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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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diakonisches Wesen nachdenken. Aber wenn die Herrin sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann war es sinnlos, dagegen zu argumentieren. Lübbert wurde das Gefühl nicht los, dass es der Häuptlingswitwe eher um den Bau des Stadthauses ging und sie Krechting deshalb gedrängt hatte, schnell nach Emden zu reisen. Nun musste Lübbert mit Wolter Schemering vorliebnehmen.
    Es polterte, als die Arbeiter die Steine abluden. Sie waren schon früh unterwegs gewesen, um sie aus Tichelboe abzuholen. Trotz der Hitze des Tages mussten sie die trockene Zeit zum Bau nutzen, denn wenn erst der Regen wieder eingesetzt hatte, würde alles wesentlich langsamer vorangehen. Zwar stöhnten alle über die Wärme, aber darauf konnte er keine Rücksicht nehmen.
    Der Mord an dem holländischen Kaufmann hatte die Gemüter nur kurz beunruhigt, zumal er keiner von ihnen gewesen war. Ein Teil der Menschen war davon überzeugt, dass der Arzt Jan Valkensteyn sich geirrt haben mochte und der Kaufmann doch betrunken ins Siel gestürzt war. Andere wiederum gingen davon aus, dass ihm einer der Seeleute eins über den Schädel gezogen haben musste und bald darauf mit einem der auslaufenden Schiffe wieder verschwunden war. Keiner wusste, warum der Mann sterben musste, und es schien den meisten auch egal zu sein.
    Lübbert Jans Kremer war sich sicher, dass dem Mord zu einem anderen Zeitpunkt mehr Beachtung geschenkt worden wäre. Im Augenblick aber waren die Menschen der Neustadt so sehr mit sich selbst und den Veränderungen ihrer Lebensbedingungen beschäftigt, dass sie keine unnötigen Gedanken an etwas zuließen, das sie auch nur ein winziges Stück von ihrem Ziel abbringen würde. Die Menschen verband trotz aller Entbehrungen ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl. Das erleichterte viele Dinge, dennoch glaubte Kremer unter alldem ein Brodeln zu verspüren, das er allerdings nicht zuordnen konnte.
    Er wies die Arbeiter an, wohin sie die Steine bringen sollten, und teilte die Bauarbeiter ein, die sie verarbeiten mussten. Er bemühte sich um einen freundlichen Ton, es war gut, die Arbeiter bei Laune zu halten, brauchte er doch jeden Mann mit seiner vollen Leistung.
    »Der hat ein Holzbein, wenn ich es dir doch sage. Er ist aber so kräftig, mich wundert, dass es ihn hält«, kicherten zwei Weiber, als sie an Lübbert vorbeiliefen.
    »Von wem sprecht ihr?«, rief er den Frauen nach, die augenblicklich innehielten und den Blick senkten. Es waren zwei Mägde, die sicher etwas für ihren Hausstand auftreiben sollten. Beide hielten einen Korb in der Hand.
    »Wer?«, hakte Lübbert nach.
    »Da ist so ein Kerl angekommen, sicher mit dem letzten Schiff. Ich habe ihn aber nur kurz gesehen. Er ist ein Mann, der was hergibt, auch wenn er pockennarbig ist. Und er läuft anders, ich denke, er hat ein Holzbein«, erklärte das Weib. »Warum wollt Ihr das wissen? Ist das der Mörder?« Wieder kicherten die beiden und trollten sich, ohne Lübberts Antwort abzuwarten.
    »Dumme Gänse«, murmelte der und versuchte, sich an einen Mann mit einem Holzbein zu erinnern. Doch der war ihm während der gesamten Reise und auch in der Neustadt nicht untergekommen. Er konnte den Gedanken jedoch nicht weiter verfolgen, weil eben eine neue Fuhre mit Steinen kam.
    Grieta sah hinaus. Sie hatte in der Nacht nicht geschlafen. Auch wenn sie hier unter den Täufern und Reformierten lebte, so war sie doch tief im Innern der Ansicht geblieben, es gäbe ihn, den Satan. Man musste ihn nur reizen, dann käme er aus seinem Höllenfeuer, zog sie mit sich und würde sie alle schmoren lassen. Zwei Dinge waren geschehen, die nicht hätten passieren dürfen.
    Die eine Sache hing mit Friso van Heek zusammen, die andere mit dem, was gestern mit Lina geschehen war. Beides war ein Gruß aus der Hölle, weil sie in diesem Haus Dinge taten, die Gott im Himmel wirklich nicht gefallen konnten. Er wollte Keuschheit, nicht die Gier der Männer, die über die Huren herfielen, weil sie ausgehungert nach körperlicher Liebe waren. Kaum einer nahm die Mädchen als Menschen wahr. Sie stiegen über sie hinweg wie der Eber über die Sau oder der Stier über die Kuh.
    Wenn der Herrgott ihnen nur genug Brot und Mehl geben würde, dann hätten sie das alles nicht nötig, könnten sich einen Mann suchen, der ein Auskommen hatte und den sie umsorgen konnten. Aber diese Dinge ließ er nur auf die Herrschenden regnen, die im Gegenzug ihren Untertanen verboten, sich über Wasser zu halten, weil sie sie ausnahmen wie die

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