Historical 148 - Die Geliebte des Rebellen.doc
verlieren - selb st wenn er auf Außenstehende dadurch den Eindruck erweckte, den Verstand verloren zu haben.
AnnaClaire blickte verständnislos hinter Rory her. Sie fühlte sich abgelehnt und zurückgestoßen. Stimmte etwas mit dem Essen nicht? Sie probierte ein Stück von dem Fisch, doch daran gab es nichts zu bemängeln.
Sehr nachdenklich setzte sie sich auf das Lager. Sie musste irgendetwas gesagt haben, was ihn dazu veranlasst hatte, aus dem Raum zu eilen. Doch sosehr sie auch grübelte, ihr fiel nichts ein, was sie Falsche s geäußert oder getan haben mochte.
Vielmehr hatte sie sich doch große Mühe gegeben, ihm zu zeigen, wie froh sie war, bei ihm und mit ihm hier in dieser Hütte zu sein. Sie war sogar überglücklich! Keine Dienstboten, keine Besucher. Sie und Rory konnten tun, was immer sie wollten.
Hatte er denn nicht gemerkt, dass sie ihn mit ihrem Lächeln hatte ermutigen wollen, sich ihr zu nähern? Aber er war doch schließlich nicht blind! Wieso lief er vor ihr davon, als ob sie die Pest hätte? Daheim in Dublin hatte er sich doch ganz anders verhalten.
Und plötzlich erkannte sie den Grund. „Eure Tugend ist bei mir bestens aufgehoben", hatte er gesagt. Es entsprach seinem Ehrgefühl, die augenblickliche Situation nicht auszunutzen.
Ihre Unschuld bedeutete für ihn ein hohes Gut, und er schien fest entschlossen, seine eigenen Bedürfnisse dem unterzuordnen.
Sie sprang auf und lief aufgeregt hin und her. Sie würde ausnahmsweise ihren Stolz vergessen und Rory in aller Deutlichkeit zeigen müssen, was sie wirklich für ihn empfand.
Wenn Bridget ihr nur auch in dieser Beziehung so gute Ratschläge wie beim Kochen und Nähen gegeben hätte!
AnnaClaire nahm all ihren Mut zusammen und öffnete die Tür. Inständig hoffte sie, dass Rory es ihr nicht zu schwer ma chen würde, ihm ihre Liebe zu offenbaren.
10. KAPITEL
Rory ließ die Axt mit solcher Wucht niedersausen, dass das Holzstück mit diesem einen Schlag sauber gespalten wurde. Er warf die beiden Scheite beiseite, legte sich einen weiteren Klotz zurecht und wiederholte den Vorgang des Hackens.
Die Tunika hatte er ausgezogen. Sein Oberkörper war von einer feinen Schweißschicht bedeckt, und bei jeder Bewegung schmerzte seine verletzte Schulter. Doch ihm war dieser Schmerz willkommen, weil er ihn von AnnaClaire, ihrem einladenden Lächeln und verführerischen Hüftschwung ablenkte.
Ihm waren natürlich ihre Anstrengungen, ihn wegen ihrer bitterbösen Attacke vom Vortag versöhnlich zu stimmen, nicht verborgen geblieben. Doch sie brauchte sich nicht zu entschuldigen. Ihr Zorn war durchaus berechtigt gewesen. Und nun verwechselte sie vermutlich Dankbarkeit mit Liebe. Nur deswegen warf sie sich ihm förmlich an den Hals.
Abermals hob er die Axt und holte zu einem gewaltigen Hieb aus. Er hoffte, dadurch die Bilder in seiner Phantasie zu vertreiben, die ihm den Anblick sanft geschwungener Brüste vorgaukelte. Wenn er nicht versuchen würde, so verdammt ehrenhaft zu sein, könnte AnnaClaire ihm jetzt schon gehö ren.
Diesmal zerschlug er das Stück Holz mit solcher Kraft, dass die Scheite durch die Luft flogen und in einiger Entfernung zur Erde fielen. Während Rory sich nach einem weiteren Klotz bückte, nahm er aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung wahr.
„AnnaClaire!" Er wirbelte zu ihr herum. „Wieso seid Ihr nicht drinnen und esst?"
„Ich mag nicht allein essen." Sie war ein wenig atemlos, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. „Ich dachte mir, ich warte lieber, bis Ihr mir Gesellschaft leistet."
„Das würde zu lange dauern", widersprach Rory und deutete auf das Holz ringsum. „Ich muss noch all diese Stücke hacken."
„Das soll mir recht sein", erwiderte AnnaClaire friedfertig. „Ich trage einige Scheite hinein und stapele sie neben der Feuerstelle. Und dann komme ich zurück und hole noch mehr."
Hart umfasste Rory ihr Handgelenk. „Ich will Eure Hilfe nicht. Die Arbeit ist zu schwer für Euch."
„Ich bin doch keine zerbrechliche Puppe." AnnaClaire berührte sacht seine Wange, und Rory wich zurück. Triumphie rend erkannte sie, dass ihre Vermutung richtig gewesen war. Er versuchte, sich ehrenhaft zu verhalten. Aber er begehrte sie. Dieses Wissen verlieh ihr ein eigentümliches Gefühl von Macht.
„Ich bin eine Frau. Habt Ihr das etwa noch nicht bemerkt?" Ihre Stimme klang warm und weich.
„Ich müsste doch blind sein, das nicht zu bemerken." Rory räusperte sich, denn die Kehle wurde ihm plötzlich zu
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