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Hirschkuss

Hirschkuss

Titel: Hirschkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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habe, rannte Nonnenmacher umgehend in Richtung der Toilette, als wäre eine wild gewordene Bache hinter ihm her. Den zurückgebliebenen Ermittlern erklärte Fritzenkötter ratlos: »Dass die Infektion über Wildfleisch erfolgt ist, irridiert mich. Denn wenn Fleisch infiziert ist, dann kommt des niemals in den Handel. Ich frage mich wirglich, wie die da ran’kommen sind!«
    »Könnte es sein, dass wir uns hier am Anfang eines riesigen Fleischskandals befinden? So wie neulich mit dem Pferdefleisch in der Lasagne?«, fragte Anne und sah Kastner und Fritzenkötter konzentriert an.
    Der Arzt schüttelte den Kopf. »Dass jemand infizierdes Fleisch in den Handel gibt, kann ich mir beim besten Willen net vorstellen.«
    »Das mit dem Pferdefleisch hat sich ja auch keiner vorstellen können«, warf Kastner ein.
    »Aber da bestand keine Gefahr. Des war letztlich nur ein Bedrug am Verbraucher.«
    »Und was ist mit dem Gammelfleischskandal?«, donnerte Nonnenmacher, der eben von der Toilette zurückgekehrt war. »Zweihundert Tonnen waren das damals in Wertingen, ich erinnere mich noch genau. Zwei-hun-dert Ton-nen Saufraß, die wo nicht einmal ein Tier mehr hätt essen dürfen. Und was machen die Verbrecher damit?«
    »Kebab«, sagte Kastner leise.
    »Kebab!«, wiederholte Nonnenmacher, er war jetzt ein verbales Fallbeil. Dann überlegte er einen Moment lang und sagte mit plötzlich viel höherer Stimme: »Kebab! Ja, fällt euch denn nix auf?« Anne, Kastner und Fritzenkötter schauten den Inspektionschef erstaunt an. »Aus was für einem Restaurant stammt denn unsere Vermisste? Hä?!«
    »Aus einem griechischen«, antwortete Kastner.
    »Genau!«, schrie Nonnenmacher triumphierend. »Und was kocht der Grieche gerne?«
    »Gyros«, antwortete nun Anne.
    »Kurt, du verwechselst das immer«, meinte Kastner schnell und ein wenig verzweifelt.
    Auch Anne schüttelte ungeduldig den Kopf: »Jetzt merken Sie sich das doch bitte ein für alle Mal, Herr Nonnenmacher: Kebab ist Türkisch, und Gyros ist Griechisch. Unsere verschwundene Frau Nikopolidou ist …?«
    »Griechin«, vollendete Nonnenmacher den Satz. »Aber ich meine trotzdem, dass das irgendwie zusammenhängt. Das ist doch kein Zufall – einerseits das Gammelfleisch und andererseits die Wirtschaft, in der man …«, er zögerte und nuschelte dann: »… Keb… also, Dings essen kann.«
    »Könnten wir vielleicht zu den Tatsachen zurückkehren«, bat Anne die Kollegen nun. »Wir wissen, dass das Fleisch im Magen der Toten Wildfleisch ist, welches mit Anthrax verseucht war. Also sollte uns als Erstes interessieren, wo die beiden Studenten das Fleisch herhatten. Ich schlage vor, wir gehen jetzt zu … Wie heißt der denn überhaupt?«
    »Pfosten«, sagte Fritzenkötter, was ihm drei erstaunte Blicke einbrachte. »Ja, was schauen Sie mich so an? Der Mann heißt Pfosten, Maximilian Pfosten! Was kann ich dafür, wenn der so heißt?«
    »Da schau her, jetzt liegen auch beim Herrn Doktor die Nerven blank.« Nonnenmacher verspürte offensichtlich wieder Oberwasser.
    Ohne auf diese überflüssige Aussage einzugehen, sagte Anne: »Na, dann wollen wir doch mal hoffen, dass Herr Pfosten wieder bei Bewusstsein ist.«
    Doch als die drei Polizisten gemeinsam mit dem Rechtsmediziner auf der Intensivstation am Bett des Kranken standen, beschlich Anne gleich ein schlechtes Gefühl. »Oh, oh«, meinte sie leise. »Der sieht aber gar nicht gut aus.«
    Maximilian Pfosten hatte sehr kurze Haare, wie mit einem Elektrorasierer geschnitten. Soviel man von seiner Gesichtshaut trotz des dichten braunen Vollbarts sehen konnte, war sie von einem ungesunden, käsig gelben Farbton. An Pfostens Armen hingen Infusionsschläuche, und auch in der Nase verschwand einer. Johnny Fritzenkötter genügte ein Blick auf den Überwachungsmonitor, um Alarm zu schlagen. Doch alle Maßnahmen, die von dem Mediziner und seinen Kollegen von der Station in den Folgeminuten ergriffen wurden, waren vergeblich. Der Student Maximilian Pfosten war tot.
    »Warum habt ihr net auf ihn auf’basst?«, schrie der beleibte Fritzenkötter die betretenen Schwestern an. »Der Mann is doch der Schlüssel zu allem! Wie sollen wir denn jetzt rausfinden, wo der und seine Dussi den Scheißdreck g’fressen haben, brunzverreck? Ihr seid doch alle Versager. Dodale Versager seid ihr!«
    Nonnenmacher legte Fritzenkötter seine bayerische Pranke auf die Schulter und meinte – gerade so, als hätte er selbst ein ausgeglichenes Temperament wie ein

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