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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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bereitete. Hiske war froh gewesen, als sie gegangen war.
    Hiske erhob sich vom Tisch. Sie konnte im Augenblick nichts tun. Jan hatte sich seit ihrem Streit nicht mehr gemeldet, aber so, wie Anneke wirkte, war er auch bei ihr nicht vorstellig geworden. Vielleicht wäre das selbst ihm pietätlos vorgekommen. Dennoch litt Hiske darunter, dass sie nichts mehr von ihm hörte und sie offensichtlich recht mit ihrer Vermutung gehabt hatte. Diese Erkenntnis war wie ein Messer, das sich durch ihre Eingeweide schnitt. Hiske war froh über jede Arbeit, die sie von alldem ablenkte. Die Sorge um den Wortsammler trug ebenfalls nicht dazu bei, dass es ihr gut ging. Und genau diese Angst zermürbte sie, weil die Liebe zu diesem Kind in den letzten drei Jahren so groß geworden war, als ob sie ihn selbst auf die Welt gebracht habe. Hiske war oft erstaunt darüber, wie tief ihre Gefühle waren.
    Da sie nicht untätig herumsitzen wollte, beschloss sie, nun zu Magda zu gehen und sie nach der Nacht, als diese sie aufsuchen wollte, zu fragen, so wie sie es seit Tagen vorhatte. Wenn sie etwas Licht ins Dunkel brachte, würde bestimmt auch der Knabe wieder auftauchen. Wer weiß, was ihm zu Ohren gekommen und mit welcher Angst er geflüchtet war. Man konnte ihm so leicht Furcht einjagen. Er war ein Kind, auch wenn die Menschen das nicht verstanden und ihn als irren Erwachsenen betrachteten. Irgendetwas in Hiske sagte ihr, dass die Lösung aller Dinge bei den Dudernixens zusammenlief. Der Bader hatte seine Finger schon so oft in krummen Geschäften gehabt, es würde sie nicht wundern, wenn er auch mit dem Tod des Kaufmanns zu tun hätte.
    Sie schlug sich das Tuch um den Kopf, damit sie gegen die noch immer unerträglich heiße Sonne geschützt war. Als sie den Kopf gen Westen wandte, sah sie am Himmel Wolken aufziehen, die nichts Gutes verhießen.
    Klaas Krommenga genoss seine Unterkunft beim Bader, gab sie ihm doch die Möglichkeit, sich weiter zu hegen und zu pflegen. Eine solch bequeme Bettstatt hatte er noch nie gehabt. Und seine Haut durfte noch nie so viel Wasser und duftende Seifen erleben. Hin und wieder kam er sich vor wie im Paradies; von ihm aus konnte das Leben noch eine Weile so weitergehen.
    Die Marketenderin hatte gute Arbeit geleistet und den Irren ins Moor geschickt. Die Hebamme bei ihren Gefühlen zu packen, sie dort zu treffen, wo es am meisten schmerzte, war eine sehr gute Idee gewesen. Klaas ergötzte sich an Hiskes mutlosem Gesicht, wenn sie durch die Neustadt eilte. Sie ahnte nicht, welch schlimmere Qualen er noch für sie bereithielt. Aber all dieses Wissen beflügelte ihn. Er reckte sich gerade auf dem Bett, als er eilige Schritte von der Straße her hörte und es unten an der Tür klopfte. Er hatte sich nicht getäuscht. Die Stimme, die nach Magda fragte, gehörte eindeutig zu Hiske Aalken. Sein Herz klopfte unwillkürlich schneller. Die Beute kam zur Schlange.
    Klaas Krommenga öffnete die Tür und lauschte.
    »Hallo Magda«, begann Hiske unverblümt, wie sie war, als sie vor der Badersfrau stand. Sie bat nicht einmal um Einlass. »Ich habe mir sagen lassen, dass du in der Nacht, als Friso van Heek ermordet wurde, bei mir an der Tür warst.«
    »Das ist viele Tage her«, winkte Magda ab, ließ die Hebamme aber ein. Das hörte Klaas an den Schritten, die nun eindeutig von der Diele heraufschallten.
    Magda bat Hiske in die Küche und schloss die Tür hinter ihnen. Klaas konnte nicht mehr verstehen, über was die Weiber redeten. Aber es war interessant zu erfahren, dass sich die Badersfrau in der Mordnacht bei der Hebamme herumgetrieben hatte. Wer wusste schon, ob das für ihn noch einmal wichtig sein würde. Während die Hebamme in der Küche Magdas weilte, wusste Klaas mit einem Mal, wie er vorgehen würde. Und während seine Fantasie ihm Hiskes Schreie zuspielte, wurde dem alten Scharfrichter warm ums Herz.
    Jan lief in seiner Kammer auf und ab, hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt. Er war wie schon beim letzten Mal beim Landrichter Wolter Schemering untergekommen. Wie dumm konnte man sein, ein Gespräch dermaßen unüberlegt zu führen. Hiske musste nun denken, er mochte Weiber wie die Marketenderin. Es war in der Tat eine weise Entscheidung, weiter allein zu bleiben. Mit seiner ungeschickten, manchmal etwas polterigen Art hatte er damals auch Lieke verletzt. Ein Wort gab das andere, bis sie sich am Ende gar nichts mehr zu sagen hatten, obwohl die wahren Sätze in ihren Herzen schlummerten. Und irgendwann

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