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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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stiehlt, der Euch zustehen sollte.«
    »Was genau ist Euer Anliegen? Bitte beeilt Euch, ich habe heute noch etwas vor.« Wie zur Bestätigung zupfte sie das Tuch zurecht und machte Anstalten zu gehen.
    Der Mann aber folgte ihr synchron mit seiner Bewegung und ließ sie nicht an sich vorbei. Er betrachtete Anneke, und ihr war in dem Augenblick klar, dass er von ihrem Nebenerwerb wusste. Sein Blick schoss ihr durch Mark und Bein. Er kennt Weiber wie mich, dachte sie. Er erkennt uns allein an der Art, wie wir gehen und sprechen und riechen, egal, wie sehr wir versuchen, es zu verbergen.
    »Ich glaube, Ihr werdet durchaus Zeit haben, mir in Ruhe zuzuhören, Anneke Hollander. Eine Duuvke wie Ihr hat nicht viel Wahl im Leben, wenn sie erst einmal so tief unten ist. Und«, er machte eine kleine Pause, in der er Anneke Stück für Stück taxierte, »ich weiß genau, wie sich dieses ›ganz unten sein‹ anfühlt. Ich kenne den Dreck der schmutzigsten Gassen, ich weiß um den Gestank aus der Gosse. Das Fiepen der Ratten war lange meine Nachtmusik. Ich glaube, du hast keine Lust, genau da zu landen, wo dir Krechting doch erst dieses kleine Haus mit deinem Laden hat bauen lassen. Oder?«, zischte er hinterher. »Oder?«
    Anneke wich zurück. Es war kein Angebot. Der Mann erpresste sie, machte sie zu seiner Handpuppe, weil er wusste, womit er sie kriegen konnte. Er war tausendmal gefährlicher, als es Hiske Aalken je sein würde. Anneke musste tun, was er verlangte. »Sprecht, was verlangt Ihr?«
    »Wir werden gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Hebamme die Herrlichkeit Gödens verlässt und nie zurückkommt. So ähnlich wie Friso van Heek. Wie gefällt Euch das?« Der Blick des Mannes war verschlagener und doppeldeutiger denn je. Es ging ihm nicht darum, Hiske zu vertreiben. Es ging ihm darum, sie zu vernichten.
    Anneke bekam es mit der Angst zu tun, denn in seinen Augen lauerte noch etwas, und das kam dem Wahnsinn recht nahe. Nicht einmal der Wortsammler schaute so, wenn er sich in seine Welt zurückzog.
    »Ich fragte, wie Euch das gefällt, Anneke Hollander?«
    »Was habt Ihr vor?«, quetschte Anneke heraus.
    »Hiske Aalken wird gehen, das sagte ich doch bereits!« Der Mann erhob seine Handflächen gen Himmel.
    Anneke war klar, dass es besser war, ihn nicht weiter zu reizen, also tat sie neugierig, indem sie den Mann anlächelte und seiner weiteren Worte harrte.
    »Zunächst setzen wir eine kleine Warnung als gezielt gesetzten Nadelstich. Die Vorstellung, sie in Angst und Schrecken zu versetzen, gefällt mir. Bevor sie geht, soll sie leiden wie noch nie in ihrem Leben.«
    Anneke schluckte. »Ich könnte mich weigern. Was tut Ihr, wenn ich Euch Schemering melde?«
    Der Mann lachte auf. »Damit ich dem Landrichter gleich stecken kann, auf welche Weise Ihr Eure zusätzlichen Schap verdient und noch vieles mehr, was besser unter uns beiden bleibt? Mir entgeht nichts, weil mir nichts Menschliches fremd ist.«
    Anneke knickte ein. Was sollte sie auch tun? Sie hatte nicht das Rückgrat, sich einem solchen Druck zu widersetzen. »Welche Rolle spiele ich in Eurem Plan?«, flüsterte sie.
    »Das klingt schon besser.« Wieder huschte das teuflische Grinsen über das Gesicht des Mannes. »Ich will das Toversche Weib bibbern und wehklagen sehen! Denkt Euch was aus, Ihr kennt Hiske lange genug und wisst, wo ihr wunder Punkt ist. Damit reicht mir Euer Entgegenkommen fürs Erste.« Der Mann nickte Anneke kurz zu und fummelte gleichzeitig an seiner Tasche herum. »Hier ist noch etwas, das Ihr besser gut verwahrt!«
    In Annekes Hände glitt eine silberne Kette, deren Verschluss gerissen war. Sie nahm sie an und erstarrte. Ihre Hände zitterten, als sie über die feinen Glieder glitten. Sie ahnte, was das für eine Kette war. Wer war dieser Mann?
    Magda Dudernixen stand am Herd und rührte den Topf mit den Graupen um, als Melchior eintrat. Er sah sehr zufrieden aus, so als habe er einen guten Tag hinter sich. »Bist ja aufgestanden«, sagte er.
    Magda rührte die Graupen schneller.
    »Ich rede mit dir, Weib! Antworte gefälligst!«
    »Wo ist das Medaillon?«
    Dudernixen riss seiner Frau den Kochlöffel aus der Hand und drehte sie mit einer gezielten Bewegung zu sich herum. »Das Ding ist an einem sicheren Ort. Und bei deiner Dummheit ist es auch besser, du weißt nicht, wo genau es ist.«
    »Wirf es weg! Melchior, wirf es weg, bevor es uns zum Verhängnis wird. Es gehörte dem Toten, das weißt du wohl besser als ich. Und außerdem wirkt er

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