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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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kniff die Lippen zusammen, wischte die Tränen mit dem Handrücken ab. So sehr er dem Mönch verbunden war, so unangenehm war es ihm nun doch, dass er sich zu solch einem Gefühlsausbruch hatte hinreißen lassen.
    »Du musst sie zurückgewinnen, Jan. Sie hat recht mit allem, was sie sagt: dass du deine Arbeit und deine Forschungen liebst und dass du ein gewisses Maß an Freiheit brauchst. Aber was dir wirklich im Leben fehlt, ist die Liebe, weil du sie immer und immer zurückstößt, egal, von wem sie kommt. Ich sage dir das alles nur ein einziges Mal. Du musst Mann genug sein, jetzt zu reagieren, sonst wird dich das, was kommt, noch stärker treffen als das, was du Liekes wegen durchmachen musstest.« Der Mönch zögerte kurz, und Jan wusste, wie schwer ihm diese Sätze fielen, denn ihm war klar, wie Garbrand eigentlich zu ihm stand. Umso schwerer und gewichtiger war das, was er sagte. »Zeig ihr, wie viel sie dir bedeutet. Jetzt! Überlege, wie du es ihr beweisen kannst!«
    Jan blickte Garbrand nachdenklich an. Nach einer Weile sagte er: »Sie liebt den Wortsammler über alles. Ich gehe ihn suchen. Egal, wie lange es dauert, egal, wie gefährlich es ist.«
    Garbrand legte Jan die Hand auf die Schulter. »Eine weise Entscheidung, werter Freund. Gott schütze dich. Ich werde in der Zeit auf die Hebamme aufpassen.«
    Jan hatte sich bereits zur Tür gewandt, dort hielt er aber in der Bewegung inne. Etwas in Garbrands Ton hatte Jan aufhorchen lassen. »Das klang, als wärest du etwas in Sorge?«
    Garbrand nickte. »Sie war bei der Badersfrau.«
    »Und? Was hat sie dort erfahren?«
    »Nicht viel. Angeblich war sie in der Nacht hier, weil sie ein paar Kräuter wollte, denn die Furcht vor dem Marschenfieber plagt sie sehr. Doch als ich sie fortgejagt habe, ist sie angeblich schnurstracks nach Hause gelaufen.«
    Jan zog die Brauen hoch. Das war längst nicht alles, was Garbrand wusste. Der verstand und sprach weiter. »Hiske meint, das Medaillon bei ihr gesehen zu haben. Magda hatte eine Truhe offen stehen, und sie hätte schwören können, es darin liegen gesehen zu haben.«
    Ein scharfer Blitz teilte die Dämmerung erneut, ein Donner ließ das Land erschüttern, sodass Garbrand einen Augenblick aufhören musste zu reden, und es wirkte, als sei ihm das ganz recht.
    Als sie nur noch den Regen rauschen hörten, fügte der Mönch hinzu: »Da ist noch etwas, Jan. Als Hiske von Magda weggegangen ist, glaubte sie, ihr sei jemand gefolgt. Außerdem haben wir den Eindruck, dass ständig wer um die Kate schleicht.«
    »Es könnte der Wortsammler sein«, wagte Jan zu hoffen, aber Garbrand schüttelte vehement den Kopf. »Nein, es ist ein schlurfendes Geräusch. Der Schritt des Knaben klingt anders.«
    »Wenn ich zurückkomme, dann müssen wir wissen, was hier noch vor sich geht, und vielleicht hängt das Verschwinden des Jungen auch damit zusammen. Wir werden ohnehin erst weiterkommen, wenn wir ihn wiederhaben. Du bist ja da, um auf sie achtzugeben.« Jan leerte den Becher Dünnbier in einem Zug und stand auf. Draußen schüttete es noch, der Abstand von Blitz und Donner aber wurde länger.
    »Sie möchte nicht, dass ich hier wohne, will nicht, dass die Leute wieder reden. Aber ich passe auf. Es reicht, dass der Knabe fort ist, weil ich zu viel Giftwasser in mich hineingeschüttet habe.«
    Jan nahm den Mönch einmal kurz in den Arm. »Danke. Ich werde den Wortsammler finden. Sag Hiske das, wenn sie aus ihrer Kammer kommt. Bitte sag ihr, dass ich es für den Knaben mache. Für sie und auch für uns. Denn wenn er nicht zurückkommt, wird sie nie wieder dieses Licht in ihren Augen haben, und ich will einfach nicht, dass es erlischt.« Jan spürte Garbrands Blick im Rücken und wusste, dass er in diesem Augenblick zwei gebrochene Herzen zurückließ.

Amsterdam 1531
    Die warme Stimme umkreist das Kind, auch noch, als es sich unter dem Tisch verkrochen hat. Das Herz beruhigt sich. Die Frage hat nichts mit dem zu tun, was die Jungs in Amsterdam von ihm wollten. Die Frau meint es gut. Das Kind streckt die Nase unter dem Tisch hervor. Die warme Stimme redet mit der Frau mit den kalten Augen. Lange und leise.
    »Der arme Wurm«, sagt die Stimme, und die Frau kommt zum Tisch. »Ich nehme ihn mit.«
    »Spricht aber nicht«, sagt die Frau mit den kalten Augen, doch es schwingt Hoffnung darin mit. »Das Kind stört den Ablauf, auch wenn es nur rumsitzt. Ich bin froh, wenn es weg ist. Es ist ein Kind von einem Weib ohne Mann. Einer gefallenen

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