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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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hin neutral verhält. Aber dieses Treiben«, ihre Stimme überschlug sich, »dieses Treiben hier, Krechting, gefährdet die ganze Herrlichkeit!« Sie ließ sich schwer atmend auf ihren Stuhl zurückfallen, legte die Stickerei wortlos wieder auf den Tisch und bemühte sich sichtlich, ihre Fassung zurückzugewinnen.
    »Johannes a Lasco will die Täufer aber doch nicht vertreiben«, sagte Krechting. »Ich kenne seine Haltung. Er will Abgrenzung, weil wir uns seinen Einheitstheorien nicht beugen. Aber er würde uns nie schaden. Abgrenzung«, setzte er noch einmal nach, »Abgrenzung, sonst nichts.«
    »Ich glaube nicht, dass Gräfin Anna auch nur einen Hauch von Kenntnis über all das hier hat. Dann aber Gnade mir Gott, wenn sie von Eurem nächtlichen Treiben im Burgkeller erfährt und dass anschließend einer von Euch auf diese Weise umgekommen ist! Ich will keine Toten mehr in der Herrlichkeit, und schon gar nicht wegen des Glaubens. Unsere Aufgabe liegt im Bau des Siels, des Deiches und der neuen Siedlung, damit wir hier zu Wohlstand gelangen und unsere Herrlichkeit, ja, ganz Ostfriesland, zu anderem Ansehen im Reich kommen lassen können.« Sie sah dem Juristen fest ins Auge. »Ihr müsst Münster vergessen. Ihr reizt einen Löwen, wenn Ihr mit dem Treiben nicht aufhört, wenn Ihr keine eindeutige Position bezieht, Krechting. Der Tod von Ascheburgs kann der Beginn gewesen sein, und das wisst Ihr selbst.«
    Aber Rothmann ist auf dem Weg, ging es Hinrich durch den Kopf. Er konnte doch jetzt nicht aufgeben, so kurz vor dem Erreichen des Ziels. Rothmann würde kommen, seine flammenden Reden halten, die Täufer neu organisieren, sie überzeugen, ihnen den echten und wahren Weg zeigen! Gräfin Anna würde sich beugen, er war sich sicher. Krechting lagen diese Worte auf der Zungenspitze, sie drohten der Witwe entgegenzuspringen. Doch er schwieg. Ohne Hebrich von Knyphausen hatte er keine Möglichkeit, auch nur den kleinsten Schritt in diese Richtung zu wagen. Er würde in den Abgrund stürzen. Bislang hatte er noch immer gedacht, die Herrin stünde hinter den Mennoniten und ihm. Doch nun wirkte sie kompromisslos, fast so, als habe sie Angst, dass alles zusammenbrechen könnte.
    Für die Häuptlingswitwe schien das Gespräch ohnehin beendet zu sein, sie griff nach dem Stickzeug, das sie zu sich auf den Schoß zog, und tätigte bereits die ersten Stiche. Doch dann legte sie die Stickarbeit für einen Augenblick zurück auf die Knie und sah Krechting lange schweigend an. Hinter ihrer Stirn arbeitete es angestrengt, das war unübersehbar. Schließlich holte sie tief Luft, begann dann sehr überlegt zu sprechen. »Es gibt nur einen Weg, ganz deutlich zu zeigen, wie Eure Gesinnung ist, Krechting. Ich habe schon mit Dr. Westerburg, dem Pfarrer, gesprochen. Ihr werdet vom heutigen Tag an nicht nur dem reformierten Glauben angehören, sondern gleichzeitig Armen- und Kirchenvorstand dieser Kirche sein!«
    Krechting prallte zurück, als habe die Witwe ihm ins Gesicht geschlagen. Sie dagegen wirkte, als habe sie sein Entsetzen nicht bemerkt. »Ihr werdet Euch für die reformierten Belange einsetzen und Euch in der Kirche um die Einhaltung der Ordnung und die Versorgung der Armen kümmern. Ich werde noch heute eine Epistel an Gräfin Anna verfassen, in der ich erkläre, dass Ihr Euch als Verantwortlicher für das neue Siel und den Deichbau von den hier lebenden Mennoniten abgrenzt, so wie a Lasco es wünscht, und dass Ihr ihn als Superintendenten sehr schätzt und seine Haltung sowohl gegenüber der katholischen Kirche als auch den Täufern begrüßt!«
    Sie wedelte mit der Hand, und Krechting empfahl sich wortlos. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Wie sollte, wie konnte er mit dieser Last leben?

Kapitel 5
    Garbrand rieb sich die Augen. Sein Rücken schmerzte von dem harten Lager. Außerdem war ihm übel, er konnte das Schaukeln des Schiffes nicht gut vertragen. Vor ihm stand Jan Valkensteyn, dem all das überhaupt nichts auszumachen schien. Er sah ausgeruht aus, fast wirkte er ein wenig überheblich, wie er im Morgenwind stand und der ihm das Haar aus dem Gesicht blies. Garbrand folgte ihm zur Reling. Das Wasser war unruhig, leichte Schaumkronen tanzten auf dem braun-grünen Meer. Ab und zu spritzte ein wenig Gischt auf.
    »Ihr wirkt zufrieden«, begann der Mönch das Gespräch. Er hätte schon gern gewusst, was Jan letzten Abend getrieben hatte. Manchmal umgab ihn etwas Geheimnisvolles, und das hatte nichts mit dem Grund

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