HISTORICAL Band 0264
Offenbar wollte sie sich bei dir für das Geld bedanken, das du ihr geschickt hast.“
Jack wurde plötzlich flau im Magen. Er warf Sally einen scharfen Blick zu. Sie erwiderte diesen flüchtig und schuldbewusst, dann sah sie wieder betont desinteressiert zur Seite, spielte mit der Manschette ihres Blusenärmels, ehe sie Jack erneut ansah. Er zog die Brauen hoch und lächelte, worauf sie errötete. Sie wirkte wie die Verkörperung des schlechten Gewissens. Etwas von seiner zornigen, inneren Anspannung löste sich auf. Jetzt wusste er, an wen seine zweihundert Pfund am gestrigen Tag gegangen waren. Was Sally anging, hatte ihn sein ursprünglicher Instinkt wohl doch nicht getrogen. Er verspürte das dringende Bedürfnis, sie umgehend zur Rede zu stellen, aber da war leider noch seine frisch angeheiratete Cousine, die unermüdlich weiterredete.
„Ich fand, Nell sah furchtbar schlecht aus“, erzählte sie ihrer verlegenen Schwester, ohne die anderen zu beachten, die um sie herumstanden. „Sie war schlecht gekleidet und mager, aber jetzt, da ich Mrs. Basset bin, kann ich ihr vielleicht ein wenig unter die Arme greifen. Es ist schön, in einer Position zu sein, in der man wohltätig sein kann … Ja, was ist, Bertie?“, wandte sie sich gereizt an ihren Mann.
„Verzeihung, dass ich dich unterbreche, Liebling“, sagte Bertie voller Unbehagen, „aber ich möchte dir meine Cousine Charlotte Harrington und ihren Mann Stephen vorstellen sowie meinen Cousin Jack Kestrel …“
„ Mr. Kestrel !“ Connie übersah Charley und Stephen völlig und reichte Jack ihre Hand, an der der größte Diamant glitzerte, den er je gesehen hatte. Sie lächelte ihn gewinnend an, aber das berührte ihn in keiner Weise. Als er von ihrem geschminkten Gesicht zu Sallys blickte und die beiden zum ersten Mal nebeneinander stehen sah, war er überrascht, wie grundverschieden die Schwestern waren. Connie mit ihren Allüren und ihrer scharfen Zunge war genauso, wie er sie sich vorgestellt hatte. Sein Cousin war ein noch größerer Narr, als er gedacht hatte.
„Wie geht es Ihnen, Mrs. Basset“, sagte er, und Connie lächelte selbstzufrieden.
„Connie, was machst du hier?“, schaltete Sally sich ein. „Das ist Mrs. Harringtons Haus, und alle haben sich hier zu einer Familienfeier eingefunden.“
„Genauer gesagt, zu Großtante Ottolines Geburtstag“, wandte Jack sich an Bertie. „Du hast doch bestimmt daran gedacht, dass es ihre Feier ist, nicht wahr, Bertie? Ich bin mir sicher, sie wird sich freuen, deine Braut kennenzulernen.“ Schadenfroh beobachtete er, wie sein Cousin kreidebleich wurde.
„Ich hatte keine Ahnung, dass Tante Ottoline hier ist“, stieß er erstickt hervor. „Ich wollte Charley besuchen und sie bitten, für uns in der Familie die Wogen ein wenig zu glätten.“ Er warf Jack einen schiefen Blick zu. „Ich wusste übrigens auch nicht, dass du hier sein würdest, Jack.“
„Nein“, stimmte Jack zu. „Ich wage zu behaupten, dass du dir sonst dein Kommen zweimal überlegt hättest. Ich habe im Namen deines Vaters die ganze letzte Woche nach dir gesucht.“
Bertie schluckte krampfhaft. „Es lässt sich nichts mehr daran ändern, wir haben es schriftlich. Wir sind seit gestern verheiratet.“
Connie hielt Sally ihre Hand vor die Nase. „Sieh dir nur den Diamanten an! Ist er nicht herrlich?“
„Wirklich außergewöhnlich“, bestätige Sally. „Wir dachten, ihr wärt nach Gretna Green durchgebrannt, um dort zu heiraten, Connie.“
„Ach, du liebe Güte, nein!“ Connie rümpfte die Nase. „Ich konnte mich doch unmöglich an einem so anrüchigen Ort trauen lassen! Wir hatten eine Sondergenehmigung, Bertie hat sie schon vor Wochen besorgt.“ Sie legte die Hand auf Sallys Arm und lächelte gewinnend. „Es tut mir leid, dass ich dir meine Absichten verheimlichen musste, aber nur so konnten wir das alles geheim halten. Ich wusste doch, du hättest mich nur davon abzuhalten versucht mit deinen lästigen Skrupeln.“
Jack warf Sally einen verstohlenen Blick zu. Sie war blass und wie versteinert. „Meine lästigen Skrupel“, wiederholte sie langsam. „Ja, sie waren schon immer eine Bürde für dich, nicht wahr, Connie?“ Wieder sah Jack sie flüchtig an, aber in ihrem Blick war kein Triumph darüber, dass sie rehabilitiert worden war. Sie machte einen verletzten und traurigen Eindruck, und plötzlich empfand er einen jähen Zorn, weil Sally sich so sehr um andere sorgte, aber Connie die Gefühle ihrer
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