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Hirngespenster (German Edition)

Hirngespenster (German Edition)

Titel: Hirngespenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Keller
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Und in unserem Telefonschränkchen liegt ein Adressbuch. Ist schon älter«, hauchte sie.

    Jens brütete lange Zeit über den verschiedenen Ordnern mit Versicherungen und Kontoauszügen, bat mich, verschlossene Umschläge zu öffnen, was ich einfach tat – Anna wäre ohnehin nicht dazu in der Lage gewesen. Während ich mich schließlich mit dem Trauerschreiben und den Adressen beschäftigte, brütete er den ganzen Nachmittag über den Aktenordnern und Kontoauszügen – Berge von Umschlägen türmten sich um ihn herum auf dem Schreibtisch auf. Schließlich bedachte er mich mit einem sehr sorgenvollen Blick. »Also, so wie es aussieht, hat er die letzten Versicherungsprämien nicht gezahlt – die Lastschriften konnten wegen mangelnder Kontodeckung nicht ausgeführt werden«, erklärte er und knirschte mit den Zähnen. »Das sieht nicht gut aus, Silvie.«
    »Du meinst, er hatte eine Lebensversicherung, hat aber die Raten nicht bezahlt, und jetzt gilt die Versicherung nicht?« Ich hielt mich an der Stuhllehne fest.
    Er nickte betreten. »Er hatte vier Lebensversicherungen. Davon sind drei Ausbildungsversicherungen für die Kinder. Im letzten halben Jahr hat er keine der Prämien mehr bezahlt. Hier sind etliche ungeöffnete Mahnschreiben der Versicherung. De facto besteht keine einzige Lebensversicherung, so wie es aussieht.«
    In meinem Kopf summte es. »Unfallversicherung?«, fragte ich lahm.
    Er hob die Schultern. »Ich hab keine gefunden. Wenn wir Glück haben, dann hat er eine über seine Firma. Allerdings versichern die im Normalfall nur Invalidität und nicht Todesfall. Wir müssen uns da erkundigen.«
    »Wie sieht es mit der Versicherung fürs Auto aus?«, fragte ich angstvoll.
    »Beide Wagen haben Vollkasko. Zumindest sind hier keine Mahnschreiben unter den ganzen rumliegenden Briefen. Abgesehen davon, dass hier ein absolutes Chaos herrscht – hier ist nichts an seinem Platz. Du weißt, ich bin auch nicht gerade der Allerordentlichste, aber hier findet man in jeder Schublade Briefe aus den letzten zwei bis drei Jahren. Alles durcheinander.«
    »Er hat seit zwei Jahren keine Ablage gemacht?«
    »Einen Teil hat er schon abgelegt. Aber anderes eben nicht – teilweise sind hier Schreiben drunter, die hat er nie geöffnet. Ich frag mich, ob er vergessen hat, wo er sie hingelegt hat. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er überhaupt wusste, dass die Versicherungen jetzt nicht mehr bestehen.«
    Ich dachte an Matthias' Worte im Dezember im Krankenhaus. Dass Anna alles durchwühlte und umsortierte, bis er nichts mehr wiederfand, und er deshalb das Arbeitszimmer abschließen musste. Ich legte den Kopf in die Hände, um nachzudenken.
    »Wenn es keine Lebensversicherung gibt, dann ist alles aus, Jens«, sah ich auf. »Oder hast du was übers Haus gefunden? Bestimmt ist es doch schon abbezahlt!«
    Er lächelte gequält. »Das vergiss mal. Das Haus ist alles andere als abbezahlt. Nichts hier gehört Anna wirklich. Wenn sie ganz großes Glück hat, dann geht sie bei einem Verkauf ohne Verlust raus. Ist aber eher unwahrscheinlich. Nach dem, was du erzählt hast, werden mit dem Bau dieser Sonderschule die Immobilienpreise eher fallen als steigen. Außerdem hat Anna hierauf sowieso keinen Einfluss, weil die Bank die Sache in die Hand nehmen wird. Ihr gehört das Haus nicht.«
    »Wie hoch müsste eine Versicherung sein, die Anna retten könnte?«, fragte ich gedankenverloren, mehr zu mir selbst.
    »Damit sie gar keine Sorgen mehr hätte und so weiterleben könnte wie bisher – jedenfalls bis die Kinder aus dem Gröbsten raus sind?« Er überlegte. »Ich rate immer zur doppelten Haussumme, aber das macht so gut wie niemand; die meisten versichern noch nicht mal die Kreditsumme. Ich würde sagen, mit einer Million könnte sie klarkommen, müsste sich aber bald einen Job suchen.«
    »Eine Million ?«, fragte ich. Ich hatte an drei- oder vierhunderttausend gedacht. »Und wie viel hatte er versichert?«
    »Zwei Millionen.«
    »So viel?«
    »Für beide. Wenn sie gestorben wäre, hätte er kassiert. Was bestimmt mit der Grund dafür ist, weshalb die Lastschriften der Versicherung nicht ausgeführt wurden. Für zwei Millionen zahlst du eine richtig hohe Prämie.«
    Ich überlegte. »Kann man da nichts machen? Die Prämie nachzahlen vielleicht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Die letzte Prämie wäre im Oktober fällig gewesen, jetzt haben wir März. Die Versicherung hat den Vertrag gekündigt, daran lässt sich nichts mehr

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