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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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nie empfangen. Den habe ich auch den Mädchen gegeben. Wenn sie auf andere Dinge schwören, was soll ich machen?«
    »Es gibt etwas ganz Neues«, setzte Hiske an. »Dazu musst du zu den Fischern oder Schlachtern gehen.«
    Anneke verzog angewidert das Gesicht.
    »Ich habe von Därmen gehört, die der Mann sich übers Gemächt zieht, damit sein Nass nicht ins Innere der Frau kommt. Kümmert euch darum!«
    Anneke war blass geworden. »Dann kommt kein Kerl mehr.«
    Hiske schüttelte den Kopf. »Es geht nicht anders. Du kannst Fischblasen reinigen oder den Blinddarm eines Schafes. Auch der Magen von einem Schwein soll gute Dienste leisten. Schneide es auf die Größen zurecht und probiere es aus!«
    »Es darf doch keiner wissen, was ich hier mache!«, wand die Marketenderin ein.
    »Sag, du brauchst es zum Aufbewahren für verschiedene Dinge. Sollte aber doch das Nass eines Mannes in euch gedrungen sein, dann habe ich einen Kräutersud, der besser hilft als alles andere. Du kannst ihn dir bei mir abholen.«
    Anneke stand noch immer unschlüssig da. Sie schien über die unerwartete Hilfe Hiskes sehr überrascht.
    Die wandte sich nun zur Tür. »Und bitte: Lass Lina ihre Ruhe.«
    »Du hast gut reden, Hiske. Dir fällt alles zu, alle Welt schätzt dich, und du hast dein Auskommen.« Anneke drückte ihr einen Schap in die Hand. »Ich hingegen weiß oft nicht, wie ich an einen Scheffel Mehl oder ein paar Ellen Stoff für neue Kleidung kommen soll. Die Geschäfte gehen nicht gut. Was meinst du, warum ich das hier mache?«
    »Vergiss bitte nicht, dass man mich vor drei Jahren der Zauberei angeklagt hat, nicht dich. Du bist eine von ihnen, sie werden immer zu dir stehen, dich unterstützen, wenn du es nicht schaffst. Sogar dieses Haus hat Krechting dir gegeben.«
    »Damit ich nicht mehr als Duuvke arbeite!«
    »Du hast ein Haus, Anneke! Als alleinstehende Frau! Das ist mehr, als andere erwarten können. Befolge Krechtings Geheiß, und du wirst zur Ruhe kommen. Vielleicht findet sich ja auch ein Gemahl, dem nicht bekannt ist, was du gemacht hast.«
    Anneke lachte auf. »Und das aus deinem Munde, Hebamme. Selbst allein, selbst unverheiratet. Du bist älter als ich, und um dich hat auch noch keiner gefreit. Nicht mal Jan Valkensteyn.«
    Hiske zuckte zurück, als habe Anneke ihr mit einer Peitsche übers Gesicht geschlagen. Sie zog es jedoch vor, dazu nichts zu sagen. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, sich um einen Mann zu streiten. Zumal Anneke ja recht hatte. Er war gestern bei ihr geblieben und nicht mit Hiske gegangen. »Belaste dein Leben jetzt nicht, indem du ein Mädchen wie Lina in den sicheren Tod schickst, um dich selbst zu schützen!«, sagte sie nach einer kurzen Zeit betretenen Schweigens.
    Annekes Mundwinkel glitten nach unten. »Du spielst immer die Heilige, nicht wahr? Dabei hast du mir auch noch die Liebe des Jungen gestohlen. Er hört nicht einmal auf seinen echten Namen. Er heißt Balthasar, das weißt du. Balthasar, nicht Wortsammler! Was für ein unchristlicher Name!«
    Hiske drückte Anneke den Schap zurück in die Hand und versuchte, ihren Ärger nicht allzu deutlich zu zeigen. »Behalte ihn.« Sie wandte sich zur Tür. »Du weißt genau, dass er auf seinen richtigen Namen nicht hört. Es ist, als habe er seine Vergangenheit abgestreift, so wie ein Schmetterling aus dem Kokon klettert. Lass ihm sein neues Leben, auch wenn du darin keine Rolle spielst. Ich weiß aber, was du für den Knaben getan hast.«
    »So, weißt du das?« Annekes Stimme klang traurig. »Er würde ohne mich nicht mehr leben. Und der Dank ist, dass er so tut, als gäbe es mich nicht. Du machst es dir leicht, Hebamme.«
    Hiske trat einen Schritt zurück und nahm Anneke in den Arm. Die wand sich zunächst, sodass sie sich einmal im Kreis drehten. »Manchmal muss man im Leben loslassen. Schau nach vorn. Die Neustadt wird größer und reicher, immer mehr Menschen strömen ins Land, und so wird es auch dir bald besser ergehen.« Sie sah über Annekes Schulter zur Tür hinaus. »Sieh nur, eben werden neue Steine und Dachpfannen gebracht. Sie wollen jetzt die Straße zum Siel anlegen. Das Leben hält immer weiter auch gute Seiten bereit.«
    Anneke löste sich aus Hiskes Umarmung. »Was weißt du schon vom Leben? Warst du je allein?«
    »Ja, wenn du dich recht erinnerst, bin ich von einer anderen Hebamme, der Wangerin, aufgezogen worden. Ich kenne keine heile Familie, keinen Mutterschoß, in den ich mein Haupt legen konnte, wenn mir alles zu viel

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