Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall
sonst etwas herausgefunden?«
Jan nickte. »In der kurzen Zeit, die Friso hier war, hat er sich nicht sehr beliebt gemacht. Äußerlich hat er sich zwar sehr galant benommen, den Mann von Welt gegeben, aber hinter vorgehaltener Hand munkelt man, er sei ungestüm und sehr rechthaberisch aufgetreten. Aber ganz direkt ist niemand geworden.«
»Das ist nicht viel.« Hiske klang resigniert.
»Doch, ich hab noch was: Die Magd vom Bäcker glaubt, Dudernixen in der Nacht in Richtung Siel eilen gesehen zu haben. Er habe mächtig wütend gewirkt. Und dann treibt sich ein Fremder hier herum, den aber keiner kennt. Ich muss noch herausfinden, wer das sein soll.«
Hiske nickte und nahm einen Schluck von dem Kräutersud. »Jan, wir müssen das Medaillon finden. Es ist wertvoll und spurlos verschwunden! Ganz sicher wird es uns auf die richtige Spur führen.«
»Da hast du recht. Und es wäre gut herauszubekommen, woher Friso van Heek die große Narbe haben könnte. Wer weiß, was für eine alte Rechnung da noch offen war.«
Klaas Krommenga genoss das warme Wasser auf seinem Rücken und die kräftigen Hände, die den Badeschwamm darübergleiten ließen. Dudernixen war ein Meister seines Fachs. So grobschlächtig und unansehnlich er auch wirkte: Er hatte den richtigen Schwung, der für diese Tätigkeit notwendig war.
»Kennt Ihr die Hebamme Hiske Aalken näher?«, fragte Klaas beiläufig.
»Dieses Weibsbild sollte längst in der Hölle schmoren. Wenn es die gäbe, gehörte sie in jedem Fall dorthin.«
»Dahin gehört sie in der Tat«, bestätigte Klaas.
Klaas lächelte. In dem Bader hatte er einen Menschen gefunden, der ihn in seiner Abneigung, vielleicht sogar in seinem Hass auf Hiske unterstützen würde. Was war es für eine gute Idee gewesen, hierherzukommen! »Hättet Ihr eine Kammer für mich? Ich möchte nicht in der
Krocht
schlafen, man sagt, es sei dort nicht reinlich.«
Dudernixen nickte. »Ich habe tatsächlich noch eine Kammer, die Magda herrichten könnte. Ihr gefallt mir als Mitbewohner! Vielleicht, weil Ihr über die Hebamme ähnlich denkt. Ich spüre es an Euren Worten, die durchaus eine gewisse Missbilligung deutlich werden lassen.«
Der Fremde nahm den Faden gleich auf. »Warum denkt Ihr so schlecht über das Weibsbild? Hebamme ist doch ein angesehener Beruf in diesem Landstrich? Auch wenn diese Heilerinnen viel zu viel über den Weiberkram wissen«, hakte er nach in der Hoffnung, mehr über die Gründe der Abneigung des Baders gegen Hiske zu erfahren.
Dudernixen drückte den Schwamm über Klaas Krommengas Gesicht aus und reinigte dessen Ohrmuschel. »Hiske Aalken macht Scherereien, seit sie in der Herrlichkeit angekommen ist. Gleich bei ihrer Ankunft ist unser Lokator abgeschlachtet worden. Und nun der Kaufmann. Mein Weib sagt, er sei in der Nacht seines Todes noch an ihrer Tür gewesen. Zu der Zeit hielten sich zwar nur ihre Handlanger, dieser Mönch und der Irre, dort auf, aber der Kaufmann war dennoch am nächsten Tag tot. Seid ehrlich, werter Geselle. Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu!«
»Wohl wahr, Bader. Aber dagegen muss man doch etwas tun können. Ich komme aus Jever, da hat das Weib auch gewirkt, ist sogar zweimal als Toversche verhaftet worden.«
Der Bader schwieg beeindruckt. »Es gibt noch mehr Menschen, die sie gern fort wüssten. Aber was nützt es, wenn unser Jurist Krechting sie schützt?«
Klaas Krommenga grinste hämisch. Der Bader war etwas schwer von Begriff, aber das machte nichts, er konnte die Drecksarbeit verrichten, es war ohnehin besser, wenn nur er selbst dachte und lenkte. »Krechting, werter Bader, Krechting weilt in Kürze in Emden. Er ist schon auf dem Weg dorthin.« Damit tauchte er mit dem Kopf unter Wasser.
Hinrich Krechting schaute beunruhigt zurück zu dem sich immer weiter entfernenden Landstrich. Nach dem, was er von Elske über den geheimnisvollen Fremden erfahren hatte, konnte er sich nun nicht mehr vorbehaltlos über die Reise nach Emden freuen. In der Herrlichkeit waren zu viele Dinge ungeklärt. Wie sollte er sich in Ruhe um das Armenwesen kümmern, wenn ein Mörder in der Herrlichkeit herumlief und womöglich um sein eigenes Haus schlich? Er glaubte nicht, dass sein Weib wirr wurde, sondern, dass sie in der Tat den Mörder gesehen hatte und vielleicht sogar in Gefahr schwebte. Sie war die Frau des Juristen, der rechten Hand der Häuptlingswitwe, wer wusste schon, was den Kaufmann wirklich in die Herrlichkeit getrieben hatte und wer seiner,
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