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HISTORICAL Band 0272

HISTORICAL Band 0272

Titel: HISTORICAL Band 0272 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LYN STONE LOUISE ALLEN
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gehofft hatte, vermeiden zu können.“
    „Demnach hängt sittsames Verhalten also von den Umständen ab? Autsch!“
    „Tut mir leid.“ Sie beugte sich näher zu ihm, um zu prüfen, wieso er zusammengezuckt war. Anschließend fuhr sie mit ihrer Arbeit fort. Ihr warmer Atem streichelte seine Haut, und sein Pulsschlag geriet ins Stolpern. „Und natürlich hängt richtiges Benehmen von den jeweiligen Gegebenheiten ab. Angenommen, ich sitze in der Badewanne und mein Haus brennt ab. In diesem Fall würde ich von Ihnen erwarten, dass Sie höflich vor meiner Tür stehen bleiben, bis ich angezogen bin, ehe Sie die Tür aufbrechen und mich aus den Flammen retten.“
    Jack hatte Mühe, ernst zu bleiben. Er biss sich auf die Zunge, um nicht loszulachen. Schließlich begegnete er Evas Blick und beobachtete, wie sie sich die Szene vorstellte. Ihre Mundwinkel begannen zu zucken, die Fältchen um ihre Augen vertieften sich, und plötzlich brach sie in ein Lachen aus. Er hatte es noch nie gehört, hatte nicht einmal vermutet, dass Sie Sinn für Humor besaß. Wenn sie lächelte, war das lediglich ein Ausdruck verbindlicher Höflichkeit. Sie hielt sich die Hand vor den Mund, schaffte es gerade noch, das Jodfläschchen wegzustellen, bevor sie einen krampfartigen Lachanfall bekam und aufs Bett sank.
    „Oh Gott! Genau auf diese Weise würde unser Majordomus reagieren. ‚Ihre Königliche Hoheit, zu meinem Bedauern muss ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass die Burg in Flammen steht. Darf ich Ihnen vorschlagen, Ihre Morgentoilette möglichst rasch zu beenden, da das Feuer bereits an meinen Lackschuhen züngelt, Madame.‘“
    Sie sieht aus wie achtzehn, erfrischend natürlich, entzückend – Jack beobachtete sie fasziniert. Schließlich versiegte ihr Lachanfall, sie richtete sich auf und wischte sich mit dem Hemdärmel über die feuchten Augen.
    „Entschuldigung für meinen Ausbruch, es lag wohl an den vergangenen Stunden und der mit ihnen verbundenen Aufregung.“ Sie lächelte. „Ich weiß gar nicht mehr, wann ich zum letzten Mal so herzhaft gelacht habe.“
    Jack streckte die Hand nach ihr aus, ohne zu wissen, was er wollte. Er hatte nur das Bedürfnis, sie zu berühren. Eva legte ihre Hand in die seine und sah ihn fragend an. Er sagte nichts – es gab auch nichts zu sagen, jedenfalls nichts, was er in Worte hätte fassen können. Einen Moment sah sie ihn unverwandt an, dann entsann sie sich offenbar, wer sie war und wo sie sich befanden, denn sie drehte ihr Gesicht zur Seite. Jack gab ihre Hand frei und stand auf.
    „Höchste Zeit, wieder ins Bett zu gehen. In ein paar Stunden müssen wir wieder aus den Federn, und Sie brauchen Ihren Schlaf.“
    Sie nickte hoheitsvoll, jetzt erneut auf ihre Würde bedacht, und schlüpfte unter die Decke. „Gute Nacht.“
    „Gute Nacht.“ Er verkorkte das Fläschchen, froh darum, dass der stechende Geruch der Jodtinktur ihren weiblichen Duft übertönte. Danach zog er sich die Decke bis zu den Ohren hoch.
    Er hatte nicht damit gerechnet, dass er für die Reize dieser Großherzogin anfällig sein könnte. Er musste keineswegs auf weibliche Zuwendungen verzichten, um seine körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Aber er hatte längst eingesehen, dass der von ihm gewählte Lebensweg von, einer Ehefrau kaum geduldet wurde.
    Die Beispiele seiner Freunde und Bekannten, die sich für ein achtbares Dasein als Familienväter entschieden hatten, trugen nicht dazu bei, ihm eine solche Beziehung schmackhaft zu machen. Seine kürzlich verwitwete Schwester Bel hatte ihm einmal gestanden, dass ihr Gemahl sie so sehr langweilte, dass sie es kaum geschafft hätte, in seiner Gegenwart wach zu bleiben. Sein Vater war ein notorischer Frauenheld und Ehebrecher gewesen, und Jacks Freunde hatten sich in ihr Schicksal gefügt, weil sie gleich nach dem ersten Ball bei Almack’s zimperliche, kichernde und geistlose Debütantinnen geheiratet hatten.
    Mit jungen Damen aus gutem Haus zu flirten, weckte lediglich falsche Hoffnungen und barg die Gefahren gebrochener Herzen. Und leichtfertige junge Witwen forderten von ihm gefühlsbetonte Aufmerksamkeiten ein, und zwar mehr, als er zu geben bereit war. Blieben also nur professionelle Liebesdienerinnen, bei denen er zumindest die Gewissheit hatte, nicht heucheln zu müssen, um von theatralischen Szenen verschont zu bleiben.
    Aber wieso weckte diese Frau sein Verlangen? Wieso verspürte er den Wunsch, sie zu beschützen, wobei dieser über seinen Auftrag, sie

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