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HISTORICAL Band 0272

HISTORICAL Band 0272

Titel: HISTORICAL Band 0272 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LYN STONE LOUISE ALLEN
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Bitte setzen Sie sich zu uns, Henry. Eine Tasse Kaffee?“
    Henry nickte, Eva goss Kaffee ein und nahm sich, da nun der erste Appetit gestillt war, eine winzige Portion Schinken mit Ei, plauderte mit beiden Männern über belangloses Zeug und verhinderte damit erfolgreich, dass irgendein persönliches Thema angeschnitten wurde. Schließlich erhob sie sich in der Genugtuung, dass es ihr gelungen war, den Umgangston für den Rest der Unternehmung bestimmt zu haben. „Wohin führt uns die Reise heute?“, fragte sie, während Jack ihren Stuhl nach hinten schob. Dabei schüttelte er beinahe unmerklich den Kopf, und Eva erschrak.
    Sie hatte ihre Vorsicht vergessen, da sich keine anderen Gäste im Frühstücksraum aufhielten. Aber auch Wände hatten Ohren, wie sie wusste. Und ein Fremder hätte keine Schwierigkeiten, den Hausdienern mit ein paar Münzen Auskünfte über die drei Reisenden zu entlocken. Ein kalter Knoten schnürte ihr den Magen zu, und Jacks Griff an ihrem Ellbogen verstärkte ihr Unbehagen, als er sie aus dem Zimmer führte. Sie war nicht daran gewöhnt, angefasst zu werden. Seine Berührung war gewiss unverfänglich und geschah in der Absicht, sie zu beruhigen. Allerdings machte ihr das bewusst, wie sehr sie auf diesen Mann angewiesen war.
    Erst als sie in der Kutsche saßen und die Landstraße nach Westen erreicht hatten, ergriff Jack das Wort, um ihre zuvor gestellte Frage zu beantworten. „Grenoble, Lyon, Dijon, dann nach Norden zur Grenze des Königsreichs Belgien, und zwar auf möglichst ungefährlichen Straßen“, erklärte er, während sie ihren Umhang neben sich legte.
    „Durch all diese großen Städte? Ist das denn klug?“ Seine wachsamen grauen Augen wurden schmal. Es gefällt ihm nicht, wenn ich seine Pläne infrage stelle, dachte sie, wie bedauerlich. Aber ich will wissen, was mit mir geschieht; ich muss es wissen.
    „Meiner Ansicht nach ist das die richtige Entscheidung“, erwiderte Jack nahezu unbeteiligt. „Auf guten Straßen kommen wir schneller voran, und in größeren Städten fallen Reisende nicht auf. Sollten wir jedoch in Schwierigkeiten geraten, habe ich einen zweiten Plan.“ Sie nickte, weil sie seine Absicht verstand – und billigte. „Ich freue mich über Ihre Zustimmung.“
    „Darum geht es doch gar nicht“, entgegnete Eva aufbrausend, zügelte aber rasch ihren Unmut. Höfliches und besonnenes Verhalten auch in schwierigen Situationen, das war stets die Devise ihres Gemahls gewesen, ein Wesenszug, der einen weisen Herrscher auszeichnete. „Mir liegt nur daran, die Zusammenhänge zu verstehen“, fügte sie gelassener hinzu. „Schließlich bin ich kein Paket, das Sie im Auftrag der britischen Regierung abzuliefern haben. Im Übrigen macht meine privilegierte Stellung mich nicht zu einer geistlosen Person, wie Sie anzunehmen scheinen. Wenn ich verstehe, was wir tun, warum wir wohin reisen, besteht weniger Gefahr, dass ich mich falsch verhalte und Ihren Ärger erwecke.“
    „Es steht mir keineswegs zu, mein Missfallen an Ihrer Person zum Ausdruck zu bringen, was immer Sie auch machen.“ Jacks Erwiderung entfachte ihren Verdruss von Neuem. Er wollte sie bei Laune halten, darum ging es ihm. Er erdreistete sich, sie beim Vornamen zu nennen und nach außen hin den Anschein zu erwecken, mit ihr verheiratet zu sein und ein Zimmer mit ihr zu teilen. Wenn sie aber den Wunsch äußerte, in die Fluchtpläne eingeweiht zu werden, flüchtete er sich schleunigst in die Rolle des unterwürfigen Höflings.
    „Richtig, das steht Ihnen gewiss nicht zu, Mr. Ryder. Allerdings war ich der Meinung, wir wären übereingekommen, dass ich für die Dauer dieses Abenteuers keine Großherzogin bin und Sie mich bei meinem Vornamen nennen dürfen. Ich ging weiterhin davon aus, dass Sie aufhören, mich so zu behandeln, als sei ich keine real existierende Person. Ich verabscheue es, wenn ich in ein Dorf komme und sehe, dass die Bewohner für meinen Besuch ihre Häuser frisch getüncht haben. Woher soll ich wissen, wie es ihnen wirklich geht? Sind sie wohlhabend oder arm? Haben die Leute ihre letzten Ersparnisse für die neue Farbe geopfert? Ich will die Wahrheit hören, keine Plattitüden, keine Phrasen, die frisch getünchten Häusern gleichen.“
    Evas zornige Worte hingen zwischen ihnen. Sie bemerkte seine angespannte Haltung, er sah aus, als wolle er jeden Moment aufspringen. Und sie war darauf gefasst, dass er die Kutsche anhalten, sich zu Henry auf den Kutschbock setzen und sie in ihrem

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