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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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keinen Bader mehr habt, Schemering, wer sorgt dann für die Gesundheit der Leute hier?«
    Der Jurist winkte ab. Ein bisschen zu lässig, Jan empfand die Geste als unglaubwürdig. »Die Marketenderin hat viel von Dudernixen abgeschaut. Außerdem kann er die Menschen ja notfalls trotzdem zur Ader lassen, bis ein neuer Bader aus Holland eintrifft. Denn der wird kommen, da habe ich keine Sorge. Wahrscheinlich ist längst einer darunter, der Dudernixen ablösen kann.«
    »Was ist mit der Hebamme? Wenn Ihr sie anklagt, kann sie nicht mehr heilen.«
    Schemering überlegte einen Moment. »Sie kommt doch aus Jever«, sagte er dann.
    Der Arzt verstand nicht.
    »Jever ist kaisertreu, da gibt es keine Täufer. Außer als Schimpfwort. Und sie war dort der Zauberei angeklagt. Eine angeklagte Toversche hier bei uns? Wer weiß, warum sie wirklich hier ist.« Es war ganz deutlich, dass Schemering in seiner Argumentation unsicher war und sich im Kreis drehte. »Es besteht Grund zu der Annahme, dass sie eine Spionin ist und etwas mit dem Mord zu tun hat. Zwietracht säen ist ja die Spezialität dieser Frauen.«
    Jan stöhnte innerlich auf. Da saß er einem gebildeten Mann wie Schemering gegenüber, und der gab Floskeln von sich, die er in jeder Dorfschänke hätte aufschnappen können. Und das nur, weil sie einen Schuldigen brauchten, damit es in der Gemeinschaft ruhig blieb.
    »Da ist aber noch etwas, was Ihr nicht bedacht habt, Schemering. Sie ist eine Frau und soll einen starken Mann wie von Ascheburg erstochen und dann so zugerichtet haben?«
    »Die Stichwunde kann auch von einem Weib stammen, das haben wir herausgefunden. Und diese Frau fürchtet das Blut nicht!« Schemering wand sich. »Angesichts der Umstände und der Zweckmäßigkeit neigen Krechting und ich allerdings dazu, unser Augenmerk auf den Jungen zu richten und sie zunächst in Ruhe zu lassen, bis ein neuer Bader oder eine neue Hebamme da ist.«
    Jan war von dieser Erklärung schockiert. Die Hebamme wurde nur deshalb verschont, weil sie noch gebraucht wurde? Im Notfall würde sie doch ihren Kopf lassen müssen, unschuldig oder nicht. Eine solche Art der Schuldzuweisung war verdammenswert. »Ihr sucht Euch den Mörder nach Gutdünken aus, Landrichter. Wo sind da Recht und Gesetz?«
    »Wir sind uns ja sicher, dass einer der beiden der Täter ist, nur verfolgen wir erst den einen und sehen dann, ob der andere auch etwas damit zu tun hat. Das ist rechtens.«
    Jan wollte von einer solchen Art der Tätersuche nichts wissen. Er würde gleich zur Burg gehen und die Hebamme suchen. Er war neugierig auf die Frau geworden. Und darauf, was für ein Junge es war, der die Gestalt eines Mannes hatte und doch noch in den Kinderschuhen steckte. »Warum habt Ihr sie oder den Knaben noch nicht festgenommen?«
    »Umsicht, Valkensteyn. Man muss abwägen und sorgsam vorgehen. Wir wollen unbedingte Ruhe im Lager. Koste es, was es wolle.« Schemering sah aus dem Fenster. »Es ist schon spät. Ich muss zur Burg.« Er stand auf.
    Jan erhob sich ebenfalls. »Wobei Ihr mir noch immer nicht die Frage beantwortet habt, warum Ihr nicht wenigstens den Jungen verhört habt, ob er etwas gesehen hat.«
    Schemering winkte ab. »Der Junge ist verrückt, kann doch nicht reden. Was sollte das bringen?« Er lachte hämisch auf. »Und außerdem: Diesen Schatten müsst Ihr erst finden!«
    Jan schürzte die Lippen. »Wenn es ihn denn überhaupt gibt! Ich sehe noch mal nach meinem Freund und komme anschließend nach.«
    Magda Dudernixen hatte die ganze Nacht wach gelegen und konnte sich auch jetzt am Morgen nicht durchringen, ihre Bettstatt zu verlassen. Sie hatte nach der Zusammenkunft nicht schlafen können. Es war ihr unheimlich, wie gelassen Melchior mit ihrer Schwangerschaft umging. Er wusste genau, dass dieses Kind nicht aus seinen Lenden gezeugt war. Es hatte wehgetan, als er über sie hergefallen war. Ohne Rücksicht auf ihren Zustand war er in sie eingedrungen, hatte sie gestoßen und hatte sich binnen kürzester Zeit in sie ergossen. Sein Saft hatte gebrannt, als habe er ihr Säure in den Unterleib gekippt. Es war keine Liebe, nur Macht gewesen. Sein Beweis, dass er trotz allem noch immer Herr der Lage war. Magda hatte es, wenn auch mit Abscheu, über sich ergehen lassen. Er war danach augenblicklich eingeschlafen. Magda konnte seinen Geruch nicht mehr ertragen. Der Ekel nahm überhand, sie hatte sich mehrfach übergeben müssen.
    Sie schloss die Augen, und wie in allen Tag- und Nachtträumen wurde sie

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