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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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du gehofft, ich lasse dich hier verdursten und verhungern?«, lachte der Scharfrichter. »Oh nein! Du sollst leiden, und dafür möchte ich, dass du bei klarem Verstand bist. Du nimmst mir sonst die ganze Freude!« Er nahm Hiske den Knebel aus dem Mund. »Ich bin schon verflucht. Mein ganzes Dasein ist es. Egal, welche giftigen Kröten mir nun noch aus deinem Satansmaul entgegenspringen: Es kann mir nichts mehr anhaben. Meine Stunden sind gezählt.« Trotz des dämmrigen Lichts war die fahle und teigige Haut des Scharfrichters unübersehbar.
    Hiske befeuchtete die Lippen mit der Zunge. Sie hatte keinerlei Interesse, den Scharfrichter zu beschimpfen, wollte ihn nicht noch mehr reizen, seinen ohnehin lodernden Zorn nicht weiter anstacheln. Er gab ihr so viel Wasser, bis sie keinen Durst mehr hatte, und fütterte sie anschließend mit Brot und Schinken. Danach umrundete er Hiske eine Weile und taxierte sie wie ein Fleischer das Stück Vieh, das er zur Schlachtbank führen wollte.
    Hiske hielt den Blick gesenkt. Besser, ihre Augen trafen sich nicht. »Wo sind wir?«
    »Im Kerker der Burg Gödens. Kerker sind genau der rechte Ort, um mit dir diese Dinge zu tun!«
    Hiske schluckte. Der Scharfrichter hatte ohne Zweifel Verbündete. Niemals hätte er sie sonst hierherbringen können. Auch nicht bei Nacht. Alles schien durchgeplant zu sein. »Wer hat dir geholfen?«, stieß sie hervor.
    Der Scharfrichter grinste. »Weil du ja ohnehin bald nicht mehr unter denen weilen wirst, deren Herz schlägt, verrate ich es dir. Du hast in der Neustadt nämlich auf einem Nest von Ottern, Würmern und anderem Schlangengezücht gelebt.«
    »Wer?«, fragte Hiske.
    »Der Mann, der den Menschen die höchste Wonne mit seinen Seifen beschert, hat dafür gesorgt, dass die Wachen den Kopf weggedreht haben.«
    »Warum tut er das?«
    Der Scharfrichter kicherte. »Angst, Hebamme! Angst! Ich weiß zu viel. Über die Mordnacht, über alles. Außerdem behauptet Ihr, sein Balg sei nicht am Fieber gestorben, sondern er habe doch ein wenig nachgeholfen.«
    Hiske sackte in sich zusammen. Dudernixen fürchtete sie also so sehr, dass er bereit war, ihren Tod in Kauf zu nehmen. »Wer noch? Anneke?«
    »Gut kombiniert, Toversche. Sie und ihre Hure haben auch Angst. Du hast deine Nase zu tief in ihr Leben gesteckt, und der Marketenderin bist du bei einem bestimmten Mann im Weg! Außerdem weiß ich zu viel von ihr. Viel zu viel.«
    »Sie hat dir gesagt, wann ich gehe und es dir durch Grieta mitteilen lassen?« Hiske entsann sich, wie Anneke das Mädchen losgeschickt hatte, während sie noch in das Gespräch vertieft gewesen waren, in dem die Marketenderin mehr von sich preisgegeben hatte, als gut war. Alles mit dem sicheren Wissen, dass Hiske bald nicht mehr leben und es weitererzählen würde.
    »So ist es«, bestätigte der Scharfrichter. »Und dieses kleine Biest habe ich gleich mit angestachelt. Es ist herrlich, wie beide, als seien sie Tanzbären, meiner Führung gehorchen.« Er sah sich um und stand auf. »Ich komme gleich wieder.«
    Hiske biss sich auf die Unterlippe, ihr Kinn zitterte. Sie hatte allen immer nur helfen wollen, und gerade Anneke stand tief in ihrer Schuld. Wie groß mochte ihre Wut auf sie sein, dass sie sich zu so einem Schritt hinreißen lassen hatte? Ihre Wut wegen der gestohlenen Liebe von Jan und dem Wortsammler. Und dann ihre Angst, Hiske könne sie bei Krechting wegen Lina und dem Duuvkehuus verraten.
    Es schepperte, als der Scharfrichter zurückkam.
    »Was wirst du mit mir tun?«
    »Das willst du gar nicht wissen. Hat mit deinen schönen Hebammenhänden zu tun, die dann aber nicht mehr so schön sind.«
    Hiske atmete tief ein. »Feuer?«
    »Ich dachte eher daran, zuerst deine Nägel einzeln zu entfernen, damit du mich nicht mehr kratzen kannst.« Der Scharfrichter zog eine Zange aus seinem Gewand hervor. Er zurrte die Ketten so fest, dass Hiske nun darin hing und sich nicht zur Wehr setzen konnte.
    Er setzte die Zange am kleinen Finger an und bog den Nagel nach oben, bis er sich aus dem Nagelbett hob. Hiske biss sich auf die Lippen, schmeckte Blut. Doch sie würde nicht schreien. Diese Genugtuung gönnte sie dem Mann nicht, der plante, sie Stück für Stück in ihre Einzelteile zu zerlegen.
    »Sag mir deinen Namen, Scharfrichter!«, stieß Hiske schließlich hervor, nachdem der brennende Schmerz ein wenig nachgelassen hatte. »Wenn ich dich in der Hölle wiedertreffe, will ich wissen, wer du bist.«
    »Lass dir den Namen auf der

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