Historical 148 - Die Geliebte des Rebellen.doc
Verhalten der Engländerin gegenüber.
„Verzeiht mir, bitte, Mylady. Es war sehr unbedacht von mir ..."
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen", erwiderte AnnaClaire.
„Doch, doch. Ihr seid Gast auf Ballinarin und verdient es, mit Ehrerbietung behandelt zu werden. Hier, lasst mich Euch helfen." Sie war äußerst bestrebt, ihre Unüberlegtheit wieder gutzumachen. „Ihr dürft nicht vernachlässigt werden, und erst recht nicht, nachdem Ihr einen ersten Eindruck von seinem Temperament zu spüren bekommen habt."
„Meinst du, das war erst der Anfang?"
„Oh, der Große O'Neil kann einen schon das Fürchten lehren, wenn er so richtig zornig und böse ist. Wie ein gewaltiger Sturm kommt er einem dann vor."
AnnaClaire streifte vorsichtig das geliehene Kleid ab und schlüpfte in ein hauchdünnes Nachtgewand, das Velia für sie bereithielt. „Haben die O'Neil-Kinder alle das Temperament ihres Vaters geerbt?" erkundigte sie sich beiläufig.
„Ich würde sagen, dass Rory und seine Schwester ihm am meisten ähneln. Conor ist zwar auch temperamentvoll, hat aber wohl eher gelernt, seine Stimmungen unter Kontrolle zu halten. So wie seine Mutter."
„Rory hat mir erzählt, dass Conor das Reden der körperlichen Auseinandersetzung vorzieht."
„Ja, das ist richtig." Velia lächelte voller Begeisterung. „Unser Conor hat eine wunderbare Gabe, mit den Menschen zu sprechen. Ich glaube, seine Mutter hofft, dass er seine Be gabung dazu nutzt, das Wort des Herrn zu verbreiten."
„Er soll ein Kirchenmann werden? Denkst du, dass er diese Möglichkeit für sich in Betracht zieht?"
Velia lachte vergnügt. „Ich weiß nicht. Bisher hat er sein begnadetes Mundwerk nur dazu benutzt, den Mädchen die Köpfe zu verdrehen." Sie bedeutete AnnaClaire, sich an den Frisiertisch zu setzen, und entfernte die Schildpattkämme aus der blonden Lockenpracht.
„Allerdings hat auch Rory so manchem Mädchen den Hof gemacht. Doch alle wussten, dass nur Caitlin ihm wirklich etwas bedeutete."
AnnaClaire fühlte einen leisen Stich in der Herzgegend. „Hast du sie gekannt, Velia?"
„Oh ja, natürlich. Und auch die ganze Familie. Es kommt einem immer noch so unwirklich vor, dass sie alle nicht mehr leben. Bis auf Innis, den armen Kerl."
„Erzähl mir von Innis", forderte AnnaClaire die Zofe auf.
Diese sprach jetzt mit gedämpfter Stimme. „Er ist sehr verbittert. Er lacht nie und spricht nur ganz selten. Und niemals über ... jenen Tag."
Diesen Ausführungen folgte ein längeres Schweigen, das AnnaClaire schließlich brach:
„Es war sehr freundlich von Briana, mir dieses Nachtgewand auszuleihen." Sie strich mit beiden Händen über das hauchzarte Gewebe. „Auch das Kleid, das ich heute tragen durfte, hat mir gut gefallen."
„Ja, sie ist ein sehr liebes und großzügiges Mädchen", erklärte Velia und fügte hinzu:
„Außerdem macht sie sich sowieso nichts aus solchen Sachen."
„Nein, was ist ihr denn sonst wichtig?" wollte AnnaClaire wissen.
„Pferde, Schwerter. Eigentlich alles, was auch Rory Spaß macht. Er war schon immer derjenige, zu dem sie voller Be wunderung aufgeblickt hat. Es hat ihr beinahe das Herz gebrochen, als er vor zwei Jahren Ballinarin verließ. Sie war wie ein Vogel ohne Schwingen.
Und jetzt? Als ihr angebeteter Held wieder auftauchte, spiegelte sich reine Glückseligkeit in ihrem Gesicht."
AnnaClaire nickte zustimmend. Ihr war aufgefallen, dass Briana beinahe den ganzen Tag über Spuren von Freudentränen über Rorys Rückkehr auf den Wangen gehabt hatte.
Velia richtete die Decken und Kissen auf dem Bett, legte noch ein Holzscheit auf das Kaminfeuer und verabschiedete sich dann: „Darf ich Euch jetzt eine gute Nacht wünschen, Mylady, und Euch den Segen meiner Familie aussprechen. Der heißt: Mögen die Engel Eure Träume bis zum morgigen Tag segnen."
AnnaClaire war gerührt. „Vielen Dank, Velia. Wo wirst du denn schlafen?"
„Ich habe eine kleine Kammer hier auf Ballinarin. Die O'Neils haben mir versichert, dass ich mich hier zu Hause fühlen darf, solange ich möchte. Dafür werde ich ihnen für alle Zeiten dankbar sein."
AnnaClaire blieb gedankenverloren auf der Bettkante sitzen, nachdem die Zofe hinausgegangen war. Sie schaute in die Flammen des Kaminfeuers und dachte über all das nach, was Velia ihr erzählt hatte.
Es tat ihr aus tiefster Seele Leid, dass ausgerechnet englische Soldaten dermaßen viel Kummer und Leid über diese herzensguten Menschen gebracht hatten. Kein Wunder, dass
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