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HISTORICAL Band 0264

HISTORICAL Band 0264

Titel: HISTORICAL Band 0264 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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ihr diese Begegnung auch erschienen war – inzwischen hatte sich etwas Grundlegendes geändert. Jetzt war er zornig.
    „Ich denke, Sie wissen ganz genau, weshalb ich hier bin, Miss Bowes“, erwiderte Jack knapp. „Wäre mir gestern Nacht schon bewusst gewesen, wer Sie sind, hätte ich die Angelegenheit gleich an Ort und Stelle zur Sprache gebracht. Nun, ich habe zu spät reagiert. Aber Sie müssen doch bestimmt gewusst haben, dass ich Sie aufsuchen würde.“
    Sally stand auf, dadurch fühlte sie sich größer und mutiger. „Ich bedauere“, erwiderte sie höflich, „aber ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen, Mr. Kestrel, oder warum Sie hier sind. Es sei denn, Sie möchten die berühmte Gastfreundschaft des Blue Parrot genießen.“
    Sie hatte gehört, dass Jack Kestrel einmal tausend Pfund für Champagner ausgegeben hatte – bei einem einzigen Besuch des Casinos von Monte Carlo. Sally wünschte, er würde dasselbe im Blue Parrot tun, aber seinem feindseligen Gesichtsausdruck nach war das eher unwahrscheinlich.
    Bei ihren Worten verzog Jack spöttisch den Mund. „So legendär die Gastfreundschaft des Blue Parrot auch sein mag, Miss Bowes, das ist nicht der Grund für mein Kommen“, antwortete er gedehnt.
    Sally zuckte die Achseln. „Wenn Sie mich dann vielleicht aufklären könnten?“ Sie zeigte auf die Papiere auf ihrem Schreibtisch. „So anregend Ihre Gesellschaft auch ist, Mr. Kestrel, aber ich habe keine Zeit für Ratespielchen. Wie ich gestern Nacht bereits erwähnte, ist meine Arbeit meine große Leidenschaft, und ich möchte mich ihr gern wieder zuwenden.“
    Irgendein unbestimmtes Gefühl flackerte in seinen Augen auf, und Sally konnte seinen Zorn und seine Feindseligkeit jetzt deutlicher spüren, zwar eisern beherrscht, aber doch fast greifbar. Sie wünschte, die Lampen würden brennen, denn im Halbdunkel fühlte sie sich entschieden im Nachteil.
    „Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie Ihrer Tätigkeit mit großer Leidenschaft nachgehen“, gab Jack gepresst zurück. „Sie müssen darüber hinaus auch äußerst nervenstark sein, so zu tun, als hätten Sie keine Ahnung, weswegen ich hier bin.“
    Sally antwortete nicht gleich. Sie wagte sich hinter dem schützenden Schreibtisch hervor, zündete ein Streichholz an und entflammte erst eine Gaslampe, dann noch eine zweite und dritte. Erfreut stellte sie fest, dass ihre Hände dabei nicht zitterten und nichts von ihrer Nervosität verrieten. Sie fühlte deutlich, wie Jack Kestrel sie beobachtete und den Blick seiner dunklen Augen nicht von ihrem Gesicht wendete. Wenn der Raum doch nur ein wenig größer wäre! Jack Kestrels körperliche Präsenz wirkte beinahe erdrückend.
    Sie drehte sich um und merkte, dass er plötzlich genau hinter ihr stand. So etwas wie ein Lächeln blitzte in seinen Augen auf, aber es war kein sonderlich beruhigendes Lächeln. Im Stehen fiel ihr auf, dass sie ihm mit dem Kopf nur bis zur Schulter reichte, obwohl sie eine recht große Frau war. Sie war es nicht gewohnt, nach oben blicken zu müssen, um einem Mann in die Augen sehen zu können.
    „Nun?“, fragte er sanft. „Haben Sie Ihre Meinung geändert in Bezug auf dieses wenig überzeugende Spielchen der Verstellung?“ Er betrachtete sie prüfend. „Ich muss gestehen, dass ich Sie mir etwas anders vorgestellt hatte“, fügte er langsam hinzu. Er hob die Hand und drehte ihr Gesicht dem Licht zu. „Als wir uns letzte Nacht kennengelernt haben, fand ich Ihr Aussehen ungewöhnlich, doch als ich herausfand, wer Sie sind, war ich überrascht. Ich hatte mit jemandem gerechnet, der eher im herkömmlichen Sinn hübsch ist. Immerhin werden Sie doch die ‚schöne Miss Bowes‘ genannt, nicht wahr …“
    Sally schlug seine Hand fort. Trotz ihres Zorns hatte sie von seiner Berührung eine Gänsehaut bekommen. Bei seinem Blick wurde sie sich plötzlich überdeutlich ihres Körpers unter der schlichten braunen Bluse und dem Rock bewusst. Es war ein sehr seltsames Gefühl, und sie versuchte es sich zu erklären. Es war wie ein Brennen, ein Dahinschmelzen, so als würde ihr plötzlich ihre Kleidung zu eng. Kein einziger der Herren, die den Blue Parrot Club besuchten, hatte je so eine Empfindung in ihr ausgelöst, obwohl viele es durchaus versucht hatten.
    „Mr. Kestrel“, sagte sie so gelassen wie möglich, „Sie sprechen in Rätseln. Schlimmer noch, Sie langweilen mich. Mein Aussehen, ob schön oder nicht, geht nur mich ganz allein etwas an. Wenn Sie mich also nicht

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