir nicht sagte, dass ich Krümel im Bart hatte, als Ratz plötzlich loslegte: »Wir ermitteln wegen fahrlässiger Tötung und hätten noch ein paar Fragen.«
    Ich schnaubte. »Fahrlässige Tötung? Es war ein Unfall!«
    Er musterte mich ohne ein weiteres Wort, und ich fragte: »Muss meine Schwester aufs Revier?«
    Er schüttelte den Kopf. »Sie darf nur nicht verreisen, muss für die Ermittlungen zur Verfügung stehen. Wie ich schon im Krankenhaus andeutete, müssen wir der Sache mit dem Bärlauch nachgehen. Die Obduktion hat ergeben, dass neben Bärlauch und Herbstzeitlosen auch andere Kräuter im Salat waren. Zumindest kleinste Spuren davon waren noch vorhanden.«
    Ja, dachte ich, der Rest liegt im Klo.
    »Es ist wichtig zu wissen, woher diese Kräuter und der Bärlauch kamen. Erst dann können wir die Ermittlungen wegen der Vergiftung abschließen«, beendete er seine Ausführungen.
    »Ich wiederhole mich ungern«, sagte ich, »aber ist es nicht egal, weswegen er fast gestorben wäre, wenn er durch etwas anderes umgekommen ist ?« Unglaublich fand ich das. Ich ging in die Küche voraus und öffnete demonstrativ den Kühlschrank, ging davon aus, dort Reste von Kräutern in Zellophanpackungen aus dem Supermarkt zu finden, doch es waren keine darin. Die Beamten machten sich über den Mülleimer her, fanden Stiele von Kräutern und Bärlauch, die der Dicke mit einer Pinzette herauszupfte und in einen Plastikbeutel steckte.
    »Gibt es hier eine Art Kräutergarten?«, fragte Ratz.
    Ich lachte auf. »Es ist März!«
    Er ignorierte meine Bemerkung und warf einen Blick in den Garten. Da fiel es mir selbst auf, das Gewächshäuschen. Zog Anna darin tatsächlich Kräuter? Die Sache interessierte mich auch, doch bevor ich meiner Neugier nachgeben konnte, läutete es wieder an der Tür.
    »Mama!«, rief ich nach meiner Mutter, die immer noch aufräumte. Warum räumten die Leute eigentlich immerzu auf, wenn etwas Schlimmes passiert war?
    Vor der Tür stand ein schmaler, großer Typ mit Nerdbrille, etwas blass um die Nase, der sich als Markus Schüssler vorstellte. »Ich bin ein Kollege von Matthias«, sagte er und schüttelte mir die Hand. Offenbar hatte sich die Sache schon herumgesprochen. Weder er noch ich wusste, wer nun wem Beileid wünschen sollte, also sparten wir es uns. »Schrecklich, was passiert ist«, murmelte er. Ich bat ihn herein und wies ihm im Wohnzimmer einen Platz auf dem Sofa zu. Meine Mutter bot ihm einen Kaffee an, den er ablehnte, und setzte sich zu ihm. Ich entschuldigte mich kurz und lief den Beamten in den Garten hinterher, schielte durch die Scheibe ins Gewächshäuschen, in dem ein paar Kräuter bereits frisches Grün trugen. Der Dicke pflückte mit weißen Handschuhen von allem ein paar Stiele ab und steckte sie ebenfalls in eine Tüte. Dann stapften sie die Beete entlang, inspizierten mit zusammengekniffenen Augen jede einzelne Pflanze. Am Ende der Beete, wo die Bepflanzung endete und der Rasen sich bis zu einer hohen Tanne erstreckte, machten sie wieder kehrt und gingen zurück zur

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