Historical Band 298
Bandage besaß sie schon lange nicht mehr. Also warf sie sich einen Tappert über und hoffte, dass er ihre Brüste weitgehend verbarg.
Justin wartete im Gemeinschaftsraum. Er trommelte nicht nervös mit den Fingern oder schritt auf und ab, wie Duncan es getan hätte, sondern saß still da. Die heftigen Diskussionen, mit denen die Studenten das Disputieren übten, waren verstummt. Jetzt saßen sie da, starrten in ihre offenen Bücher und gaben vor zu lesen.
Justin stand auf, noch bevor sie den Fuß der Treppe erreichte. Erleichterung lag in seinem Blick. „John, nicht wahr?“, fragte er mit gepresster Stimme.
„So nennt man mich, ja.“
„Wo können wir miteinander sprechen?“
Sie deutete die Treppe hinauf zu der Kammer, die sie gerade verlassen hatte. Er folgte ihr, schloss die Tür hinter sich und setzte sich neben sie auf die dünne Strohmatratze.
Es war ihr gelungen, Solay zu überzeugen, aber Justin würde weit weniger verständnisvoll sein. „Lass mich dir alles erklären“, begann sie.
„Ich bitte darum.“
Die Worte, die ihr bei Solay so leichtgefallen waren, wollten ihr jetzt nicht über die Lippen kommen. Wie sprach man mit einem Mann, wenn nicht von „Mann zu Mann“? Nun ja, sie hatte genug virile animo dafür.
Also wich sie seinem Blick nicht aus. „Solay hat dir sicher alles erzählt. Viel mehr kann ich dir auch nicht sagen.“
„Ich hätte dich nie zu einer Heirat gezwungen.“ Ein Ausdruck des Bedauerns huschte über sein Gesicht, und sie spürte eine Wahrheit, die er ihr vielleicht nie gestanden hätte. „Niemals.“
Sie nahm es als Entschuldigung. Eine, die sie nicht verdiente. „Ich weiß. Wegen dem, was ich getan habe, werde ich keine akzeptable Braut mehr sein. Daran habe ich nicht gedacht, als ich weglief.“
Ich habe überhaupt nicht nachgedacht.
Wie jung und selbstsüchtig sie auch gewesen sein mag, als sie in Männerkleidern am Wegesrand lief, sie hatte sich nie vorgestellt, dass ihr Abenteuer so enden würde. Dass sie für den Rest ihrer Tage eine Bürde für Justin wäre. Eine Frau, die man nicht mehr verheiraten konnte. „Es tut mir leid.“
„Bist du … hat er …?“ Er rang um Worte.
Wie schwer es Männern doch fiel, über Kinder zu sprechen. „Nein.“ Irgendwann in den vielen Tagen in der Krankenkammer hatte sie sich auch mit ihrem Blut beschäftigen müssen, nicht nur mit seinem.
„Was ist mit dem Mann?“
Er musste Duncan beim Ratstreffen gesehen haben. Sie fragte sich, was Justin wohl von ihm hielt. „Die Dinge haben sich geändert.“ Wie sollte sie erklären, was sie selbst nicht ganz verstand?
Justin bedachte sie mit einem zynischen Blick. „Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Komm einfach nach Hause.“
Nach Hause. Allein beim Klang des Wortes war sie versucht, wieder zu dem sorglosen Mädchen zu werden, das spielte, es wäre ein Junge. Welche Wahl hatte sie? Hier konnte sie jedenfalls nicht bleiben.
Und Duncan hatte sie ausgesperrt.
Justin bemerkte ihr Zögern. „Komm, pack deine Sachen. Ich bringe dich nach Hause, da kannst du leben, wie du willst.“
Die Vorstellung war verlockend. Umsorgt werden. Sicher sein. Aber letztendlich würde sie dort immer auf andere angewiesen sein, und ihr Glück wäre nur geborgt, nicht ihr eigenes.
Jane wusste, was sie wollte. Wusste es im tiefsten Herzen, ohne es erklären zu können. Ihr Leben gehörte Duncan, ob ihm das nun klar war oder nicht. Egal, wie schwer der Weg war oder wohin er führte.
„Ich bleibe bei ihm. Er ist jetzt mein Zuhause.“ Sie hielt inne, wusste nicht, was sie noch sagen sollte.
„Hat er um deine Hand angehalten?“
Sie sah zum Fenster hin, suchte nach einer Spur Tageslicht. „Er hat mich hinausgeworfen.“
Justin stand auf. „Wenn du ihn immer noch willst, werde ich mit ihm sprechen. Denn nach dem, was er dir angetan hat, steht er dir gegenüber in der Pflicht …“
Sie lächelte, weil jetzt ein anderer Mann bereit war, sich für sie zu schlagen. Aber es war ihr Kampf. Sie legte ihm die Hand auf den Arm. „So einfach ist das nicht. Er kann seine rechte Hand nicht mehr gebrauchen.“
Justins Gesicht zeigte, dass er verstand. „Wenn er nicht für dich sorgen kann, hast du keinerlei Verpflichtung …“
„Das spielt keine Rolle. Ich möchte bei ihm sein.“
„Kind, du kannst keinen Mann zwingen, dich zu heiraten, ganz gleich, wie närrisch in deinen Augen seine Gründe dagegen sein mögen. Das weiß ich besser als die meisten Männer.“
„Ich bin kein Kind
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