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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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ihres überstürzten Aufbruches zu tun. Er glaubte tatsächlich, er könne es verbergen. Es gelang ihm vielleicht, andere zu täuschen, aber Garbrand hatte in seiner Zeit im Kloster gelernt, Menschen genau zu beobachten und auf sie einzugehen, sodass Jan Valkensteyn ihm nichts vormachen konnte.
    Sie waren nun schon einen vollen Tag unterwegs. Gestern hatten sie die Flut genutzt und waren mit ihr ausgelaufen. Der Wind war günstig gewesen, sodass sie ein gutes Stück vorangekommen waren, bevor die Ebbe sie zwang, sich trocken fallen zu lassen. Mit einsetzender Flut waren sie weitergesegelt.
    Garbrand fühlte sich nicht wohl auf dem merkwürdigen Schiff, mit dem sich die Holländer erst durch das Ijsselmeer, dann unterhalb der Inseln an der Küste entlang bewegten. Er hatte sich zuerst sogar geweigert, auch nur einen Fuß auf die Planken zu setzen. Es erschien ihm zu unsicher, mit einem Boot zu fahren, das keinen Kiel hatte und auf der Wasseroberfläche lag wie ein leicht gebogenes Brett. Der kleinste Sturm konnte es zum Kentern bringen.
    »Es muss auf diese Art gebaut sein, sonst kann es nicht im flachen Wasser fahren, sie müssen die Gezeiten voll ausnutzen. Außerdem ist es so möglich, mit dem Schiff sämtliche Häfen anzulaufen, auch wenn sie nur seichte Zufahrten haben.« Jan war unendlich geduldig gewesen und hatte schließlich erreicht, dass Garbrand nicht zurück in die Stadt gegangen war. Warum der Arzt sich so viel Mühe mit ihm, der gescheiterten Existenz, gab, wusste der Mönch nicht.
    Jetzt sah Garbrand sich wieder sehr misstrauisch um. Achtern gab es erhöhte Plattformen, worunter sie ihre Schlafmatten aufgehängt hatten. Meist fuhren sie unter Segeln, doch auch drei Riemenpaare sorgten für das richtige Manövrieren. Das Schiff war mit verschiedenen Waren beladen. Tuche, Wolle, Butter, Salz, Bier, Käse und Getreide lagen gestapelt im zentralen Frachtraum, der fast die Hälfte des Schiffes einnahm. Die Waren sollten nach Emden verschifft werden.
    Dort würden Garbrand und Jan auf ein anderes Boot umsteigen und weiter an der Küste entlang bis in die Jade und schließlich ins Schwarze Brack schiffen. Eine lange und beschwerliche Reise, an Gefahren nicht zu unterschätzen. Garbrand fürchtete sich vor einem Sturm oder davor, dass sie nicht mit der aufkommenden Flut vom Schlick aufsteigen würden, sondern das Meer sie einfach überspülen würde.
    Jan hatte die Augen zusammengekniffen, die Hände ineinandergefaltet und knetete die Finger. Er hatte Garbrand auf seine Bemerkung noch keine Antwort gegeben, und der erwartete eigentlich auch keine. Jan war so, er kannte das schon. Doch jetzt drehte sich der Arzt zu dem Mönch um und sah ihm in die Augen. »Warum folgt Ihr mir wirklich? Wohin wir jetzt reisen, sind Leute wie Ihr nicht gern gesehen, das habe ich Euch schon gesagt. Es kann zu einer großen Gefahr werden.«
    Garbrand schwieg, wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Jan hatte ihn mehrfach gewarnt, aber die Gefahr an ihrem Ziel hatte er stets geringer eingeschätzt als die dieser unsäglichen Schiffsreise. Er rang mit sich, welche Antwort er Jan geben sollte. Die Wahrheit konnte dazu führen, dass er ihn mit Schimpf und Schande davonjagte und ihn in Emden seinem Schicksal überließ. Dort aber waren die papsttreuen Kirchenmänner alles andere als gern gesehen, er hatte sogar davon gehört, dass man sie komplett aus der Stadt vertrieben haben sollte. Es wimmelte dort von Anhängern der reformierten Kirche, und sogar Mennoniten, die in Holland verfolgt wurden, waren dort zu Hunderten versammelt. Er musste sich Jans Schutz weiter anvertrauen, und dazu gehörte, dass er über seine wahren Beweggründe schwieg.
    »Ich habe keine Heimat mehr, Ihr seid mein einziger Freund«, antwortete Garbrand stattdessen.
    Jan schlug ihm auf die Schulter. »Ihr seid ein treuer Mann, auch wenn ich Mönchen gegenüber bislang anders eingestellt war, ihnen keinen Fingerbreit über den Weg getraut habe.«
    Garbrand sah, dass es in ihm arbeitete. »Ich würde mein Leben für Euch geben«, sagte er zu Jan. »Und ich weiß, dass Ihr ein Geheimnis mit Euch herumschleppt.«
    Der Arzt hielt Garbrand die Hand hin. »Ich bin Jan. Ich vertraue dir wie kaum einem anderen Menschen. Um dich nicht in Gefahr zu bringen, ist es besser, wenn du nicht alles weißt. Aber du hast recht. Ich trage eine Botschaft bei mir, die ich sicher ans Ziel bringen muss, denn davon hängt das Lebensglück vieler Menschen ab.«
    Garbrand seufzte. In

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