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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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Wahrscheinlich war es eine Hure gewesen, mit der er sich vergnügt hatte.
    Den jungen Arzt umgab eine Unruhe und Trauer, die Garbrand nicht zu deuten wusste. Doch er kannte Jan Valkensteyn mittlerweile zu gut, um nicht erkennen zu können, dass er eine große Last auf seinen Schultern trug, die ihn in Augenblicken, in denen er sich unbeobachtet fühlte, förmlich niederdrückte. Seine Augen schimmerten dann wie ein Meer, das die Küstenlinie missachtete und sich einfach ins Land ergoss. Garbrand hatte schon zu viele Menschen gesehen, die unter der Last oder Schuld des Lebens zusammengebrochen waren. Er war ganz sicher, dass es in Jan brodelte und sein Leben deshalb eine Flucht war, er sich bewusst der Gefahr aussetzte, weil er längst alles verloren hatte, wofür es sich zu leben lohnte. Vielleicht war auch das der Grund, warum er fortwollte.
    Morgen früh verlasse ich die wirkliche Welt mit unbekanntem Ziel. Seit man mich aus dem Kloster geworfen hat, habe ich kein Zuhause mehr. Es ist egal, wo ich bin. Hauptsache, er ist in meiner Nähe, dachte Garbrand noch, als ihm der Weinkrug aus der Hand fiel, den Boden badete und er in einen traumlosen Schlaf fiel.
    »Los, raus!«
    Garbrand fragte sich eben, wie lange er schon geschlafen hatte, der Turmuhr nach konnte es nur eine kurze Zeit gewesen sein.
    »Wir müssen weg!
    Garbrand hielt sich den Schädel. »Kann nicht!«
    »Dann seid Ihr ein toter Mann. Also kommt, wir dürfen keine Zeit verlieren. Kann es Euch nicht erklären, aber los jetzt, ich konnte den Schiffer überzeugen, schon jetzt abzulegen.«
    Als Garbrand sich nicht rührte, riss Jan ihn hoch. »Es gab einen Toten, und es kann sein, dass man mir nun den Mord in die Schuhe schiebt.«
    Garbrand raffte seine Sachen zusammen, und kurze Zeit später wurden sie vom Nebel Amsterdams verschluckt.
    Dudernixen, der Landrichter Schemering und Hinrich Krechting standen schon früh am Morgen im Keller der Gödenser Burg vor dem aufgebahrten Leichnam von Ascheburgs. Jemand hatte ihn notdürftig gesäubert, der Bauch war mit grobem Sackleinen abgedeckt, was den fauligen Darmgeruch jedoch nicht überdecken konnte. Es stank bestialisch.
    Krechting hielt sich ein feuchtes Tuch vor den Mund, hoffte vermutlich, sich so zumindest etwas vor dem Gestank zu schützen. Dudernixen blieb erst im Eingang des Kellers stehen, um sich daran zu gewöhnen. Kerzen flackerten unruhig an den Wänden, malten bizarre Schatten daran. Zusammen mit dem Geruch entstand eine gruselige Atmosphäre, die durch das Flüstern der Männer noch verstärkt wurde. Keiner wagte es, in Anwesenheit des Toten laut zu sprechen.
    Als sich die drei gesammelt hatten, zog der Landrichter das Sackleinen von dem Toten. Er war noch vollständig bekleidet, aber aus dem aufgeschlitzten Hemd, das er trug, hingen Fetzen seiner Gedärme. Jemand musste sich mit seinem Dolch oder Messer im Leib des Mannes ausgetobt haben. Abschließend hatte man ihn ausgeweidet und die Reste aus der Körperhöhle hängen lassen.
    Krechting wandte sich schon nach kurzer Zeit ab, und auch Schemering kämpfte mit dem Würgereiz. »Deckt ihn ab!«, befahl Krechting. »Wir haben genug gesehen.«
    Schemering warf das Leinen wieder über den Leichnam und nickte dem Totengräber zu, der sich in der Ecke des Kellers verborgen gehalten hatte. Dann verließen die drei Männer den Raum so rasch es ging. Noch beim Herauseilen warf Krechting sein Tuch, das er vor die Nase gehalten hatte, in die Ecke.
    »Das war ein grausamer Mord«, sagte Schemering, als sie kurze Zeit später in seinem Amtsraum beisammen saßen. »Oder gibt es andere Meinungen?«
    Dudernixen und Krechting schüttelten den Kopf.
    »Die Frage ist: warum von Ascheburg?« Der Bader kratzte sich am Kopf.
    Krechting nickte zustimmend, schwieg aber.
    »Der Täter hat eine Spur von bloßem Hass hinterlassen. Aber warum?«, wandte Schemering ein. »Wer zum Teufel hasst den Mann, der die Herrlichkeit mit uns zusammen zu Reichtum und Wohlstand bringen sollte? Er war ein rechtschaffener Mann, der viel für die Leute hier getan hat.«
    Krechting schwieg noch immer, schien nicht willens, sich an der Diskussion zu beteiligen. Dudernixen musterte die beiden. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie wussten, in welcher Richtung die Lösung lag, es aber vor ihm, dem einfachen Bader, nicht aussprechen wollten.
    »Es muss ein kräftiger Mensch gewesen sein«, gab Schemering zu bedenken.
    »Wenn er von Ascheburg zuerst von hinten angegriffen, ihm das Messer oder

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